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    Und dann kam Dad
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Und dann kam Dad

    Mein Vater, meine Freundin und ihre Familie

    Von Sidney Schering

    Obwohl Robert De Niro in diversen Gangsterfilm-Klassikern wie „GoodFellas“ glänzte, darf man keinesfalls übersehen: Er hat einige seiner größten Erfolge im Komödienfach gefeiert! Mit 3,2 und 3,1 Millionen verkauften Eintrittskarten sind beispielsweise „Meine Braut, ihr Vater und ich“ und „Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich“ in Deutschland doppelt so erfolgreich wie „Der Pate II“, für den De Niro seinen ersten Oscar gewann.

    „Und dann kam Dad“ schlägt in die Kerbe, in die zuvor die populären Familienkomödien geschlagen haben – mit leichten Abwandlungen: Statt der Hassliebe zwischen einem Mann und seinem Schwiegervater stehen die Grabenkriege zwischen Wohlhabenden und der italo-amerikanischen Arbeiterklasse im Mittelpunkt. Das gibt De Niro unter der Regie von Laura Terruso die Möglichkeit, erneut gegen seine legendären Mafia-Rollen anzuspielen. Vor allem ist es aber ein auf Spielfilmlänge gedehnter Werbespot für die Stand-up-Programme von Hauptdarsteller und Co-Autor Sebastian Maniscalco.

    Sebastian Maniscalco und Robert De Niro sind die Stärke des Films.

    Sebastian (Sebastian Maniscalco) wird erstmals von der ebenso reichen wie exzentrischen Familie seiner Freundin Ellie (Leslie Bibb) zu einem gemeinsamen Wochenende eingeladen. Und das ausgerechnet am Wochenende rund um den 4. Juli – den Lieblings-Feiertag seines kürzlich verwitweten Vaters! Die Lösung des Dilemmas: Der traditionsbewusste, etwas grantige Salvo (Robert De Niro) kommt einfach mit! Dadurch tauscht Sebastian allerdings einen Terminkonflikt gegen ein Prinzipienproblem.

    Denn Salvo ist ein altmodischer, bescheidener Immigrant aus Italien, der stolz darauf ist, sich seinen Status durch emsige Arbeit als Hairstylist verdient zu haben. Ellies Familie dagegen suhlt sich seit Generationen im Wohlstand. Zwistigkeiten und Chaos sind da vorprogrammiert, also liegt es an Sebastian, seinen Vater, seine Traumfrau und seine Schwiegereltern in spe zu einer großen famiglia zu vereinen!

    Netflix-Stand-Up nun als Kinofilm

    Sebastian Maniscalco, der das Drehbuch zu „Und dann kam Dad“ gemeinsam mit Serienautor Austen Earl („Happy Together“) verfasst hat, trat bereits in einem De-Niro-Vehikel auf: Als kleiner Gangster in Martin Scorseses Netflix-Mammutprojekt „The Irishman“. Vornehmlich ist Maniscalco allerdings als Comedian bekannt. In seinen Stand-up-Specials teilt er Familienanekdoten, die er als Sohn eines italienischen Immigranten angehäuft hat, und macht sich aus der Perspektive der Arbeiterklasse über (reiche) Exzentriker lustig. Sein Debüt-Drehbuch „Und dann kam Dad“ lässt sich zweifelsfrei als Weiterführung dessen beschreiben, oder wahlweise als Versuch, im Kino nach neuem Publikum für seine Netflix-Programme zu fischen.

    Obwohl die Culture-Clash-Familienkomödie alles in allem eher eine Schlappe darstellt, könnte diese Rechnung tatsächlich aufgehen. Denn wiederholt kann Maniscalco im Film seine Stand-up-Erfahrung unter Beweis stellen. Da gibt es etwa einen pointenreichen Eröffnungsmonolog darüber, wie streng, aber integer sein Vater ihn erzogen hat, woran er wohlig zurückdenkt – abgesehen davon, dass ihm Papas Knauserigkeit beispielsweise ein Weihnachten mit mies selbstgebastelten Geschenken bescherte.

    Sohn und Vater zanken sich regelmäßig.

    Auch wenn Maniscalco darüber herzieht, dass Ellies immigrierte Vorfahren Ansehen als wahre Amerikaner genießen, während auf italo-amerikanische Familien herabgeblickt wird, vereint er gekonnt beiläufigen Gesellschaftskommentar mit spritzigen Wortspielen und Popkulturreferenzen. Neben solchen Comedymonolog-Passagen funktionieren auch Sequenzen, die wie zum gespielten Sketch umgebaute Stand-up-Routinen anmuten. Sei es, dass Vater und Sohn vorm Schlafengehen im Gästezimmer ungläubig über die protzige, von Ellies Familie als bescheiden behauptete Einrichtung herziehen. Oder dass Salvo partout nicht das Konzept einer Speisekarte begreift, auf der keine Preise abgedruckt sind.

    Doch wann immer der Versuch unternommen wird, diese Nähe zu Stand-up-Comedy hinter sich zu lassen, geht sämtlicher charmant-bodenständiger Witz verloren: Die meisten Missverständnisse zwischen den beiden Familien werden als überlange, ziellose Fremdscham- und Situationskomik erzählt, die irgendwann abrupt, völlig unmotiviert endet. Sei es chaotisches Gekeife im Helikopter, weil Uneinigkeit darüber herrscht, wie man Sebastians plötzliche Flugangst beheben könnte. Oder ein groß aufgebauschter, inkonsequenter Streit über Salvo, der bei einem Notfall-Einsatz als Stylist sämtliche Wünsche von Ellies Mutter (Kim Cattrall) ignoriert.

    Die anderen Figuren sind einfach egal

    Diese Konsequenzlosigkeit zieht sich durch weite Teile des Films: Figuren wechseln Persönlichkeitsmerkmale und Konflikte oder werden ohne Auflösung vergessen, sodass sie austauschbar sind und ihre charakterlichen Entwicklungen gleichgültig werden. Das wiederum nimmt einigen komödiantischen Passagen den Zunder, da Racheakte und Missverständnisse keine Grundlage haben, aus der sie gewitzte Wendungen ziehen könnten. Ebenso bleiben die geradlinig auf Gefühl ausgelegten Aussöhnungen belanglos, weil sie wie aus dem Ärmel geschüttelt wirken.

    So exzentrisch Ellies Familie auch auftritt, bleibt daher wenig Potential für Leslie Bibb, Kim Cattrall sowie David Rasche als ihr Vater wie auch Brett Dier und Anders Holm als ihr Brüder-Gespann, um so richtig aufzuspielen. Zumindest De Niro und Maniscalco entwickeln wenigstens eine sympathisch-amüsante Dynamik miteinander: Salvos und Sebastians Respekt füreinander ist so trotz der zwischen ihnen stehenden Verständnisprobleme ein nachvollziehbares Herz der Handlung.

    Ellie und ihre Familie bleiben einem ziemlich egal.

    Und wenn De Niro als knurriges, italo-amerikanisches Original mit Saubermannweste trotzdem immer wieder versehentlich rüber kommt, als sei er eine Figur aus einem Mafia-Film, finden die Filmschaffenden tatsächlich einen soliden Weg, um mit Klischees aufzuräumen und trotzdem den Fans legendärer De-Niro-Gangsterrollen Tribut zu zollen.

    Fazit: Wenn Stand-up-Komiker Sebastian Maniscalco voll in seinem Element ist und ein routinierter Robert De Niro seinen schroffen Charme präsentieren darf, ist „Und dann kam Dad“ kurzzeitig amüsant. Doch diese Stärken werden durch ziellose Familienkomödien-Konflikte und lieblos abgewickelte Randfiguren überschattet.

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