Starker Cast, schwache Gags
Von Kamil MollIn „Brady’s Ladies“ reisen 2017 vier Freundinnen, alle über 80 Jahre alt, zum Superbowl-Finalspiel zwischen den New England Patriots und den Atlanta Falcons, um den von ihnen umschwärmten Football-Quarterback Tom Brady bei seinem, wie sich herausstellen wird, größten Erfolg spielen zu sehen: „Das könnte Toms letztes Spiel sein. Er ist fast 40, das ist wie 80 in Menschenjahren!“ Inspiriert von dem einstmals real existierenden „Over 80 for Brady“-Fanclub braucht es im Grunde keine größere Story für eine funktionierende Ensemble-Komödie, sondern lediglich die richtigen Figuren und das richtige Casting – gerade Letzteres ist in „Brady’s Ladies“ durchaus gelungen, auch wenn sich der Star-Cast an eher zäh geratenen Witzen abarbeiten muss.
Die schillerndste Backstory unter den Hauptfiguren besitzt die von Jane Fonda mit genüsslichem Glamour gespielte Trish, die sich als ehemalige Werbeberühmtheit auf das Schreiben erotischer Fan-Fiction mit dem Football-Star Rob Gronkowski als Hauptfigur verlegt hat. Einer ihrer Buchtitel ist dabei der vielleicht gelungenste Gag des Films: „Between Gronk and a hard place – Football isn’t the only game of inches“. Während Rita Moreno und Sally Field bislang leider viel zu selten Komödienrollen spielten, verbindet Jane Fonda mit Lily Tomlin, der vierten Hauptdarstellerin im Bunde, nicht nur die langjährige Arbeit an der Netflix-Sitcom „Grace And Frankie“, sondern bereits mit „Warum eigentlich... bringen wir den Chef nicht um?“ eine der ikonischsten und erfolgreichsten Komödien der 80er-Jahre – ein Erbe, dem „Brady’s Ladies“ trotz seiner starken Besetzung aber kaum gewachsen ist.
Mit guter Laune zum großen Spiel.
Geschrieben von Emily Halpern und Sarah Haskins, die zuvor mit ihrem Drehbuch für Olivia Wildes „Booksmart“ für einen der wenigen größeren Kinoerfolge einer Teenager-Komödie in den vergangenen Jahren mitverantwortlich zeichneten, kombiniert „Brady’s Ladies“ gut erprobte Standards und Motive des Sportfilms mit leider eher zäher und mitunter sogar recht bräsiger Situationskomik.
Die lose im Road-Movie-Stil aneinandergefügten Szenen sind dabei selten pointiert genug inszeniert, um wirklich lustig zu sein: Von den Herausforderungen bei einer an einen Vergnügungspark erinnernden Sportveranstaltung (dessen so bizarre wie faszinierende Attraktionen allein schon einen guten Hintergrund für eine exzentrischere Komödie geliefert hätten), über einen Barbecue-Esswettbewerb mit dem Fernsehmoderator und Celebrity-Gastronom Guy Fieri bis hin zum Besuch einer Sport-Celebrity-Party auf Cannabis-Edibles ächzt der Film spürbar darunter, etwas aus dem weitestgehend abgehangenen Gag-Material gewinnen zu wollen.
Deutlich gelungener ist das wuselige Finale des Films, das als Ineinandergreifen von Spielfeldgeschehen, Fantribünen-Comedy und launigem Sportkommentatorenschnack arrangiert wird und bei dem der Regiedebütant Kyle Marvin sichtlich engagierter beweist, dass er ein Football-Spiel visuell einigermaßen ansprechend inszenieren kann. Als dankbares Setting dient dabei ein Match, das unter dem Namen „28-3“ als eines der geschichtsträchtigsten Super-Bowl-Finalspiele gilt, weil die New England Patriots aus einem enormen Rückstand heraus in der Nachspielzeit dennoch gewinnen konnten. Allerdings wird hier auch nur allzu deutlich, was „Brady’s Ladies“ letztlich ebenfalls ist: ein betont schmeichelhafter Image-Film für Tom Brady auf seinem Karrierehöhepunkt, der als Produzent den amerikanischen Kinostart sogleich mit der Ankündigung verband, seine NFL-Karriere beenden zu wollen.
Tom Brady bezaubert einen seiner größten Fans.
Sehenswert ist der Film jedoch insbesondere wegen der Performance der im Kino mittlerweile längst viel zu unterbeschäftigten Lily Tomlin, seit über fünf Jahrzehnten eine der talentiertesten amerikanischen Komiker*innen überhaupt. Noch die unterentwickeltsten Gags des Films belebt sie mit erprobter Nonchalance und inspirierter Gewitztheit. Wenn sie die vermeintlich gewonnenen Endspiel-Tickets ihren Freundinnen in einer pompös mit Luftballons ausstaffierten Box präsentiert, die eigentlich für sogenannte Gender-Reveal-Partys während der Schwangerschaft hergestellt werden, lässt sich ein deutlich einfallsreicherer, mit derberem Humor durchsetzter Film erahnen, der „Brady’s Ladies“ auch hätte sein können, wenn er mehr auf den komödiantischen Eigensinn seiner Schauspielerinnen vertraut hätte.
Fazit: Zwischen handwerklich sorgfältig inszeniertem Sportfilm und weitestgehend müder und abgegriffener Situationskomik unterfordert „Brady’s Ladies“ zwar seine großartigen Schauspielerinnen, bleibt aber dennoch sehenswert als Beweis dafür, dass insbesondere Lily Tomlin noch aus dem schwächsten Komödienmaterial inspirierte Funken schlagen kann.