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    Die syrische Braut
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Die syrische Braut
    Von Stefan Ludwig

    In Europa sind offene Grenzen fast schon eine Selbstverständlichkeit. Ein Ausflug ins Nachbarland lässt sich mit dem Auto meist ohne Anhalten erledigen. Zwischen Israel und Syrien sieht es anders aus. Verschiedene Religionsgruppen stehen in heftigen Konflikten – in Israel ist die Mehrzahl der Bevölkerung jüdisch, Syrien ist fast vollständig muslimisch geprägt. Und so sind auch die Grenzen geschlossen, was in der deutsch-französisch-israelischen Co-Produktion „Die syrische Braut“ zu einer Familientragödie führt, die für uns als absolut vermeidbar erscheint. Eran Riklis inszenierte ein Drama, dem es leider an echter Spannung fehlt.

    Mona (Clara Khoury) soll heute heiraten. Doch ihr versteinertes, trauriges Gesicht lässt bereits erahnen, dass sie sich im Hochzeitskleid keineswegs wohlfühlt. Denn noch wohnt sie im israelisch besetzten Teil der Golanhöhen. Wenn sie aber nun den syrischen TV-Star Tallel (Derar Sliman) heiratet, den sie nur aus dem Fernsehen kennt, wird sie nie wieder zu ihrer Familie zurückkehren können. Ihr Anhang versucht die bizarre Situation noch mit aller Kraft angenehm zu gestalten, aber Mona ist pessimistisch, was ihre Ehe angeht. Was, wenn sie sich nicht lieben? Sie hätte niemanden mehr...

    Moralische Defizite werden hier mehr als offensichtlich. Was macht die Ehe für einen Sinn, wenn man sich vorher nicht einmal kennengelernt hat? Warum müssen Religionen soviel Macht haben, dass sich Länder verfeinden und bekriegen? Liberalität scheint in „Die syrische Braut“ ein Fremdwort. Staats- und Religionsangehörigkeiten entscheiden über Schicksale und dieser Kampf macht selbst vor den Familien nicht halt. Ein Bruder von Mona hat sich entschieden, eine Russin zu heiraten und lebt mit ihr in ihrem Land. Seit acht Jahren hat sein Vater nicht mehr mit ihm gesprochen und als er nun anlässlich der Hochzeit zurückkehrt, wird er von ihm nicht einmal begrüßt.

    Das Thema des Dramas erscheint zwar bekannt, ist aber in jedem Fall diskussionswürdig. Viele Zuschauer können sich derartige Kulturen vielleicht gar nicht richtig vorstellen, verstehen werden sie nur die Allerwenigsten. Trotz der interessanten Problematik muss Regisseur Eran Riklis natürlich auch nach seiner filmischen Umsetzung bewertet werden. Hier liegen die größten Mängel in der nötigen Spannung. Diese müsste durch Ausarbeitung der Charaktere erreicht werden, doch die wichtigsten Personen der Hochzeit – Braut und Bräutigam – bekommen lediglich Nebenrollen zugeschoben. Clara Khoury darf ihren niedergeschlagenen, ernsten Blick etliche Male in die Kamera halten, leider ist das zu wenig, um den Zuschauer an der Grenze dann innerlich voll und ganz mitfühlen zu lassen. Der Bräutigam Tallel gerät nahezu komplett in den Hintergrund.

    Stattdessen konzentriert sich der Blickwinkel auf die Familienangehörigen, die wie Mona unter der Situation zu leiden haben. Hier gibt es insgesamt aber zu viele Figuren, um den Zuschauer eine stringente Leidensgeschichte zu zeigen und so fallen etlichen Konflikten nur kurze Spielzeiten zu. Das Hauptproblem des Abschieds für immer kommt dabei einfach zu kurz. Erst im späteren Verlauf werden noch ein paar ironische Gags eingebaut, die den Film zwar aufwerten, aber zu vereinzelt sind, um ihn zu retten.

    Das Spiel der Schauspieler ist nicht schlecht, aber in vielen Sequenzen zu theatralisch. Das gilt auch die Dialoge, die oftmals gestelzt wirken und sich in ein und demselben Thema zu oft wiederholen. Hinzu kommt das Unverständnis für das Verhalten der Einzelnen. Warum der Vater sich der Polizei widersetzt: Überzeugung. Für welche Ideale? Warum? Diese Frage kann der Film nicht beantworten und die Folge ist merkwürdig. Da der Zuschauer eigentlich nur eindimensionale Charaktere vorgesetzt bekommt, kann er deren Handeln nur sehr bedingt nachvollziehen. Die kulturellen Barrieren stehen da und der Versuch, diese zu überwinden, findet nicht statt. Wenn ein Zuschauer somit zwar das Drama begreift, aber sich ständig fragt: „Muss das denn eigentlich sein?“, wird das Ansehen des Selben zu einem zweischneidigen Schwert.

    „Die syrische Braut“ funktioniert nicht als der Vermittler zwischen den Kulturen, der es werden sollte. Natürlich ist dieser Versuch an sich positiv, aber er sollte nicht über die filmischen Schwächen hinwegsehen lassen. Anspruch ist vielleicht nur dann vernünftig vermittelt worden, wenn niemand am Ende sagen muss, es sei aber doch sehr anspruchsvoll und voller Botschaften gewesen. Im letzten Drittel kommt Langeweile auf, wenn an der Grenze zigmal mit den Papieren hin- und hergerannt werden muss und sich einfach nichts ändert. Positiv hervorzuheben wäre noch der Soundtrack, der mit einigen ungewöhnlichen Klängen das Ohr verwöhnt. Ab und an ist der Score allerdings auch etwas überdramatisch, da er sich zu deutlich in den Vordergrund schiebt.

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