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    Fesseln der Macht
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Fesseln der Macht
    Von Gregor Torinus

    Der 1981 von Ulu Grosbard gedrehte Neo-Noir „Fesseln der Macht" ist nur vordergründig ein Thriller. Im Herzen ist der Film vielmehr ein Drama und eine Charakterstudie. Im Zentrum der im Los Angeles der 40er angesiedelten Handlung stehen zwei scheinbar ungleiche Brüder, der eine ist Priester (Robert De Niro), der andere Polizist (Robert Duvall). Auf der Basis dieser Figurenkonstellation entwirft Grosbard in „Fesseln der Macht" ein komplexes Netz krimineller Verstrickungen. Allerdings steht nicht die Lösung eines konkreten Verbrechens im Vordergrund der Erzählung, sondern die Frage danach, inwiefern man sich in einer durch und durch verdorbenen Welt die eigene Integrität bewahren kann. Das sehr sehenswerte Kriminaldrama besticht durch seine superbe Charakterzeichnung und durch das gelungen eingefangene Zeitkolorit. Darüber hinaus bietet der Film neben feinsinnigen Dialogen auch eine gute Portion an äußerst derbem und gallig schwarzem Humor.

    Eine junge Frau wird ermordet, in zwei Hälften zerstückelt und ausgeblutet auf einem leeren Grundstück aufgefunden. Die Ermittlungen in diesem Mordfall leitet Thomas Spellacy (Robert Duvall). Der Unternehmer Jack Amsterdam (Charles Durning) gerät in Verdacht. Dieser ist der Hauptauftragsnehmer für den Bau von neuen Schulen und Krankenhäusern durch die katholische Kirche in der Stadt. Zuständig für alle Immobiliengeschäfte des Bistums ist der Priester Des Spellacy (Robert De Niro), der Bruder von Thomas. Thomas wiederum nahm in der Vergangenheit Schmiergelder von Jack entgegen. Je weiter die Ermittlungen voranschreiten, desto mehr geraten beide Brüder in Gewissensnöte...

    Die zerstückelt und ausgeblutet aufgefundene junge Frau ist offensichtlich an den realen und bis heute ungelösten Fall der „Schwarzen Dahlie" angelehnt. Diese Geschichte hatte James Ellroy in seinem grandiosen Hard-Boiled-Bestseller „The Black Dahlia" von 1987 verarbeitet, der 2006 von Brian De Palma unter dem gleichen Titel verfilmt wurde. Doch im Gegensatz zum Roman und zu De Palmas Film „The Black Dahlia" dient dieser Mordfall in „Fesseln der Macht" nur als ein Aufhänger, um das marode Machtgefüge von Los Angeles mit seinen Verstrickungen von Polizei, Unterwelt und Kirche aufzuzeigen. Anders als De Palma konzentriert sich die Regiearbeit des gebürtigen Belgiers Ulu Grosbard auch mehr auf die Darstellung der verschiedenen Charaktere als auf eine Inszenierung visuell spektakulärer Szenen.

    So wird beim Auffinden des Mordopfers die Leiche nur aus der Entfernung gezeigt. Wichtiger sind Grosbard die Reaktionen der mit der Bearbeitung des Falls betrauten Personen. Der pechschwarze Humor des Films zeigt sich hier exemplarisch an einem Streit zwischen einem Polizisten und einem Sanitäter, die darüber diskutieren, ob die Leiche auf einer oder auf zwei separaten Bahren davongetragen werden soll. Auch ansonsten gefällt „Fesseln der Macht" durch einen oftmals sehr derben Humor, der in einem heutigen Hollywoodfilm so nicht mehr denkbar ist, der jedoch perfekt zur hier gezeigten perversen Welt passt. Diese Sphäre des Verruchten scheint zu Beginn der Mentalität des Priesters Des Spellacy diametral entgegengesetzt.

    Doch je weiter die Handlung voranschreitet, desto mehr wird deutlich, dass die wahren Übeltäter, an die jedoch so leicht niemand herankommt, die scheinbaren großen Saubermänner sind. So erweist sich der scheinbar so einflussreiche Monsignore Des Spellacy letzten Endes auch nur als Handlanger des Kardinals Danaher (Cyril Cusack), für den er die Drecksarbeit erledigen muss. Zugleich weiß Des auch, dass seine wahren Talente nicht darin liegen „anderer Leute Seelen zu retten", was seine Abhängigkeit noch verstärkt. Doch mit der Zeit wird ihm der Preis, den er für seine Macht zahlen muss, einfach zu hoch und er sinnt darüber nach, wie er seinem Leben eine neue Richtung geben kann. Somit entwickelt sich der Film im Handlungsverlauf immer mehr von einem Kriminalfilm in ein Drama über Schuld und Sühne, wobei die oft mit einem solchen Thema einhergehenden Klischees zumeist recht elegant umschifft werden.

    Fazit: „Fesseln der Macht" ist ein zu Unrecht vergessenes Genre-Kleinod – der Film zeigt eine sehr gelungene Verknüpfung aus einer Kriminalgeschichte und einem Charakterdrama, die auch noch heute äußerst sehenswert ist.

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