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    Journey to the End of the Night
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Journey to the End of the Night
    Von Martin Soyka

    Wenn man den Namen Brendan Fraser hört, denkt man an Klamotten wie „George, der aus dem Dschungel kam” oder an Abenteuerfilme wie Die Mumie, leichte Unterhaltung also. Dass Fraser auch ganz anders kann, hat er bereits mit Der stille Amerikaner und L.A. Crash bewiesen, jetzt aber zeigt er endgültig, dass er ein ernstzunehmender Mime ist. Das Thriller-Drama „Journey To The End Of The Night“ von Regisseur Eric Eason ist sein Film.

    Sao Paolo bei Nacht. Der alternde Nachtclubbesitzer und Lude Rosso (Scott Glenn) ist durch Zufall an einen Koffer voll Rauschgift gekommen. Jetzt sieht er endlich die Chance gekommen, seiner verpfuschten Existenz zu entkommen und seiner jungen, zweiten Frau Angie (Catalina Sandino Moreno) und seinem jüngsten Sohn ein besseres Leben in der Sonne zu schenken. Also hat einen Deal mit ein paar Nigerianern eingefädelt, die ihm den Stoff abnehmen wollen. Einziges Problem: Sie wollen nur mit Landsmännern Geschäfte machen. Und der nigerianische Kurier, den Rosso und sein ältester Sohn Paul (Brandan Fraser) ausgesucht haben, bekommt beim Stelldichein mit einer Transvestiten-Hure einen tödlichen Herzinfarkt. Doch Ersatz ist schnell gefunden. Der Tellerwäscher Wemba (Mos Def), der in Rossos Puff arbeitet, spricht die Landessprache der Abnehmer und wird als Kurier angeheuert. Weisungsgemäß und gutmütig macht sich Wemba mit dem Koffer auf den Weg. Alles könnte so einfach sein, wenn Paul nicht seine eigenen Pläne hätte. Am Ende der Nacht wird jeder bekommen haben, was er verdient. Und einige sogar noch viel mehr…

    Wer Brendan Fraser bisher nur als Witzbold wahrgenommen hat, wird von diesem Film angenehm überrascht sein. Er zeigt eine fast schon schmerzliche Präsenz, balanciert ständig auf der schmalen Grenze zwischen Ehrgeiz und Rachedurst einerseits und hysterischem Wahnsinn andererseits. Gegen seine massige, vor Kraft strotzende Erscheinung und sein ausdrucksstarkes Spiel hat selbst Charaktermime Scott Glenn, der angenehme Alterscoolness versprüht, keine Chance, was Glenns Leistung allerdings nicht herabwürdigen soll. Weitere Überraschung des Films ist Mos Def. Diesen Mimen und Musiker hat man noch aus 16 Blocks als große Nervensäge in Erinnerung. Jetzt zeigt er sich als Tellerwäscher und Gutmensch von einer ganz anderen Seite und beweist, dass in ihm ein durchaus viel versprechender Schauspieler steckt.

    Trotz seiner vergleichsweise kurzen Laufzeit von gut 80 Minuten wirkt der Film keineswegs kurz oder gar heruntergekurbelt. Schwarz und Rot dominieren die Farbgebung in dieser Nacht, die nicht zu enden scheint. Alles ist auf Realismus ausgelegt, auch wenn sich letztlich nicht so recht erschließen will, warum die Handlung in Sao Paolo spielen muss. Viel zu sehen bekommt man von der Stadt ohnehin nicht, die Handlung spielt sich in den Hinterhöfen ab, schon die Eröffnungskamerafahrt zeigt die Stadt als nicht enden wollenden Moloch. Doch das Ende zeigt: Es gibt immer einen Ausgang.

    „Journey To The End Of The Night“ ist ein schmutziger, kleiner Film Noir mit einem sehr guten, schnörkellosen Drehbuch. Jede Figur hat ihre Berechtigung und ihr eigenes Schicksal, alle dienen auf ihre Weise der Handlung. Zentrum der Geschichte ist ein aufbrechender Vater-Sohn-Konflikt, den Frasers und Glenns Charaktere miteinander austragen. Beide werden von den Fehlern ihrer Vergangenheit in dieser Nacht gnadenlos eingeholt, das Schicksal fordert seinen Tribut. Alles wirkt vorherbestimmt, daran kann auch ein blinder Seher nichts ändern, den beide für ihre Zwecke einspannen wollen. Diese Unausweichlichkeit macht den Film zu etwas Besonderem, auch wenn dieser Blick auf die Schattenseiten der Großstadt alles andere als angenehm ist. Jeder, der sich von seiner Gier übermannen lässt, bekommt seine Quittung, es waltet die poetische Gerechtigkeit, vielleicht sogar am Ende etwas zu viel.

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