Regie führende Schauspieler, die zudem auch noch am Drehbuch mitwirken, sind durchaus nichts Neues. Das kann gut gehen – man denke nur an Klassiker wie Der mit dem Wolf tanzt von Kevin Costner. Oder aber auch in die Hose – siehe Postman vom selben Regisseur. Clint Eastwood ist sogar ein Meister darin, mehrere Jobs gleichzeitig auszufüllen und trotzdem gute bis hervorragende Leistungen abzuliefern. In diese Riege der eierlegenden Wollmilchsäue verschlug es im Jahr 2007 auch die Oscar-Preisträgerin Helen Hunt. Nach langer Vorbereitungszeit adaptierte sie Elinor Lipmans Roman „Then She Found Me“ als Regisseurin, Co-Drehbuchautorin und Hauptdarstellerin… doch sie verhob sich damit: Das Produkt wird zwar als Komödie beworben, ist aber leider weder Fisch noch Fleisch.
April Epner (Helen Hunt) hat es nicht leicht. Die 39-jährige New Yorker Lehrerin, Adoptivkind eines jüdischen Ehepaares, hat ihren langjährigen Freund Ben (Matthew Broderick) geheiratet und versucht nun schon seit längerem vergeblich, ein Kind zu bekommen. Eine Adoption kommt für sie nicht in Frage, denn sie selbst hat sich in ihrer Familie immer als zweitklassig gefühlt. Da kommt es plötzlich faustdick: Ben verlässt sie, weil er nicht mehr mit ihr verheiratet sein, sondern seine beste Freundin zurückhaben will, die sie einmal war. Auch ein hektischer und unerotischer Annäherungsbesuch stimmt ihn nicht um. In dieser emotional schwierigen Situation treten zwei Menschen in Aprils Leben: Frank (Colin Firth) ist der Vater zweier ihrer Schülerinnen und ebenfalls verlassen worden. Ohne schuldhaftes Zögern beginnen die beiden eine Affäre. Außerdem sucht Aprils bis dahin unbekannte Mutter (Bette Middler), ihres Zeichens Gastgeberin einer werktäglichen Talkshow, plötzlich Kontakt zu ihrer Tochter. Und als ob das nicht schon genug wäre, stellt sich auch noch heraus, dass April (endlich) von ihrem entschwundenen Ehemann schwanger ist…
Das alles klingt als Ausgangsposition für eine schwungvolle Komödie eigentlich gar nicht schlecht. Eine moderne, bodenständige Frau muss auf einmal an allen Ecken ihres Lebens Baustellen aufreißen. Das birgt Potential. Leider vermag es der Film aber nicht, sein Publikum für das Schicksal seiner Protagonistin einzunehmen. Die Probleme beginnen schon mit der Hauptdarstellerin. Sagen wir es ganz frei heraus: Helen Hunt sieht für ihre Rolle viel zu alt aus - und das, obwohl sie zum Zeitpunkt der Dreharbeiten selbst nur fünf Jahre älter als die von ihr dargestellte April war. Sie wirkt daher als Frau, die ihre biologische Uhr ticken hört, nicht wirklich plausibel. Das korrespondiert auch mit ihrem Erfolgsfilm Besser geht´s nicht, in dem sie als eine deutlich ältere Frau besetzt wurde, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt erst Anfang dreißig war. Ihrem eigenen Bekunden nach hatte sie sich schon lange Jahre bemüht, den zugrunde liegenden Roman zu adaptieren. Nun ja, den richtigen Moment hat sie verpasst.
Eine Komödie, in der es nichts zu lachen gibt, kann nicht wirklich befriedigen. Und so liegt es hier. Angeblich musste Hunt ihre Co-Stars immer daran erinnern, dass sie hier eine Komödie drehen. Das ist leicht nachzuvollziehen, denn Schwung und Tempo – für eine Komödie eigentlich unverzichtbar – sucht man hier vergebens. Vielmehr wird sich an einem Sammelsurium altbackener Probleme abgearbeitet, so dass die ganze Geschichte arg zusammengestoppelt wirkt:
Eine Frau, die zum ersten Mal ihrer unbekannten Mutter begegnet, ist von deren lockeren ungezwungenen Art schockiert.
Eine Frau, die von ihrem Mann verlassen wird, muss feststellen, dass sie zwar mittlerweile in einen anderen verschossen, aber von ihrem Verflossenen schwanger ist.
Ein Mann, der eine neue Beziehung eingeht, obwohl er mit der alten noch nicht durch ist.
Ein Mann, der seine Frau verlässt, weil er sie als seine beste Freundin lieber mochte.
Eine Mutter, die ihr verloren geglaubtes Kind durch wilde Geschichten über ihren angeblichen Vater an sich binden will.
Alles in allem ist der Film ziemlich überfrachtet. Jedes Thema für sich bietet eigentlich bereits genügend Potential für ein Drama oder eine Komödie – je nachdem, was man nun daraus machen will. Auch eine Kombination zweier Themen wäre wohl noch durchgegangen, aber die Vermengung all dieser Dingen führt schnurstracks ins Chaos und erschwert dem Zuschauer jeglichen emotionalen Zugang zum Geschehen. Die Schuld liegt bei der Regisseurin/Autorin Helen Hunt, die die männlichen Figuren Ben und Frank, die im Roman nicht vorkommen, selbst ins Drehbuch schrieb. Diese zusätzlichen Verwicklungen hätten wahrlich nicht sein müssen.
Aus der namhaften Besetzung weiß die Regisseurin Hunt nicht viel herauszuholen. Sie selbst soll das emotionale Zentrum sein, wirkt aber die ganze Zeit dermaßen verbissen, dass man mit ihrer Figur nicht mitfiebern oder –leiden möchte. Colin Firth kann mit seiner steifen, ungelenken Art ungeheuer lustig sein (siehe: Tatsächlich Liebe oder Bridget Jones), bleibt hier als Figur aber schablonenhaft. Matthew Broderick dagegen hatte seinen Zenit schon in den Achtzigern mit Ferris macht blau und „Wargames“ erreicht und seitdem keine bemerkenswerten Rollen mehr gespielt. Dieses Mal verkörpert er einen echten Waschlappen, den man einfach nicht mögen kann. Über ihn zu lachen, klappt leider genauso wenig. Einzig die „Divine Miss M“ Bette Middler rettet den Film vor dem Totalabsturz. Middler spielt gegen die Eindimensionalität und fehlende Plausibilität ihres Charakters mit Witz und Verve an, so dass man sich wünscht, der Film hätte sich ganz auf den Zusammenprall von Mutter und Tochter konzentriert. Mehr davon und weniger Betroffenheitsgehabe wären eindeutig die bessere Alternative gewesen. Zu einer vernünftigen Auflösung der aufgebauten Konflikte kommt es auch nie, der Film endet einfach irgendwann. Wie haben sich die Figuren nun eigentlich verändert? Wo ist der Höhepunkt? Der Zuschauer ist geradezu verdutzt, wenn der Abspann rollt. Das soll’s gewesen sein?
Zu den positiven Dingen zählt, dass dem Film sein überschaubares Budget nicht anzusehen ist. Tatsächlich war der Film so billig, dass anzunehmen ist, dass die Stars praktisch umsonst mitgespielt haben. Die Locations sind hübsch fotografiert und auch ansonsten wurde handwerklich sauber gearbeitet. Dass der Film einige Preise eingeheimst hat, ist dennoch kaum verständlich und nährt eine Erwartungshaltung, die die seichte Produktion niemals befriedigen kann.