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    Beetlejuice
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Beetlejuice
    Von Christian Horn

    Tim Burton ist einer jener Regisseure, die sich als Grenzgänger zwischen Autoren- und Mainstream-Kino bewegen, zwischen Box Office und Cahiers du cinéma. Mit „Beetlejuice" aus dem Jahr 1988, seinem zweiten Spielfilm nach dem Debüt „Pee Wees großes Abenteuer", legte Burton den endgültigen Grundstein für seine eigene, stets erkennbare Handschrift – und trotz der eigenwilligen Herangehensweise lief „Beetlejuice" erfolgreich in den Kinos, zog eine Zeichentrickserie (1989 bis 1991) nach sich und öffnete Burton die Tür für die Inszenierung von „Batman", dem Sommerblockbuster des Jahres 1989. Drehbuchautor Michael McDowell bringt diese Zwischenstellung auf den Punkt, wenn er „Beetlejuice" als „feel-good movie about dead" bezeichnet.

    Gerade erst haben Barbara (Geena Davis) und Adam Maitland (Alec Baldwin) ihre neue Villa in Neuengland bezogen, schon kommen sie bei einem Autounfall ums Leben. Im Reich der Toten erfährt das junge Ehepaar, dass die Bearbeitung ihres Falls erst in 150 Jahren erfolgt und sie bis dahin als Geister in ihrem Haus verweilen sollen (verlassen können sie es nicht, denn statt der Außenwelt befindet sich jenseits der Hausmauern ein Wüstenplanet mit gefährlichen Sandwürmern, der stark an David LynchsDune" erinnert). Nach anfänglichem Zaudern arrangieren sich die Maitlands mit der langen Wartezeit, doch dann bezieht Yuppie-Familie Deetz – bestehend aus Charles (Jeffrey Jones), Delia (Catherine O'Hara) und Tochter Lydia (Winona Ryder) – das vermeintlich verlassene Haus und stört die Geister-Idylle. In ihrer Verzweiflung engagieren die Maitlands den freiberuflichen Bio-Exorzisten Beetlejuice (Michael Keaton), der die Störenfriede vertreiben soll. Doch dessen rabiate Vorgehensweise macht die Sache auch nicht besser...

    Zunächst einmal ist „Beetlejuice" eine Geisterhaus-Komödie mit einem besonderen Clou: In „Beetlejuice" sind nicht die Toten, sondern die Lebenden die Störenfriede, während die Geister lediglich in Ruhe und Frieden ihre Wartezeit absitzen wollen. Wie so oft nimmt Tim Burton also den Standpunkt der Außenseiter ein und ermöglicht so neue Perspektiven auf altbekannte Erzählsituationen. Alleine aus dieser veränderten Sichtweise heraus ergibt sich jede Menge humoristisches Potenzial, das Burton geschickt ausnutzt. So bringen die frischgebackenen Geister Barbara und Adam Maitland einfach keinen schockierenden Hausspuk zustande, weil die neuen Bewohner jede Unheimlichkeit mit Humor nehmen und gar auf die Idee kommen, den Spuk kommerziell zu nutzen. Im undurchsichtigen Behördendschungel des Totenreichs, dessen Mühlen bezeichnenderweise bedeutend langsamer mahlen als jene der irdischen Behörden (selbst eine komplette Football-Mannschaft wartet seit Ewigkeiten auf die Bearbeitung ihres Falls), finden die Maitlands keine Hilfe. Dass der freiberufliche Beetlejuice seine Dienste dann ausgerechnet im Werbefernsehen feilbietet, passt wunderbar zum verschrobenen und postmodernen Humor des Films.

    Der eindeutige Star des Films ist Michael Keaton als Beetlejuice, wenngleich er im Verhältnis zur Gesamtlaufzeit nur wenige Auftritte absolviert. Wenn er dann aber erscheint, dominiert der Poltergeist Keaton das Geschehen völlig, zieht irre Grimassen und alle Register seines komischen Talents. Mit seiner Performance empfahl sich Keaton dann auch für die Rolle des Batman und avancierte zum ersten Alter Ego Burtons – eine Rolle, die nun bereits seit einigen Jahren Johnny Depp ausfüllt. Neben Keaton sticht vor allem Winona Ryder aus dem Ensemble heraus. Als von ihren Yuppie-Eltern entfremdetes Gothic-Mädchen schafft sie den Link zwischen dem Reich der Toten und dem der Lebenden – wieder so eine Außenseiterin, die in der Erzählwelt Tim Burtons als Heldin fungiert.

    Wie immer bei Tim Burton spielen die Ausstattung und das Set-Design auch in „Beetlejuice" eine wichtige Rolle: Die Affinität des Regisseurs zum Hollywood-Genre-Kino der Fünfzigerjahre, die in „Mars Attacks!" kulminierte; seine Vorliebe für das Produktions-Design der britischen Hammer Studios, die besonders in „Sleepy Hollow" von entscheidender Bedeutung ist (und als Vorläufer der Burton-Ästhetik nicht hoch genug eingeschätzt werden kann); oder sein Faible für Gothic-Kostüme (man denke nur an „Edward mit den Scherenhänden" oder die Catwoman aus „Batmans Rückkehr") - all das findet sich auch schon in „Beetlejuice" und trägt einen Gutteil zum unverwüstlichen Charme des Films bei (nicht zu vergessen die Musik von Danny Elfman, dem Stamm-Komponisten Burtons). Anstelle von aufwändigen Computereffekten setzt Burton auf schon zur Entstehungszeit antiquiert wirkende (aber herrlich verschrobene) Stop-Motion-Tricks und die Villa samt Umgebung erinnert mehr an eine Modelleisenbahn als an ein der Realität verpflichtetes Set. Bereits in der ersten Einstellung legt Tim Burton diesen Look fest: Eine Vogelperspektive auf eine Kleinstadt entpuppt sich als Miniaturmodell – und der Zuschauer hat sie unwillkürlich betreten, die eigenwillig konstruierte, aber dennoch kommerziell erfolgreiche Kino-Realität von Tim Burton.

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