Bruce Willis traurige Abschiedstournee geht weiter
Von Lutz GranertAuch zu den härtesten Bruce-Willis-Fans sollte inzwischen durchgedrungen sein, dass seine bloße Anwesenheit längst kein Garant mehr für solide Genre-Ware ist. Der sehr rege Produzent Randall Emmett hat seit „The Prince - Only God Forgives“ von 2014 mehr als ein Dutzend Action-Thriller für den Direct-to-Video-Markt mit dem Namen Bruce Willis auf dem Filmplakat vermarktet, wobei sein Star meist nur für ein oder zwei Drehtage am Set vorbeigeschaut und seinen Part dort vermeintlich leidenschaftslos heruntergerissen hat. Inzwischen wissen wir natürlich, dass die vermeintliche Lustlosigkeit des Stars zu großen Teilen auch einfach mit seiner Aphasie-Erkrankung zusammenhing, die es ihm zunehmend unmöglich gemacht hat, sich mehr als nur ein oder zwei möglichst einfache Sätze auf einmal zu merken.
Aber aus Sicht der Produzenten geht es sogar noch effizienter und kostensparender, wie Willis jüngste Film-Trilogie um einen pensionierten CIA-Agenten in einem Senioren-Resort beweist: Im Mai 2021 wurden „Fortress – Stunde der Abrechnung“ und die Fortsetzung „Fortress 2: Sniper's Eye“ am Set in Puerto Rico am Stück gedreht. Der kurz darauf wegen seiner Erkrankung vom Schauspielberuf zurückgetretene Hollywoodstar lieferte dort für das Sequel ohnehin nur wenige Dialogszenen und noch weniger Actionsequenzen, bevor er im November 2021 noch einmal separat für die Dreharbeiten von „Fortress 3“ anreisen musste – und so kann man seinen bekannten Namen nun gleich dreifach prominent aufs Poster packen.
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Wer den Trailer vom Action-Thriller „Fortress 2: Sniper's Eye“ gesehen hat, erwartet in dem Sequel aber nicht nur die Star-Power von Bruce Willis, sondern auch eine gehörige Portion Pyrotechnik – schließlich geht das geheime Regierungsresort aus dem ersten Teil darin in Rauch auf. Leider wartet man auf derartige Feuersbrünste im fertigen Film, der weitestgehend genauso überraschungsfrei daherkommt wie der Vorgänger, dessen Story hier teilweise einfach noch mal aufgewärmt wird, allerdings vergebens. So reiht sich „Fortress 2: Sniper's Eye“ nahtlos in die von Emmett verbrochenen Willis-Filmgurken der letzten Jahre – von „Trauma Center“ bis „Hard Kill“ – ein.
Seitdem man weiß, warum Bruce Willis in seinen Filmen inzwischen so lustlos agiert, kann man nicht mal mehr ironisch Freude daran haben.
Zwei Wochen, nachdem der pensionierte CIA-Agent Robert Michaels (Bruce Willis) seinen ehemaligen Kollegen Balzary (Chad Michael Murray) in Notwehr tötete, befindet sich dessen vermeintliche Witwe Sasha (Natali Yura) in den Klauen russischer Terroristen. Robert kann sie zwar befreien, wird jedoch bei einem Schusswechsel in die Schulter getroffen. Wieder zwei Wochen später wohnt die scheinbar reumütige Sasha ebenfalls wie Robert, der seine Verletzung auskuriert, im geheimen Resort für Ex-CIA-Agenten. Doch es bleibt nur wenig Zeit zur Rehabilitation: Mit Hilfe von Sasha gelingt es dem putzmunteren und rachsüchtigen Balzary, ins Resort einzudringen...
Produzent Randall Emmett zeichnet gemeinsam mit Alan Horsnail und Schauspieler Emile Hirsch, der an der Seite von Bruce Willis zuletzt im lauen Thriller „Midnight In The Switchgrass“ zu sehen war, für das Skript der aufgeblasenen „Fortress“-Reihe verantwortlich. Im Mittelteil der Trilogie kämpfen sie aber nicht nur mit der offensichtlichen Substanzlosigkeit, sondern zudem auch noch mit zahlreichen Logiklöchern ihres Plots. Wie Balzary seine regelrechte Hinrichtung im ersten Teil überleben konnte und warum es Sasha und Robert im Prolog nach Russland verschlagen hat, bleibt ebenso hanebüchen konstruiert wie unklar. Das Resort verfügt zwar über – offensichtlich sehr leicht zu überwältigendes – Sicherheitspersonal, aber scheinbar kann trotz Geheimniskrämerei und Hightech-Überwachung sowieso jeder ein- und ausgehen wie er will. Anders ist es jedenfalls nicht zu erklären, dass neben Robert auch sein Sohn Paul (Jesse Metcalfe) und dessen Freundin Kate (Kelly Greyson), die spontan Besuch von ihrer ganzen Familie bekommt, im CIA-Resort residieren.
„Fortress 2: Sniper's Eye“ bietet viel nackte Haut, weil für anständige Action das Geld nicht gereicht hat.
„Fortress 2: Sniper's Eye“ kommt dabei so schwer in die Gänge wie der verwirrt dreinschauende Bruce Willis, der in der ersten halben Stunde nur kitschig-rätselhafte Dialogzeilen wie „See the look in your eyes. Reminds me of... your mother and me“ vom Krankenbett in unpassend modernistischem Ambiente säuselt. Die Belagerung durch die bösen Jungs sorgen im zweiten Drittel nur kurz für etwas Tempo, denn der Inszenierung von Regisseur Josh Sternfeld (er inszenierte zuletzt 2010 das Thriller-Drama „Meskada“) ist Emmetts Spardiktat deutlich anzumerken. Martialische Dialoge in abgedunkelten, unterkühlt ausgeleuchteten Räumen dominieren das Geschehen, Shoot-Outs und Prügeleien bleiben ohne wirkliche Choreografie kurz und lustlos – und werden vor allem ohne Bruce Willis bestritten, der stattdessen sinister durch die verwinkelten Gänge der Anlage schleicht.
Selbst eine Quad-Verfolgungsjagd durch den Wald endet trotz ihres Potenzials schon nach weniger als einer Minute wieder so schnell wie sie begann. Als ungleich preisgünstigerer, aber auch sexistischer Schauwert dient da schon die völlig unmotiviert in ultrakurzer Hose und bauchfrei herumlaufende Kelly Greyson („Out Of Death“). All das lässt neben gänzlich fehlendem Spannungsbogen nicht darauf hoffen, dass der dann irgendwann noch folgende Abschluss der Trilogie noch mal ein größerer Wurf für Bruce Willis werden könnte.
Fazit: Bruce Willis überlässt im Action-Thriller „Fortress 2: Sniper's Eye“ in den ohnehin nur sporadisch eingestreuten Actionszenen einmal mehr seinen Co-Stars das Feld. Der öde, inhaltlich gänzlich uninspirierte Mittelteil einer ärgerlich aufgeblasenen Film-Trilogie.
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