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    Ice Age - Die Abenteuer von Buck Wild
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Ice Age - Die Abenteuer von Buck Wild

    Der Spaß liegt erst mal auf Eis

    Von Sidney Schering

    20 Jahre ist es nun her, seit die „Ice Age“-Reihe ihren Anfang genommen hat. Zwei Jahrzehnte, in denen ein rasanter Aufstieg sowie ein drastischer Absturz an den Kinokassen erfolgten. Zum Höhepunkt ihrer Popularität ließ die Patchwork-Herde rund um Mammut Manni, Säbelzahntiger Diego und Faultier Sid selbst die namhafte Konkurrenz von DreamWorks oder Disney meilenweit hinter sich. In Deutschland wurden die Filme fast schon nationales (Pop-)Kulturgut – nicht zuletzt dank der kongenialen Besetzung von Otto Waalkes als Sid. Noch immer sind vier „Ice Age“-Teile in der hiesigen Top Ten der erfolgreichsten CGI-Filmhits zu finden. Trotzdem sind seit Teil fünf bereits sechs Jahre vergangen.

    Denn nachdem „Ice Age – Kollision voraus!“ in den USA nicht einmal mehr 65 Millionen Dollar einnahm, wurde es urplötzlich ruhig um das Franchise. Aber kaum kaufte Disney die für die Filmreihe zuständigen 20th Century Studios auf, wurde verlautbart, dass die Filmreihe zurückkehren wird. Das Comeback geschieht nun jedoch als Direct-to-Streaming-Titel für Disney+ – und qualitativ weckt „Ice Age – Die Abenteuer von Buck Wild“ gar Erinnerungen an die oft enttäuschende Direct-to-Video-Fließbandware, die Disney schon seit Jahrzehnten zu seinen Animations-Hits produzieren lässt.

    Als neuer Titelheld ist Buck Wild leider auch deutlich weniger wild als in seinen Nebenrollen in früheren "Ice Age"-Filmen.

    Die Opossum-Brüder Crash (Stimme im Original: Vincent Tong) und Eddie (Aaron Harris) wollen beweisen, dass sie sich von ihrer Mammut-Schwester Ellie emanzipieren können und verlassen deshalb kommentarlos ihre Herde. Als neue Heimat haben sie sich die verborgene, unterirdische Welt ausgesucht, die sie vor einigen Jahren mit ihrer Familie entdeckt haben und in der das einäugige Wiesel Buck Wild (Simon Pegg) ständig zu turbulenten Abenteuern einlädt. Doch seit Crash und Eddie zuletzt dort waren, hat sich dieses Paradies dramatisch verändert. Denn der fiese Dinosaurier Orson (Utkarsh Ambudkar) will sich mit seinen finsteren Plänen alle Lebewesen der verlorenen Welt Untertan machen...

    Die Begeisterung für die „Ice Age“-Reihe ausgerechnet auf dem Rücken von Crash, Eddie und Buck Wild wieder aufflammen lassen zu wollen, schien von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Immerhin sind die großen Publikumslieblinge des Franchises nicht von ungefähr das für wilden Slapstick-Irrsinn sorgende Säbelzahn-Eichhörnchen Scrat und das begriffsstutzige, warmherzige Faultier Sid. Auf Scrat völlig zu verzichten und Sid sowie seine zwei besten Freunde zu reinen Stichwortgebern zu degradieren, garantiert geradezu, dass langjährige „Ice Age“-Fans von diesem Revival herb enttäuscht werden.

    Technisch abgeschlagen

    Aber selbst wenn man gar nicht mit der Erwartung an „Die Abenteuer von Buck Wild“ herantritt, wieder viel knuffigen Wortwitz rund um Sid und wilden, wortlosen Scrat-Slapstick zu bekommen, offenbart sich dieses Disney+-Original als freudlose Angelegenheit. Das beginnt schon beim ersten oberflächlichen Blick auf die Bilder: Obwohl die „Ice Age“-Reihe in Sachen technischer Innovation im Gegensatz zu Pixar und DreamWorks nie weit vorne mitspielte, ist dieser Teil schon rein technisch ein erschütterndes Downgrade.

    Insbesondere der einst so verwegene Hauptschauplatz, die verlorene Welt, ist nur noch ein grauer Schatten dessen, was im dritten „Ice Age“-Teil zu sehen war. Statt den Hauptfiguren einen visuell aufregenden Abenteuerspielplatz zu schenken, können Regisseur John C. Donkin und seine „nur“ etwa 80 Personen umfassende Crew ihnen lediglich leblose, monotone Hintergründe bieten. Die Figurenanimation offenbar zwar keine derart drastische Verschlechterung gegenüber den „Ice Age“-Kinofilmen, ist einem CGI-Film aus dem Jahr 2022 aber dennoch kaum angemessen. Den Figuren mangelt es einfach an Lebendigkeit und dazu konsequenterweise auch am gewohnten Witz. Lediglich eine Handvoll Szenen sticht durch einen größeren Aufwand heraus – darunter eine emotionale, visuell dynamischere Rückblende auf die Kindheit der Opossum-Brüder und ihrer Adoptivschwester Ellie.

    Im englischen Original wird Sid nicht länger von John Leguizamo gesprochen. Aber keine Sorge: In der deutschen Fassung ist Otto Waalkes trotzdem wieder mit dabei!

    Auch die Einführung der flinken Heldin Zee (Justina Machado), einer Zorilla-Dame, die mit Buck Wild einst ein Heldenteam anführte, hat durchaus Schmiss. Und wenn die T-Rex-Dame aus „Ice Age – Die Dinosaurier sind los“ aus einem tiefen Schlummer gerissen wird, aufschreckt und völlig groggy Orsons Handlanger ausknockt, ist dieses späte Sequel für ein paar Sekundenbruchteile tatsächlich richtig lustig. Der Großteil des Films besteht allerdings aus drögen Dialogpassagen, in denen die Figuren unbeseelt das Geschehen kommentieren und ungelenk Exposition vorkauen – oder auch wiederkauen:

    Als würden die für das Skript verantwortlichen Jim HechtWilliam Schifrin und Ray De Laurentis ihr Kinderpublikum sträflich unterschätzen, werden Erklärungen über Orsons Vergangenheit oder Pläne gleich mehrmals nur leicht umformuliert heruntergerattert. Selbst dann, wenn „Ice Age – Die Abenteuer von Buck Wild“ nicht auf der Stelle trampelt, geraten die reinen Dialogsequenzen zäh: Zwar weisen sie öfter den Duktus eines Witzes auf, doch die Pointe bleibt aus oder aber sie ist so schwach, dass ihr ebenfalls das Aussterben droht.

    Ein gezähmtes Wiesel

    Dass der zum Titelheld beförderte Buck Wild in der neuen Rollen zu allem Überfluss charakterlich eher wie ein stark gezügelter Doppelgänger seiner selbst anmutet, statt wie der ruhelose Abenteurer aus seinen früheren Auftritten, dürfte da wohl niemanden mehr überraschen: „Ice Age – Die Abenteuer von Buck Wild“ ist durch und durch das Streaming-Ära-Pendant zu einer Cashgrab-Videopremiere. Eine zusätzliche Content-Kachel für einen Streamingdienst, die mit einem bekannten Titel lockt, aber selbst nicht viel zu bieten hat.

    Schon der fünfte „Ice Age“-Kinofilm wäre ein enttäuschender Franchise-Abschluss gewesen – doch sollte „Ice Age“ mit diesem Streaming-Original sein Ende finden, wäre das ein extrem unrühmlicher Abgesang auf eine zu Recht extrem beliebte Filmreihe. Aber was wäre die Alternative? Auf einen siebten Film zu hoffen, der noch mal das Ruder rumreißt, scheint derzeit genauso aussichtslos wie Scrats ewiger Versuch, an eine Eichelnuss zu gelangen.

    Fazit: Mit einer drögen Optik, zähen Dialogen und einer verschwindend geringen Dosis an gelungenem Cartoon-Slapstick ist „Ice Age – Die Abenteuer von Buck Wild“ ein trauriger Tiefpunkt in der populären Animationsfilm-Reihe.

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