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    Faustrecht der Großstadt
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Faustrecht der Großstadt
    Von Björn Becher

    Otto Premingers großer Klassiker des Film Noir ist ohne Frage „Laura“ (1944). Doch sechs Jahre nach dem Erfolg des mehrfach Oscar-nominierten Films brachte Preminger das Leinwandpaar Dana Andrews und Gene Tierney unter seiner Regie ein weiteres Mal zusammen: Herausgekommen ist der klassische, psychologisch dichte Kriminalfilm „Faustrecht der Großstadt“.

    Im Mittelpunkt steht, wie schon der englische Originaltitel „Where The Sidewalk Ends“ nahelegt, die Gosse, also eben jener Ort, an dem sich die „Ratten“ verkriechen. So bezeichnet Marx Dixon (Dana Andrews) die ganze Bagage von Gaunern, Schlägern und Dieben, die ihm täglich bei seiner Arbeit begegnen. Der Polizist ist geradezu beseelt von seinem Hass auf Verbrecher, weshalb es bei Verhaftungen immer wieder zu gewalttätigen Übergriffen seinerseits kommt. Diesem Umstand ist es geschuldet, dass Dixon im Gegensatz zum etwa gleichalten Kollegen Thomas (Karl Malden, Die Faust im Nacken), der gerade frisch befördert wurde, eine Karriere innerhalb des Polizeiapparats bislang verwehrt blieb. Bei der Verhaftung des Mordverdächtigen Ken Paine (Craig Stevens), bei der Dixon mal wieder etwas zu rabiat vorgeht, bricht der notorische Spieler tot zusammen. Da Dixon weiß, dass dieser Vorfall bei seiner Vorgeschichte zumindest sein Karriereaus bedeuten würde, verschleiert er die Angelegenheit und behauptet stattdessen, Paine sei geflohen. Der Plan scheint aufzugehen, die anderen Polizisten fallen auf den Bluff herein. Doch während sich Dixon bei seinen weiteren Ermittlungen ausgerechnet in Paines Frau Morgan Taylor (Gene Tierney) verliebt, entdecken seine Kollegen die versteckte Leiche. Für die Polizei scheint der Fall klar: Morgans Vater Jiggs Taylor (Tom Tully, Zwei Asse trumpfen auf) hat Paine aus Sorge um seine Tochter getötet. Die Beweise gegen ihn sind erdrückend und allein Dixon kann die Wahrheit noch ans Licht bringen…

    Otto Preminger (Fluss ohne Wiederkehr) konzentriert sich in „Faustrecht der Großstadt“ nahezu vollständig auf seinen Protagonisten: Detective Sergeant Mark Dixon. Dieser ist in fast jeder Szene zu sehen. Nach und nach lernt ihn der Zuschauer näher kennen und erfährt die Hintergründe für seinen unstillbaren Hass auf die Ganoven, denen er täglich hinterherjagt: Sein Vater selbst war ein Verbrecher, der bei dem Versuch ums Leben kam, sich den Weg aus dem Gefängnis freizuschießen. Deshalb ist es für Dixon nun ein besonders harter Schlag, selbst ein Verbrechen begangen zu haben. Dazu wird für diese Tat auch noch der Vater ausgerechnet jener Frau verantwortlich gemacht, in die er sich verliebt hat. In diesem gut herausgearbeiteten Gewissenskonflikt der Hauptfigur liegt die größte Stärke des insgesamt spannenden Kriminalfilms.

    In seiner blinden Wut versucht Dixon, den Konflikt auf die ihm eigene Art – nämlich mit Gewalt - zu lösen. Lange glaubt er, den Karren noch irgendwie aus dem Dreck ziehen, aus dem Gangsterboss Scalise ein Geständnis für Paines Tod herausprügeln und die Welt mit seinen Mitteln wieder in Ordnung bringen zu können. Dabei blendet er jegliche pazifistischen Alternativen konsequent aus. Selbst als er erkennen muss, dass er der Übermacht von Scalises Männern alleine nicht gewachsen ist, bleibt er seiner gewalttätigen Linie treu. Premingers Film unterscheidet sich hier deutlich von vielen aktuelleren Werken. Der Protagonist ist ein Mensch mit vielen Schwächen und Fehlern, der Polizist selbst trägt die Züge eines Bösewichts, obwohl er doch nur Gutes bewirken will. Dies erinnert ein wenig an L.A. Confidential. Ähnlich wie in Curtis Hansons Meisterwerk gibt es auch bei Preminger keine Hollywood-typische Läuterung des Helden. Er lernt zwar, zu seinen Fehlern zu stehen, muss dafür aber auch teuer bezahlen.

    „Faustrecht der Großstadt“ besticht durch seine stilsichere Schwarz-Weiß-Fotografie und entwickelt eine gelungen-düste Atmosphäre, die auch den ganz großen Filmen des Genres in nichts nachsteht. Wunderbar sind auch die sarkastischen Wortgefechte zwischen Dixon und der Wirtin Martha (Ruth Donelly), die die angespannte Atmosphäre immer wieder gekonnt auflockern.

    Schade ist nur, dass der Film gegen Ende qualitativ leicht abfällt. Das Handeln einiger Personen wirkt zum Teil plötzlich arg naiv und auch der Showdown fällt für heutige Verhältnisse etwas karg aus. Das sind aber nur kleinere Schwächen, über die Genreliebhaber und Fans des klassischen Kriminalkinos gerne hinwegsehen. Denn abgesehen vom schwächelnden Finale bietet der Film spannende Krimikost mit sehr guten Darstellern und einer vorzüglichen Inszenierung.

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