Politiker in hohen Staatsämtern leben gefährlich. Dies zeigten insbesondere die erfolgreichen Mordanschläge auf die US-Präsidenten Abraham Lincoln und John F. Kennedy, die beide in aller Öffentlichkeit und vor den Augen des Sicherheitspersonals stattfanden. Bis heute beschäftigen die Hintergründe solcher Attentate viele Bürger und auch die Geschichtenerzähler bemächtigen sich regelmäßig dieser realen Dramen. So war es auch nach der aufsehenerregenden Attacke auf den französischen Präsident Charles de Gaulle, der 1962 nur knapp dem Tod entging. Der Roman „Der Schakal", der lose auf diesem Fall basiert, avancierte zum Bestseller und 1973 wurde Frederick Forsyths Katz-und-Maus-Spiel zwischen Attentäter und Kommissar erfolgreich erstmals verfilmt. In der 1997 unter der Regie von Michael Caton-Jones entstandenen zweiten Kinoversion blieb nur noch das Grundgerüst der Vorlage unangetastet. Der zeitgeschichtliche Hintergrund wurde nun vollständig fiktionalisiert und der Handlungsschwerpunkt in die USA verlegt, wobei das Interesse des Publikums an den realen Attentaten aber sichtbar einkalkuliert wurde. Dank der Starperformances von Bruce Willis und Richard Gere sowie einer rasanten Inszenierung entstand auch diesmal ein trotz mancher Klischees recht packender Thriller.
Der russische Gangsterboss Terek Murad (David Hayman) ist mächtig sauer darüber, dass sein Bruder in einem Moskauer Nachtclub vom FBI erschossen wurde. Aus Rache will er daraufhin den FBI-Direktor Donald Brown (John Cunningham) umbringen lassen. Kein leichtes Unterfangen, weshalb Murad für teures Geld einen der weltweit besten Profikiller engagiert, genannt „Der Schakal" (Bruce Willis). Der ist technisch stets auf dem neuesten Stand, gilt als unbarmherzig und ist für seine unauffällige Arbeitsweise bekannt. Doch auch das FBI bleibt nicht untätig, erfährt von Murads Absicht und heuert mit dem Ex-IRA-Scharfschützen Declan Mulqueen (Richard Gere) seinerseits einen Experten an, der den Killer ausschalten soll. Es beginnt eine Verfolgungsjagd, die bald erste Leben fordert...
Ursprünglich soll der Frauenschwarm Richard Gere („Pretty Woman") für die Rolle des Schakals vorgesehen gewesen sein, der lehnte sie aber ab und spielte lieber den Helden. Wer den nachgerückten Bruce Willis („Stirb langsam", „Pulp Fiction") in der Rolle des abgebrühten und skrupellosen Profikillers erlebt, kann diese Entscheidung nur begrüßen. Der Actionstar interpretiert den Auftragsmörder als durch und durch kaltherzigen, berechnenden Profi, dessen bedrohliche Aura durch zahlreiche Maskeraden noch verstärkt wird. Eiskalt räumt er für ihn oder seine Mission hinderliche Personen aus dem Weg, diese Kompromisslosigkeit findet ihren Ausdruck in einem stetig wachsenden Leichenberg: Für den Schakal hat Gnade nicht den Hauch einer Bedeutung. Auf der anderen Seite steht, ganz wie gewünscht, Richard Gere. Er bleibt gegenüber der fast diabolischen Präsenz von Bruce Willis allerdings blass, weil sein Part vergleichsweise unspektakulär ausgefallen ist. Geres Mulqueen ist durch und durch aufrichtig, ein geläuterter Ex-Terrorist, der selbstverständlich niemals Frauen oder Kinder in die Luft gesprengt hat. Die Sympathien sind also klar verteilt, wenn beide Gegenspieler nach gut der Hälfte des Films erstmalig aufeinandertreffen, aber die reizvollere Rolle hat eindeutig Willis.
Während die Schwarz-Weiß-Zeichnung bei den Hauptcharakteren für einen Thriller wie diesen durchaus zweckdienlich ist, mutet sie an anderer Stelle wesentlich befremdlicher an: Wer das Bild Russlands in „Der Schakal" sieht, muss den Eindruck haben, dass die Macher das Feindbild aus dem Kalten Krieg einfach aufgewärmt und vage aktualisiert haben. Schon in der Einführung wird die jüngste sowjetische und russische Geschichte auf Diktatur, Instabilität und Verbrechen reduziert, zugleich erscheint der Mauerfall im Übrigen als alleinige Leistung des US-Präsidenten Ronald Reagan. Und auch im weiteren Verlauf bleibt es dabei: Wann immer in „Der Schakal" Russen auftreten, sie sind fast ausnahmslos Gangster. Neben diesem Hang zum Klischee trüben noch einige Unglaubwürdigkeiten das Gesamtbild – gerade im Finale häufen sich die konstruierten Zufälle dann doch zu sehr. Durch ein konstant hohes Erzähltempo fällt das jedoch kaum auf, auch die Spannung wird von Regisseur Caton-Jones („Rob Roy", „Basic Instinct 2") stets gehalten und bei den Konfrontationen des Schakals mit seinen potentiellen Opfern gekonnt noch gesteigert. Ein besonderer Höhepunkt ist dabei eine ausgezeichnet inszenierte Kampfsequenz in einem Haus, in der sich FBI-Agenten und der Hitman gegenüberstehen.
Fazit: Frederick Forsyth, der Autor der Romanvorlage, ließ zwar seinen Namen aus den Credits streichen, ein Flop liegt mit dieser zweiten Filmversion von „Der Schakal" deswegen aber längst nicht vor. Mag die Killerhatz auch weit entfernt von einem Platz im Film-Olymp sein, spannende und temporeiche Unterhaltung bietet sie allemal. Ein Sonderlob gebührt Bruce Willis: Sein eiskalter Killer ist das frostige Zentrum des Thrillers und hebt den Film über den Genre-Durchschnitt.