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    Bodyguard
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Bodyguard
    Von Lars-Christian Daniels

    Als Whitney Houston am 11. Februar 2012 wenige Stunden vor der Verleihung der 54. Grammy Awards tot in der Badewanne ihres Hotelzimmers im Beverly Hilton in Los Angeles aufgefunden wird, liegt die Blütezeit des Drei-Oktaven-Stimmwunders fast zwei Dekaden zurück. Die 80er- und 90er-Ikone, die weltweit mehr als 170 Millionen Tonträger unters Volk brachte und sechs Grammys gewann, hatte in den letzten 20 Jahren ihres Lebens in erster Linie durch ihre Skandal-Ehe mit „Bad Boy" Bobby Brown, Drogeneskapaden und gescheiterte Entziehungskuren für Schlagzeilen gesorgt. Ihrem zumindest kommerziell passablen Comeback war 2009 ein peinliches Konzert in Berlin gefolgt, bei dem ihre Stimme mehrfach wegbrach – in Scharen verließen enttäuschte Fans die Arena. Im Winter 1992/93 war das noch ganz anders: Das von ihrem Entdecker Clive Davis produzierte Album zum Film „Bodyguard" stürmte in 17 Ländern an die Spitze der Charts und ist bis heute der erfolgreichste Film-Soundtrack aller Zeiten. Houstons Kinodebüt markiert den Karrierezenit der Ausnahmesängerin. Gemeinsam mit ihrem Leinwandpartner Kevin Costner, dessen beste Tage in den gleichen Zeitraum fallen, brachte sie in der von Mick Jackson („Volcano") inszenierten Thriller-Schnulze das Kinopublikum auf der ganzen Welt zum Schluchzen. Angesichts dieses bahnbrechenden Erfolgs verkommen das schwache Drehbuch, Houstons überschaubare Schauspielqualitäten und die klischeebeladenen Figuren fast zur Randnotiz.

    Rachel Morron (Whitney Houston) feiert als stimmgewaltige Pop-Sängerin und beliebte Hollywood-Darstellerin große Erfolge. Während sich die exzentrische Party-Queen über ihre Oscar-Nominierung als beste Schauspielerin freut, treiben fiese Drohbriefe und explodierende Puppen ihrem Manager Devaney (Bill Cobbs) Sorgenfalten auf die Stirn: Offenbar hat es ein gefährlicher Stalker auf das Leben des Superstars abgesehen. Devaney wendet sich an den erfahrenen Bodyguard Frank Farmer (Kevin Costner), der nach anfänglichem Zögern damit beginnt, das Anwesen der Sängerin zur Festung umzubauen und ihren Alltag nach seinen Vorstellungen umzukrempeln. Morron, die sich ungern an Regeln und Sicherheitsmaßnahmen hält, passt das natürlich gar nicht. Doch als ein Auftritt in einem Nachtclub außer Kontrolle gerät und Frank sie vor Hunderten enthusiastischer Fans retten muss, entwickelt die „Queen Of The Night" Gefühle für ihren Leibwächter...

    Der Reiz von „Bodyguard" liegt - abgesehen vom megapopulären Soundtrack, zu dem unter anderem Houstons Chartbreaker „I have nothing" und der Grammy-Gewinner „I will always love you" zählen - hauptsächlich in Costners von Gewissensbissen getriebenem Helden, der sich seine Abwesenheit beim Anschlag auf Ex-Arbeitgeber Ronald Reagan nicht verzeihen kann. Zwei Jahre nach dem bahnbrechenden Erfolg als „Der mit dem Wolf tanzt" kommt der US-Amerikaner, der auf Houstons Beerdigung eine bewegende Trauerrede hielt, als Profi-Leibwächter der Idealbesetzung gleich. Und doch war der „Robin Hood"-Star nicht die erste Wahl: „Bodyguard" war bereits 1976 mit Steve McQueen („Gesprengte Ketten") und Diana Ross („The Wiz - Das zauberhafte Land") in den Hauptrollen geplant, dann aber nicht realisiert worden. Als Ehrenbekundung für den 1980 verstorbenen Schauspielkollegen ließ sich Costner die Haare ähnlich kurz stutzen wie McQueen in „Bullitt" und lehnte sein Porträt des Leibwächters an dessen Film-Auftritte an. Farmer ist die mit Abstand reizvollste Figur des Films: Der Bodyguard erledigt seinen Job mit extremer Gewissenhaftigkeit, duldet keinen Leichtsinn und schon gar keine persönlichen Gefühle, lässt sich durch die quirlige Morron aber freilich dann doch aus seinem bewährten Konzept bringen.

    Damit ist die Ausgangslage für eine klassische Liebesgeschichte nach dem Schema, das Rob Reiner drei Jahre vor „Bodyguard" mit „Harry und Sally" perfektionierte, wie gemalt: Superstar Morron, für deren Besetzung ursprünglich Madonna („Evita") vorgesehen war, verkörpert schließlich das exakte Gegenstück zu Farmer: spontan, exzentrisch und aufbrausend, nie am Morgen, sondern nur am Hier und Jetzt interessiert. Aus zwei kaum miteinander in Einklang zu bringenden Lebensstilen erwächst schließlich doch die große Liebe – so oder so ähnlich ist es im Mainstream-Kino schon unzählige Male zu beobachten gewesen. Es überrascht daher nicht unbedingt, dass das jederzeit vorhersehbare Drehbuch aus der Feder von „Star Wars"-Co-Autor Lawrence Kasdan, der auch als Regisseur („The Outlaws", „Wyatt Earp") mehrere Male mit Costner zusammenarbeitete, mit der Goldenen Himbeere ausgezeichnet wurde. Die anfängliche Abneigung zwischen Morron und Farmer wird wie gewohnt durch ein Schlüsselereignis (hier: die von den „Simpsons" köstlich persiflierte Rettung aus dem Nachtclub) über den Haufen geworden, und plötzlich flammen Gefühle für das vorherige Feindbild auf – da ist die Antwort auf die Frage, wer es auf Rachels Leben abgesehen hat, noch einer der besseren, weniger offensichtlichen Einfälle.

    Angesichts der stimmgewaltigen Gesangseinlagen erscheint die zweistündige Geschichte aber ohnehin fast nebensächlich. Das Publikum muss einfach verschmerzen können, dass Houston von Michele Lamar Richards („Top Dog") an die Wand gespielt wird, obwohl deren Rolle als neidische und zur Sekretärin degradierte Schwester Nicki vor Klischees nur so trieft und die übrigen Nebenfiguren furchtbar langweilig ausfallen. Der alberne Chauffeur und Sidekick Henry (Christopher Birt), Vorzeige-Arschloch und Ex-Kollege Portman (Tomas Arana), der schmierige PR-Berater Sy (Gary Kemp) oder der mürrische Tony (Mike Starr), dessen Argwohn schnell kumpelhafter Freundschaft zu Farmer weicht: Sie alle sind Stereotypen, die hinter den Top-Stars Houston und Costner die zweite Geige spielen. Auch die charakterliche Skizzierung des fanatischen Stalkers (Tony Pierce) beschränkt sich auf bedeutungsschwangere Nahaufnahmen seiner gierigen Hände und einen mit Fotos ausgekleideten Spind; das Verhör des wasserstoffblonden Fetischisten gipfelt gar in unfreiwilliger Komik. Immerhin schlägt die Spannungskurve beim solide inszenierten Terror in der abgelegenen Blockhütte von Franks Vater (Ralph Waite) spürbar nach oben aus, und auch der nächtliche Anruf in Morrons Hotelzimmer sorgt zumindest für einen kurzen Gänsehautmoment.

    Fazit: „Bodyguard" ist wahrlich kein cineastisches Meisterwerk – dazu ist das Drehbuch viel zu einfallsarm, die Figurenkonstellation zu klassisch-konventionell und der Spannungsbogen zu flach. Seinen Platz in der Filmgeschichte hat Mick Jacksons musiklastiges Liebesdrama mit seinem wahrlich historischen Soundtrack und angesichts des monströsen Erfolgs trotzdem sicher.

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