Wir hatten schon The Ring, The Ring 2, Dark Water und Der Fluch, wir bekommen wohl noch "Der Fluch 2", „Into The Mirror“ und „The Ring 3“ – die Liste der amerikanischen Remakes asiatischer Filme, die schon seit längerer Zeit den internationalen Kinomarkt überfluten, wird so stetig länger und länger. Dabei fällt natürlich auf, dass es fast ausschließlich Mysterythriller und Schauermärchen sind, die hier einen westlichen Anstrich verpasst bekommen. Mit Alejandro Agrestis „Das Haus am See“ kommt nun aber tatsächlich ein Film, dessen Wurzeln zwar in dem südkoreanischen „Siworae“ von Hyun-seung Lee zu finden sind, der aber ohne Blut und Gekreische auskommt, sondern als ein schlichtes romantisches Drama zu überzeugen versteht. Auf übersinnliche Elemente muss der Zuschauer aber dennoch nicht gänzlich verzichten, immerhin handelt die starbesetzte Romanze von einem magischen Briefkasten.
Als der Architekt Alex Wyler (Keanu Reeves, Matrix, Thumbsucker, Sweet November) in sein neues Haus, ein gläsernes, kunstvoll gestaltetes Refugium direkt am See, einzieht, tritt er wegen ein paar (nicht vorhandenen) Pfotenspuren in regen Briefkontakt mit seiner Vormieterin Kate Forster (Sandra Bullock, Miss Undercover, 28 Tage, Mord nach Plan). Schnell stellt sich heraus, dass – je nach Perspektive – Alex zwei Jahre in der Vergangenheit, bzw. Kate zwei Jahre in der Zukunft lebt. Natürlich glauben beide zunächst, sie hätten es mit einem Spinner zu tun, aber als sie herausfinden, dass sie mit Hilfe ihres Briefkastens direkt und in sekundenschnelle Sachen in die Zukunft/Vergangenheit versenden können, müssen sie das geheimnisvolle Zeitloch wohl oder übel doch akzeptieren. Mit der Zeit kommen sich die beiden ungewöhnlichen Brieffreunde immer näher, verlieben sich sogar ineinander. Aber als sie ein Treffen zu einem romantischen Abendessen vereinbaren, kommt es zu unerwartet schwerwiegenden Problemen…
Kinobesucher, die bei jedem Film krampfhaft darauf bedacht sind, jeden noch so winzigen Logikfehler zu entdecken, sind in „Das Haus am See“ schlecht aufgehoben. Und dass nicht nur, weil man ihn - wie übrigens jeden Zeitreisefilm - auch wenn er seiner inneren Logik stets treu bleibt, genüsslich auseinanderpflücken kann. Sondern auch, weil die Romantik hier eher eine Sache der leisen Töne ist, die nur funktionieren kann, wenn man sich ohne störende Ablenkung voll auf die Figuren und ihre Geschichte einlässt. Und wo der Film schon auf die lauten Paukenschläge verzichtet, sind auch die Protagonisten konsequenterweise keine typischen Rom-Com-Kandidaten, sondern wirken trotz Weichzeichner und märchenhafter Geschichte ein Stück härter, bodenständiger, vielleicht sogar echter als die herkömmlichen Helden, die man aus Hollywoods beschränktem Romantik-Arsenal sonst so gewöhnt ist.
Auch der feine Humor ist angenehm subtil verpackt. Selbst wenn Kate aus lauter Einsamkeit mit ihrem Hund Schach spielt, geschieht das fast wie nebenbei – der Zuschauer lacht zwar darüber, wird vom Film aber nicht penetrant dazu gedrängt. Hier beweist Regisseur Agresti einfach ein gutes Timing und lässt Szenen lieber ein Tick zu früh enden, als das sie über den richtigen Zeitpunkt hinauslaufen, wie es in letzter Zeit bei Komödien immer häufiger der Fall ist. Auch in den romantischen Sequenzen zeigt Agresti viel Verständnis für seine Arbeit und seine Figuren – nahezu unerträglich unspektakulär spielt er die wenigen Szene aus, in denen sich Alex und Kate direkt gegenüberstehen, was aber die wunderbar leise Atmosphäre nur noch weiter unterstreicht. Und indem er sich zwei traurige, gescheiterte Charaktere als Protagonisten wählt, weicht er geschickt jedem Anflug von Kitsch aus – selbst wenn sich das Liebespaar am Schluss endlich findet, hat der Zuschauer das Gefühl, die beiden würden von nun an gemeinsam traurig sein.
Ganze zwölf Jahre hat es gedauert, bis das Traumpaar Bullock/Reeves nun wieder gemeinsam vor die Kamera getreten ist. Und dass sich beide seit ihrem actionreichen Liebesabenteuer in Speed weiterentwickelt haben, sieht man schon daran, dass sie in „Das Haus am See“ die gleiche überzeugende Chemie zueinander entwickeln, obwohl sie damals auf dem engen Raum eines voll besetzten Linienbusses zusammengepfercht waren und nun nicht einmal mehr in der selben Zeit leben. Auch die zwei größeren Nebenrollen sind überzeugend besetzt. Dylan Walsh (Blood Work) kopiert hier als unsensibler Chirurg haargenau seine Rolle des Sean McNamara in Nip/Tuck, aber die hat er ja nun in mittlerweile drei Staffeln der Erfolgsserie auch lang genug geübt. Und auch Christopher Plummer (Insider, Alexander, Inside Man, Syriana) erfindet hier als egozentrischer, egoistischer Vater sein eigenes Image keinesfalls neu, liefert aber gewohnt solide Arbeit ab.
Inszenatorisch bewegt sich Agresti auf sicherem Boden. Nur wenn er die beiden Zeitebenen in gewissen Szenen zusammenbringt, überlappt oder nebeneinander herlaufen lässt, kann er durchaus mit dem einen oder anderen unerwarteten Kniff positiv herausstechende Akzente setzen. So ist das „Haus am See“ eine sehr klassische Romanze, die aber auf eine so ruhige, konzentrierte Weise erzählt wird, dass sich mit Sicherheit einige Zuschauer tierisch langweilen, sich auf der anderen Seite aber auch sehr viele komplett in diesem zurückhaltenden Märchen verlieren werden.