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    Heavier Trip - Road To Wacken
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Heavier Trip - Road To Wacken

    Der Metal-Spaß geht in die nächste Runde!

    Von Oliver Kube

    Impaled Rektum sind zurück – die selbsternannten, einzig wahren Vertreter des „sinfonischen, postapokalyptischen, Rentiere zermürbenden, gotteslästerlichen und extrem verwerflichen, fennoskandinavischen Metals“. 2018 erschien „Heavy Trip“ und wurde mit reihenweise Publikumspreisen bei Genre-Events wie dem hiesigen Fantasy Filmfest ausgezeichnet. Sechs Jahre später ist die finnische Roadmovie- und musikalische Außenseiter-Komödie längst zu einem mittelschweren Kult-Phänomen avanciert – auch und speziell unter Heavy-Metal-Fans, die entgegen landläufiger Meinung durchaus über sich selbst, ihre Held*innen und ihre Szene lachen können.

    Kein Wunder also, dass Juuso Laatio und Jukka Vidgren, die Macher des merklich von „Blues Brothers“ und „This Is Spinal Tap“ beeinflussten Lacherfolgs, nun mit einem Sequel nachlegen. „Heavier Trip – Road To Wacken“ macht exakt dort weiter, wo der erste Film aufgehört hat, und präsentiert sich in manchen Passagen sogar noch überdrehter, noch abgefahrener. Anzumerken ist dabei auch, dass es den Regisseuren gelungen ist, die Handlung so anzulegen, dass das Publikum den Vorgänger nicht zwingend kennen muss, um in der teilweise in Deutschland spielenden Fortsetzung mitzufiebern.

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    Bei diesen deutschen Spezialitäten schauen die Jungs von Impaled Rektum eher skeptisch drein!

    Nach ihrem völlig aus dem Ruder gelaufenen Abenteuer sitzen Frontmann Turo (Johannes Holopainen), Bassist Pasi alias Xytrax (Max Ovaska), Gitarrist Lotvonen (Samuli Jaskio) und ihr zu unkontrollierten Wutausbrüchen neigender Drummer Oula (Chike Ohanwe) in einem Knast auf einer an Alcatraz erinnernden Insel vor der Küste Norwegens fest. Eines Tages bekommt Impaled Rektum dort unerwarteten Besuch von Fisto (Anatole Taubman), dem Manager einiger der größten Metal-Acts des Planeten.

    Er habe gehört, dass die Gruppe um ein Haar einen Krieg zwischen Finnland und Norwegen angezettelt hätte. Und weil sich derlei Vorfälle prima vermarkten ließen, bietet er den Jungs einen Plattenvertrag plus einen Auftritt vor 100.000 Headbangern beim legendären Wacken Open Air in Schleswig-Holstein an. Die Gage könnten sie gut gebrauchen, denn Lotvonens Eltern stehen kurz davor, ihren überschuldeten Rentierschlachthof, in dem die Band auch ihren Proberaum hat, an die Bank zu verlieren. Dummerweise haben sie zum Termin des Festivals ihre Strafe allerdings noch längst nicht abgesessen. Also müssen sie irgendwie versuchen zu türmen…

    Kreuz und quer durch Europa

    Wie schon beim ersten Film dauert es wieder ein Weilchen, bis der titelgebende Roadtrip tatsächlich in die Gänge kommt. Doch der wohl albernste Gefängnisausbruch der Filmhistorie ist das Warten wert. Und auch das, was danach passiert. Denn wer Freude an „Heavy Trip“ hatte, wird sich auch hier wieder köstlich amüsieren. Es macht erneut richtig Laune, wie die Komödie mit den Klischees des Metal-Genres plus den kleinen wie großen Absurditäten des Musikgeschäfts als Ganzem spielt, ohne dabei irgendjemanden wirklich zu beleidigen.

    Der Weg aus ihren Zellen in Norwegen auf die Bühne in Wacken ist lang und mit jeder Menge Hindernissen, Fallstricken, Umwegen und Gefahren gespickt. Zudem werden sie von einer in ihrer Ehre gekränkten und sich Sorge um ihren von der Gruppe entwendeten SUV machenden Gefängniswärterin (Helén Vikstvedt) kreuz und quer durch Europa verfolgt. Längst nicht alles im Ablauf der eigentlich simplen und dennoch zusehends verworreneren Handlung ergibt dabei wirklich Sinn – von geografischen Missgriffen bis hin zu seltsamen Zeitsprüngen. Unterhaltsam ist es trotzdem durchgehend. Dazu tragen jede Menge launige Anspielungen auf Helden der Rock- und Metal-Historie ebenso bei, wie die visuell tatsächlich erstaunlich authentisch umgesetzten Bühnenshows von Impaled Rektum. Dasselbe gilt für Auftritte von Kolleg*innen, denen sie unterwegs begegnen – einige davon sind übrigens real, so wie die herrlich bizarr anmutende japanische All-Girl-Truppe Babymetal.

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    Alle (Metal-)Wege führen nach Wacken!

    Der gar nicht so heimliche Held des Publikums dürfte auch dieses Mal wieder der mit Corpsepaint-Makeup und einer furchtbar steifen Kunstlederrüstung durch die Gegend stapfende, den „wahren Idealen des Metals“ folgende, von jeglichen kommerziellen Aspekten der Musik angewiderte Xytrax sein. Seine von Darsteller Max Ovaska („Sisu“) supertrocken und herablassend abgelieferten Kommentare plus das Gesicht, das er macht, wenn er sich dann wieder und wieder doch dabei erwischt, wie er selbst in die Fallen des Business tappt, sind einfach Gold wert.

    Bei all dem überdrehten Wahnsinn wird es zwischenzeitlich aber auch schon mal richtig emotional. Mit anzusehen, wie die aus lebenslangen Freunden bestehende Band aufgrund der Intrigen und zynischen Tricks ihres neuen Managers zu zerbrechen droht, ist durchaus berührend. Wie gut, dass die Jungs – und damit verraten wir hier sicher nicht zu viel – aber doch eines gemeinsam haben: ihre Liebe zueinander. Denn die verbindet sie deutlich stärker als die individuelle Sehnsucht nach dem perfekten Gitarrensolo oder schnellem Ruhm zu Füßen des Heavy-Metal-Tempels in Form einer gigantischen Bühne irgendwo im Nirgendwo von Schleswig-Holstein.

    Fazit: Noch abgedrehter, noch verrückter und – zumindest streckenweise – auch noch witziger als der kultige Erstling! Trotz einiger erzählerischer Schwächen macht auch das Sequel zur finnischen Roadtrip-Comedy nicht nur eingefleischten Metal-Fans Spaß.

    Wir haben „Heavier Trip - Road To Wacken“ im Rahmen des Filmfest Hamburg 2024 gesehen.

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