Schenkt der geneigte DVD-Käufer oder Zuschauer den selbstbeweihräuchernden Angaben des Verleihs und Begeisterungsstürmen beim Fantasy Filmfest 2004 ausgehend Glauben, so kann im Falle von „Arahan“ mit nichts geringerem als einer neuen Sensation, besser als die Matrix und Spider-Man gerechnet werden. Tatsächlich hat der Fantasy-Actioner von beiden etwas. Wer aber mit dieser hohen Erwartungshaltung an den Film herangeht, wird nach Genuss desselbigen bittere Tränen weinen.
Vor langer Zeit beschützten sieben Meister einen Schlüssel zum Chi, den Weg zur absoluten Macht und Erleuchtung. Doch einer von ihnen wandte seine Kräfte an, um in den Lauf der Geschichte einzugreifen. Die sechs anderen Meister sperrten ihn weg, doch im Jahre 2004 schafft er es, nach Seoul zurückzukehren. Nur einer kann ihn wirklich aufhalten, der Hilfspolizist Sang-hwan (Seung-beom Ryu). In ihm schlummern unglaubliche Chi-Energien, die nur ein so genannter Maruchi haben kann. Die sechs wollen Sang-hwan ausbilden, doch er möchte lediglich Energiebälle schießen können, um nicht mehr von Gangstern vermöbelt zu werden. An seiner Ausbildung beteiligt ist die hübsche Eui-jin (So-yi Yoon), eine zum Arachi Auserwählte, der weibliche Gegenpart zum mächtigen Maruchi. Es dauert lange, bis Sang-hwan seine Energien bündeln kann, doch das Böse wartet nicht. Er muss sich beeilen, wollen sie den bösen Meister aufhalten.
Chi, Maruchi und Arachi. Was ist das? Erleuchtung, Macht und Energien. Was ist damit? Solche Fragen sind unwichtig. Im Laufe des Films werden dem Betrachter viele philosophische Plattitüden und fernöstliche Binsenweisheiten für Anfänger an den Kopf geschleudert. Die Helden schweben, manchmal im Schneidersitz, manchmal wie Chow Yun Fat in Tiger und Dragon durch die Gegend. Eine dünne, im Grundsatz sehr bekannte Story kommt mit viel esoterischem Schnickschnack und Unsinn daher. Darauf muss nicht weiter geachtet werden, denn bei „Arahan“ handelt es sich um eine Actionkomödie. Eine asiatische Variante von Spider-Man. Der junge, tollpatschige Außenseiter wird nicht von einer Spinne gebissen, sondern von Mächten er- und gefüllt. Sein Love Interest kreischt nicht so viel, teilt dafür aber kräftig aus. „Arahan“ hätte ein großer Spaß sein können, wäre er zwischendurch nicht immer wieder so gähnend langweilig.
Es ist ja schön, dass unser Held wie Spider-Man oder neuerdings Batmanviel Zeit braucht, um zur vollen Stärke zu gelangen. Aber muss das so dialoglastig an den Zuschauer gebracht werden? Dialoglastigkeit allein ist keineswegs ein Vergehen, problematisch wird es aber, wenn die Unterhaltungen soviel auszusagen haben, wie Arnold Schwarzenegger als Terminator mit defekter Sprechfunktion. Die Inhaltslosigkeit der Dialoge kann auch an der mäßigen deutschen Synchronisation liegen, die aber im Vergleich mit anderen missratenen Asiafilm-Vertonungen gar noch relativ gelungen daherkommt.
Die 114 Minuten „Arahan“ sind zu lang, viel zu lang. Die Actionkomödie nimmt sich zu viel Zeit für eine Einleitung, die den Zuschauer am Ende nicht viel schlauer macht. Der Mittelteil wird zu sehr durch unwesentliches Geplänkel breitgetreten und der Schluss lässt den Betrachter mehr als einmal auf die Uhr schauen. Der Endkampf zieht sich in die Länge, der Endgegner ist zu stark und trotzdem steht außer Frage, wer gewinnen wird. Es ist wie ein fieses Konsolen-Prügelspiel, wo selbst mit Cheats noch lange und sinnlos geprügelt werden muss. Der Held darf sich zwar über Unverwundbarkeit oder sich selbst auffüllende Energiebalken freuen, aber es dauert ewig, bis eben der Energiebalken des Bad Guys aufgebraucht ist.
„Arahan“, eine Mangaverfilmung, wirkt wie ein Computerspiel, auch musikalisch. Der Soundtrack klingt zwar ziemlich viel besser als der von Shiri (bei dem die Musik dem Film bei weitem nicht gerecht wurde), wirkt in Anbetracht einiger Szenen aber ein wenig belustigend. Dem kann Absicht unterstellt werden, denn „Arahan“ gehört tatsächlich zu den für ein westliches Publikum witzigsten Filmen aus Fernost. Die Selbstironie und der erstaunlich trockene Humor retten „Arahan“ in die Durchschnittlichkeit. Der Held Sang-hwan, dargestellt von Seung-beom Ryu (Bruder des Regisseurs Seung-wan Ryoo) macht einen ganz netten Eindruck und besitzt humoristisches Talent. Wenn er Grimassen zieht, wirkt dies nicht so befremdlich und bemüht wie es in anderen Comedyvertretern aus der Region oft der Fall ist. Die Heiterkeit wechselt zwischen teils wirklich gutem Wortwitz und Slapstick. Mal darf der Zuschauer schmunzeln, mal kann er sogar laut auflachen.
Ein weiterer Pluspunkt ist die gute Inszenierung. Da werden alle Register gezogen, die das Publikum am asiatischen Kino so schätzt und auch „Arahan“ liefert gelungene optische Mätzchen mitsamt dem inflationären und doch passend eingesetzten Gebrauch von Zeitlupen. Die Spezialeffekte erweisen sich dagegen als zweischneidiges Schwert. Mal schauen sie ziemlich gut aus, dann wiederum aber schlecht bis trashig. Trashig, ein Schlagwort, das im Zusammenhang mit der Fantasy-Komödie leider bemüht werden kann. Die Geschichte macht, auch dank manchmal sehr ernst verkündeten Erleuchtungstheorien zuweilen einen trashigen Eindruck. Die Selbstironie und der Humor übertünchen nicht jede Schwäche und manchmal kommt der Witz auch einfach nicht beim Publikum an. Sie verpufft auf halber Strecke und erreicht den Betrachter schlimmstenfalls als unfreiwillig komisch wirkende, erwähnte Einlage.
Genrefans mögen Freude an dem Werk finden und einen gewissen Unterhaltungswert muss der Action-Komödie und seinen virtuos choreographierten Kämpfen zum Glück nicht abgesprochen werden. Die Darsteller agieren ordentlich und so macht „Arahan“ dank einer ansehnlich ausschauenden Präsentation trotz Schwächen und Längen genug Spaß, um einen neugierigen Blick auf „die Sensation aus Südkorea“ zu rechtfertigen.