„Der Verführer lässt grüßen“ machte Michael Caine 1966 bekannt. Seine Rolle als zynischer Herzensbrecher definierte die Karriere des smarten Briten und ließ ihn später zum Weltstar aufsteigen. Remake-Spezialist Charles Shyer will in seiner Tragikomödie „Alfie“ den Klassiker neu zu beleben, scheitert aber am nötigen Versuch, die Geschichte zu modernisieren.
Der stylishe Beau Alfie (Jude Law) verdient seinen Lebensunterhalt in New York als Chauffeur. Er liebt das Leben, er liebt die Frauen, aber ganz besonders liebt er sich selbst. Alfie lebt in einer offenen Beziehung mit der allein stehenden Mutter Julie (Marisa Tomei), der Playboy vergnügt sich aber auch mit anderen Frauen. Er beglückt die frustrierte, verheiratete Dorie (Jane Krakowski), treibt es mit der Freundin (Nia Long) seines besten Freundes Marlon (Omar Epps), der blutjungen Schönheit Nikki (Sienna Miller) oder der Unternehmerin Liz (Susan Sarandon). Irgendwann wird es dem Bilderbuch-Gigolo zu viel und er meint, die wahre Liebe finden zu müssen...
Nach der Trennung von seiner Frau und Co-Autorin Nancy Myers (Regie: „Was Frauen wollen“) musste für Charles Shyer („Vater der Braut 1+2“, „I Love Trouble“) eine neue Partnerin her. TV-Autorin Elaine Pope („Seinfeld“) sprang bei „Alfie“ ein. Das mit 60 Millionen Dollar budgetierte Projekt war angesichts der recht hohen Kosten von vorn herein ein Risiko. Dass Regisseur Shyer aber in den USA mit einem Einspiel von weniger als 15 Millionen Dollar kapitalen Schiffbruch erleiden musste, hat mehrere Gründe. Zum einen liegt dies schlicht und einfach am Film selbst, der um Längen schlechter und uninspirierter ist als das britische Original, zum anderen ist das derzeitige Klima in den Vereinigten Staaten nicht unbedingt für die Thematik des Films geeignet. In der großen Zeit von „moral values“, die das Leben des republikanischen Amerikas bestimmen, hat ein Charakter wie Alfie einen schweren Stand.
Der Womanizer ist zynisch, herz- und sorglos. Er ist ein Egoist, der erst zu spät merkt, wie sehr er die Personen in seiner Umgebung demütigt und verletzt. Das große Problem des Films ist aber folgendes: Während Michael Caine seinem Zyniker noch einige Sympathiewerte verschaffen konnte, geht die modernisierte Variante nach hinten los. Jude Law („Sky Captain And The World Of Tomorrow“, „I Heart Huckabees“) ist zwar in der Theorie als Alfie perfekt besetzt, weil er den unterkühlten britischen Charme ausstrahlen kann, aber die Drehbuchautoren Shyer und Pope verpassen es, seinen Charakter mehrheitsfähig zu machen. Im Klartext: Alfie ist ein Riesenarschloch. Dazu noch eines, das sich selbst bemitleidet. Und genau das macht es schwer - abgesehen von Jude-Law-Anbeterinnen – mit dem Film warm zu werden. Das Schicksal von Alfie interessiert einfach nicht, obwohl sich Jude Law alle Mühe, seinen Charme auszuspielen. Dazu wurde die Handlung im US-Remake von London nach New York verlegt, aber völlig unverständlicherweise zu großen Teilen in England mit Manchester, Liverpool und London als New-York-Schauplatz gedreht. Die direkte Ansprache an das Publikum übernahm Shyer vom Original. Doch während diese Technik bei Caine ein Fenster in dessen Seele ist, wirkt das Sprechen in die Kamera bei Law eher wie ein Spiegel, in dem er sich an sich selbst ergötzt.
Auch an der übrigen Besetzung ist überhaupt nichts auszusetzen. Im Gegenteil. Marisa Tomei, Nia Long, Susan Sarandon, Jane Krakowski und Sienna Miller bilden die verschiedenen Facetten von Alfies Frauenwelt ab und fungieren als Gegenpol zu dem selbstverliebten Exzentriker. Da keine der Rollen groß genug ist, lastet die Verantwortung, den Film zu tragen allein auf Law, der nur vom Drehbuch im Stich gelassen wird. Eine Modernisierung der Geschichte ist natürlich dringend nötig, da Themen wie Abtreibung und Ehebruch in den 60er Jahren vielleicht noch skandalös waren, aber in der heutigen Zeit diesen emotionalen Schockeffekt weitgehend verloren haben. Doch beim Update hatten die Autoren kein gutes Gespür. Sie schaffen es zwar, Beau Law auf seiner Vespa extrem cool, stylish und trendy aussehen zu lassen, aber den emotionalen Zugang zu seinem Charakter vermitteln sie dem Zuschauer nicht. Alles ist nett anzusehen und hip, aber die Substanz fehlt, die hübsche Fassade dominiert. Der Charakter Alfie sollte wahrscheinlich in der Art funktionieren wie Hugh Grants ähnlich strukturierter Will in „About A Boy“. Grant gelingt der Balanceakt zwischen Arschloch und Sympath, Law ist dies nicht vergönnt.
Dem hippen Look des Films passt sich auch der exzellente Soundtrack an, bei dem Rolling Stone Mick Jagger zusammen mit Eurythmic Dave Stewart die meisten Songs eingespielt hat. Jungstar Joss Stone steuert den Titeltrack „Alfie“ bei und ist in einem Duett mit Jagger zu hören. So ist der Film optisch und akustisch durchaus ansprechend, aber was nutzt es, wenn es „Alfie“ an Herz und Seele krankt. Obwohl Charles Shyer ein größeres Augenmerk auf den komödiantischen Aspekt legt, ist der Film als Komödie zu wenig witzig und als Melodram nicht tiefgründig genug.