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    Das Ende - Assault on Precinct 13
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Das Ende - Assault on Precinct 13
    Von Martin Soyka

    Silvester im verschneiten Detroit. Das heruntergekommene 13. Polizeirevier wird abgewickelt, es soll um Mitternacht geschlossen werden. Jake Roenick (sehnig wie nie: Ethan Hawke), ein von einem missglückten Undercover-Einsatz traumatisierter Polizist, hat das Kommando, fröhnt aber lieber Alkohol und Tabletten. Mit ihn tut nur noch eine Rumpfcrew Dienst (unter anderem Brian Dennehy und Drea de Matteo). Hinzu gesellt sich dann noch die obligatorische Polizeipsychologin (Maria Bello), die auf dem Weg zu einer Party in High Heels und Minirock Roenick noch einer abschließenden Untersuchung wegen seines Traumas unterziehen will. Der Zufall (?) will es, dass ein Gefangenentransport zum lokalen Hochsicherheitsgefängnis im Revier Zuflucht sucht. Neben den üblichen Versagern und Kleinkriminellen ist aber auch ein hochkarätiger Gangster an Bord (Lawrence Fishburne). Kurz darauf wird es ernst: eine bis an die Zähne bewaffnete Truppe versucht, an den Gangster Bishop heranzukommen. Ein erster leiser Infiltrationsversuch wird zufällig entdeckt und notdürftig zurückgeschlagen. Dann beginnt die Belagerung. Plötzlich sehen sich die im 13. Revier befindlichen Personen zu einer Schicksalsgemeinschaft gewandelt. Und Roenick läuft überraschend zur Höchstform auf. Unter seinem Kommando wird niemand ausgeliefert…

    Braucht wirklich jemand ein Remake von „Das Ende“? Diese Frage muss sich aufdrängen, gilt John Carpenters Low-Budget-Film aus dem Jahr 1976 doch als ein Meisterwerk des Spannungskinos. Schon der Originalfilm war ein indirektes Remake des Western-Klassikers Rio Bravo. Der Film bezog seine Spannung neben der geschickten Kameraführung aus der hypnotischen Musik von Carpenter selbst. Die Angreifer waren zudem eine anonyme Masse, der Blick war nur auf die Gefangenen im Revier gerichtet. Die Motive der Angreifer blieben zudem weitgehend ungeklärt. In gewisser Weise ähnelte der Originalfilm dem Setting eines Zombie-Films. Ein Remake macht gemeinhin nur Sinn, wenn der Stoff des Originals großartig ist, jedoch die inhaltlichen oder auch technischen Möglichkeiten nicht ausgereizt wurden. Insbesondere unter letzterem Gesichtspunkt ist das Remake dem Film überlegen. Es ist exzellent fotografiert und ausgestattet.

    Einige Dinge wurden aber verändert. Zunächst wurde der Handlungsort von South-Central Los Angeles ins winterliche Detoit verlegt. Die Angreifer erhalten zudem ein Gesicht (Gabriel Byrne) und eine Motivation, mit der das Original nicht dienen konnte und wollte. Die Endzeitstimmung, die von Carpenters Film ausging, will hier daher nicht aufkommen, der Plot bleibt konventionell. Darüber hinaus werden ärgerlich viele Klischees bedient: der traumatisierte Held - von Hawke allerdings von vorne bis hinten exzellent interpretiert -, die notgeile Sekretärin, der väterliche und kurz vor der Pensionierung stehende Freund, die Nieten im Gefangenenwagen und der supergefährliche Gangster, der den übrigen Figuren charakterlich und in puncto Intelligenz kilometerweit überlegen ist. Der Held verschläft und springt nach einer Katzenwäsche in seinen 60er-Jahre Ford Mustang (die Dinger scheinen für Filme nachproduziert zu werden). Seine Psychiaterin entpuppt sich selbst als Zwangsneurotikerin. Ein Mörder wartet ungesehen auf dem Rücksitz des Autos. Ein Kampf im Schnee endet mit einem beherzten Stich mittels eines Eiszapfens (siehe Stirb langsam 2). Und natürlich ist unter den Eingekesselten ein Verräter, von dem man das nie gedacht hätte (?!). Verbessert wurde der Original-Plot damit nicht.

    Während Hawke vor allem am Anfang eine wirklich beachtliche Performance abliefert, schalten die übrigen üblichen Verdächtigen gleichsam auf Automatik. Brian Dennehy ist, wenn auch sichtbar gealtert, immer noch der Haudegen vom Dienst, Laurence Fishburne agiert ähnlich stoisch wie in Matrix und Gabriel Byrne gewinnt seinem stereotypen Bösewicht mangels Ansatzpunkt keine neuen Facetten ab. Schließlich begeht das Drehbuch den schlimmsten Fehler, den man in diesem Zusammenhang machen kann: Er ändert den Schauplatz. Den Helden gelingt es, das Revier zu verlassen. Der Showdown findet außerhalb statt. Ein Film, der seinen Reiz aus der klaustrophobischen Wirkung des Eingeschlossenseins bezieht, darf nicht „gelüftet“ werden. Erwartungsgemäß flach fällt das große Umlegen am Schluss aus. Der Film wirkt damit ein wenig so, als hätte man „Halloween“ neu verfilmt und Michael Myers Gesicht und Stimme gegeben.

    Auch der Gangster gewinnt hier mehr als er ursprünglich zu hoffen hatte. Kämpfte er dort ums Überleben, obschon ohnehin dem Tode geweiht, kann Bishop hier sich sogar die Freiheit erstreiten. Im Original ging es darum, auszuhalten, bis die Kavallerie eintrifft, hier muss die Übermacht selbst überwältigt werden. Am Schluss fragt man sich, wo die eingangs erwähnten dreißig Angreifer geblieben sein mögen. Vielleicht haben sie sich verlaufen? Wer das Original nicht kennt und einen gradlinigen Action-Thriller goutieren kann, ist hier richtig. Überraschend ist das alles nicht, originell schon gar nicht, aber nett anzuschauen. Es bleibt zu hoffen, dass das Remake des Carpenter-Films The Fog nicht so rabiat mit der Vorlage umgeht.

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