Die familientaugliche Antwort auf John Wick
Von Christoph Petersen„Wem steht’s besser?“ Diese Frage wird regelmäßig in Klatschblättern von Gala bis InStyle gestellt, wenn mal wieder zwei mehr oder weniger prominente Menschen unbeabsichtigt das gleiche Kleidungsstück getragen haben. Im Fall von „The Family Plan“ war es aber sicher kein Versehen: Vielmehr muss Mark Wahlberg natürlich klar gewesen sein, dass bei seinem bereits auf dem Poster präsentierten Babytrage-Look sofort alle an Alan (Zach Galifianakis) aus „Hangover“ denken werden – zumal die bleihaltige zweite Hälfte der für Apple TV+ produzierten Action-Komödie ebenfalls in Las Vegas spielt.
Dennoch ist es letztendlich ein unfairer Vergleich: „Hangover“ ist trotz zwei schwächerer Sequels immer noch absoluter Kult, während „The Family Plan“ als „Vacation“-Variante mit einem Schuss „John Wick“ schon in ein paar Wochen weitestgehend vergessen sein wird. Aber das heißt nicht, dass diese familientaugliche Version des Bob-Odenkirk-Knüppels „Nobody“ nicht zumindest solide Streaming-Unterhaltung bieten würde – wobei diese weniger mit den Gags oder der Action, sondern vor allem mit den zwei gut aufgelegten Stars in den Hauptrollen zu tun hat.
Der dreifache Familienvater Dan Morgan (Mark Wahlberg) ist ein wahrer Meister darin, frisch geschiedenen Typen in der Midlife-Crisis einen Lamborghini anzudrehen. Auf die Auszeichnung als Autoverkäufer des Monats verzichtet er trotzdem jedes Mal wieder – denn dafür müsste er ein Bild von sich machen lassen. Seine Frau Jessica (Michelle Monaghan) hält die Fotoscheu ihres Gatten für eine bloße Marotte – denn selbst sie weiß nicht, dass Dan vor 18 Jahren untergetaucht ist, um seinem alten Leben als Profi-Attentäter zu entfliehen.
Aber es kommt, wie es kommen muss: Nach einer zufälligen Konfrontation in einem Freizeitpark landet ein Foto von Dan in den sozialen Medien – und plötzlich wollen ihm seine alten Kolleg*innen an den Kragen! Früher wäre das für Dan sicherlich auch eine willkommene Herausforderung gewesen – aber mit Frau und drei Kindern, die von seinen speziellen Fähigkeiten allesamt nicht das Geringste ahnen, gestaltet sich das doch bedeutend schwieriger. Die einzige Chance: Ein 33-stündiger Roadtrip quer durch die USA nach Las Vegas, um sich von dort aus mit gefälschten Pässen ins Ausland abzusetzen…
Das erste Mal wird Dan beim Einkaufen im Supermarkt attackiert – mit seinem Baby im Tragegurt! Nun erreichen die Choreografien in „The Family Plan“ natürlich niemals die Qualität von „John Wick“ & Co., aber das Konzept geht zumindest zu Beginn trotzdem auf: Dass Dan bei jedem Move auch seinen vor die Brust geschnallten, sich offenbar köstlich amüsierenden Sohn schützen muss, verleiht der Action nicht nur ein gewisses Augenzwinkern – sondern auch eine angenehme Frische. Dieses Niveau halten Regisseur Simon Cellan Jones („Arthur The King“) und Drehbuchautor David Coggeshall („Orphan: First Kill“) allerdings leider nicht durch – und das liegt nicht nur an dem austauschbaren Killer-Arsenal, das sie ihrem Protagonisten nach und nach auf den Hals hetzen:
Schon die zweite große Actionsequenz ist eine arg generische Autoverfolgungsjagd, bei der der „Gag“ darin besteht, dass der Rest der Familie dank schallabsorbierender Kopfhörer weggedöst ist und dadurch von dem wilden Treiben gar nichts mitbekommt. Aber Dan tut kaum etwas, um die Verfolgung weniger aufreibend zu gestalten – stattdessen pennen einfach alle weiter, obwohl jeder, der schon mal in einem Auto mitgefahren ist, natürlich weiß, dass in der wahren Welt alle bereits nach der ersten eng geschnittenen Kurve aus dem Schlaf geschrocken wären. Da fehlt es an kreativen Einfällen, um die unbedarfte Familie stimmig einzubinden (im Finale wird zumindest Jessicas Vergangenheit als College-Zehnkämpferin bemüht, wobei auch das eher weit hergeholt als besonders clever wirkt).
Natürlich wird die zunächst noch auseinanderdriftende Familie, bei der nicht nur Dan so seine Geheimnisse hat, auf dem Roadtrip irgendwann in bester Griswolds-Tradition zusammengeschweißt. Besonders viel Zeit wird dabei auf einen Nebenhandlungsstrang rund um den Teenager-Sohn Kyle (Van Crosby) verwendet – der entpuppt sich nämlich als heimlicher Profi im 5v5-Taktik-Shooter „Valorant“, der schließlich sogar in einem Pro-Turnier neben realen Streaming-Idolen wie Valkyrae oder iiTzTimmy antritt. Dabei ist es schon auffällig, wie angenehm aufgeschlossen „The Family Plan“ gegenüber der Pro-Gamer-Szene ist …
… was man aus Hollywood schließlich gar nicht gewöhnt ist, wo solche Szenarien ja ansonsten meistens einfach nur für irgendwelche Nerd-Gags herhalten müssen. Aber zugleich frisst es halt auch eine Menge Zeit – und mit einer Laufzeit von zwei Stunden strapaziert „The Family Plan“ ohnehin schon die Geduld des Publikums. Bei der Stange gehalten wird man dabei vor allem von der tollen Chemie zwischen Mark Wahlberg („Uncharted“) und Michelle Monaghan („Blood“), die auch noch mal völlig neue Seiten aneinander entdecken – und davon ziemlich glaubhaft angeturnt werden…
Fazit: Eine unnötig auf zwei Stunden gestreckte Action-Komödie ohne prägende Highlights, aber dafür mit launigen Stars – als Streaming-Snack für verschneite Familiennachmittage echt voll okay, mehr aber auch nicht.