Egal ob Rot oder Weiß, Hauptsache charmant
Von Karin Jirsak„Woher kommt Champagner, Ihrer Meinung nach?“, fragt der Weinhändler den neuen Praktikanten. – „Saint-Tropez!“, antwortet der im Brustton der Überzeugung. Ja, Anfänger*innen sind irgendwie alle in dieser RomCom aus Frankreich, die voller Leichtigkeit beginnt, ab dem romantischen Wendepunkt dann aber ins etwas zu Melodramatische abgleitet und dabei an Fokus und Drive verliert. Nichtsdestotrotz machen Isabelle Carré und Bernard Campan, die schon im gleichnamigen Theaterstück von Ivan Calbérac zusammen auf der Bühne standen, das Beste aus den schweren Steinen, die das Drehbuch dieser „Weinprobe für Anfänger“ in den Weg legt. Als Joker fungiert dabei Neuentdeckung Mounir Amamra als kiffender Praktikant mit überraschenden Spezialfähigkeiten – übrigens eine Rolle, die Regisseur Calbérac („Frühstück bei Monsieur Henri“) eigens für die Kino-Verfilmung seines Stücks hinzudichtete.
Er kennt sich aus mit gutem Wein. Sie weiß immerhin, dass es ihn in Rot, Weiß und Rosé gibt. Als Hortense (Isabelle Carré) in das kleine Weingeschäft von Jacques (Bernard Campan) stolpert, können beide voneinander noch einiges lernen. Und nicht nur das: Zwischen der Hebamme und dem Weinhändler sprühen bald die Funken. Angestachelt von seinem scheinbar nichtsnutzigen Praktikanten Steve (Mounir Amamra), den ihm ein Resozialisierungsprogramm in den Laden gespült hat, schafft es Grummler Jacques, Hortense zu einer Weinprobe einzuladen. Ein rauschender Abend, der zu mehr führen könnte, wären da nicht die Geister der Vergangenheit, die sich mit einer gemeinsamen Zukunft anscheinend nicht vereinen lassen…
Ausgerechnet Weinhändler Jacques (Bernard Campan) hat ein Alkoholproblem – das macht das Verkosten mit den Kunden natürlich nicht unbedingt leichter.
Auf die Frage seines Arztes, wie es denn mit seinem Alkoholkonsum aussehe, lautet die Antwort von Jacques: „Ich trinke nur Spitzenweine.“ Top-Qualität hin oder her, der hohe Blutdruck hat ihm einen Breakdown beschert. Der „Genießer“ muss also sein Leben ändern und wird zur Therapie geschickt. So beginnt die „Weinprobe für Anfänger“ und wir merken auf: Ein zur Abstinenz verurteilter Weinhändler, dessen Geschäft kurz vor der Pleite steht – was für eine angenehm ungewöhnliche und dabei lebensechte Idee, um sie als Konfliktthema in den Mittelpunkt einer romantischen Komödie zu stellen, n'est-ce pas? Und wäre es nicht ein wirklich nachvollziehbares Problem gewesen, der Angebeteten irgendwie zum richtigen Zeitpunkt reinen Wein einschenken zu müssen, bevor sie es gar selbst herausfindet, dass man(n) da so eine Krankheit namens Alkoholismus hat und dienstagabends gar nicht zum Skat spielen, sondern zum AA-Meeting geht?
Wäre das gerade im französischen Kino nicht mal ein echtes Wagnis gewesen? – Anscheinend ein zu großes für Regisseur Ivan Calbérac. Nein, der Franzosen flüssig gewordenes savoir vivre kann und darf hier nicht zum Hauptproblem werden, und so wird Jacques' schon zum Frühstück beginnendes „Degustieren“ bereits bei der titelgebenden Weinprobe als Thema im Grunde ad acta gelegt. Dabei ist die Verkostung von Spitzenwein für einen werdenden trockenen Alkoholiker natürlich nicht die beste Sache, wie die Suchttherapeutin im Stuhlkreis zu bedenken gibt. Doch Calbérac lässt Jacques sein tückisches Argument, der Wein werde dabei ja nicht getrunken, sondern wieder ausgespuckt. Statt des Eingeständnisses der unbequemen Wahrheit, dass es irgendwie anders weitergehen muss mit dem Laden, bringt das Drehbuch nun lieber andere Probleme ins Spiel, die das anfangs federleichte Bouquet des Films unnötig beschweren.
Bei einer Weinprobe will Jacques seine Kundin Hortense (Isabelle Carré) nicht nur für sein Angebot, sondern auch für sich selbst begeistern.
Das von Hortense betrifft die Zukunft, das von Jacques die Vergangenheit. Beide haben absolut nichts mit Wein oder Nicht-Wein zu tun und riechen in ihrer Grobgeschnitztheit zu sehr nach Seifenoper, um emotional zu überzeugen. Bernard Campan, Mounir Amamra in seiner ersten Hauptrolle und Isabelle Carré, die zuletzt schon in „À la Carte! - Freiheit geht durch den Magen“ als Anfängerin der gehobenen Landhausküche bezauberte, versprühen zum Glück genug Charme, um die „Weinprobe für Anfänger“ dennoch ohne den Kater danach über die Ziellinie zu hieven.
Fazit: Überzeugt die Romanze im Aufblühstadium noch als leichtfüßige Annäherung nicht mehr ganz so junger Herzen in einer kleinen Stadt, gerinnt die Geschichte ab der titelgebenden Weinprobe zum Konstrukt. Vor allem dank toller Darsteller*innen bleibt „Weinprobe für Anfänger“ dennoch ein charmanter Spaß.