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    Zoolander
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Zoolander
    Von Christian Roman

    Models gelten allgemeinhin als eitel, dumm und über die Maßen selbstbezogen. In seiner dritten Regiearbeit persifliert Multitalent Ben Stiller die schrille New Yorker Modeszene und liefert mit „Zoolander" dabei eine zwar restlos sinnfreie aber gerade deshalb so ungemein spaßige Slapstick-Komödie.

    Derek Zoolander (Ben Stiller), männliches Supermodel, pardon Dressman, besticht durch seinen unverwechselbar maskulinen Blick und rechnet fest damit, zum vierten Mal in Folge den Award des „Male Model Of The Year" zu erhalten. Doch ausgerechnet sein größter Konkurrent, das Nachwuchstalent Hansel (Owen Wilson), hat diesmal die Nase vorn. Doch obwohl der lässige Hippie Hansel bei der Award-Show als Sieger verkündet wird, stolziert Zoolander, im festen Glauben erneut gewonnen zu haben, auf die Bühne und wird so zum Gespött der weltweiten Modegemeinde. In diesem Moment tiefer Scham begreift er, dass es im Leben um mehr geht als nur „wahnsinnig, wahnsinnig, wahnsinnig gut auszusehen" und hängt seine Model-Karriere an den Nagel. Zumindest vorerst. Denn der gerissene Modeschöpfer Jacobim Mugato (Will Ferrell) lockt ihn mit einer eigenen Mega-Kampagne. Dem naiven Zoolander bietet sich die vermeintlich günstige Gelegenheit, seinen Ruf wieder herzustellen. Doch Mugato hat andere Pläne: Zoolander soll einer Gehirnwäsche unterzogen und so zum Killer umgepolt werden, um bei einer Fashion-Show den malaiischen Premierminister zu eliminieren, der mit einem angestrebten Verbot von Kinderarbeit in seinem Land die internationale Modebranche gefährdet. Die Enthüllungsjournalistin Matilda Jeffries (Christine Taylor) ist Mugato jedoch schon dicht auf den Fersen...

    Ben Stiller führte bei „Zoolander" bereits zum dritten Mal Regie. Sein Spielfilm-Debüt Reality Bites aus dem Jahre 1994 wurde von Kritikern hoch gelobt und avancierte zum Kultfilm einer Generation. 1996 folgte dann „Cable Guy" mit Jim Carrey in der Hauptrolle, bevor im Dezember 2001 „Zoolander" in Deutschland startete. Stiller, der neben Regie auch für Drehbuch und Produktion verantwortlich war, hat mit der Figur des Derek Zoolander eine seiner früheren Rollen neu aufgelegt: Schon 1996 trat er bei den „VH 1 Fashion Awards" in Kurzfilmen als „Derek Zoolander Male Model" auf und nahm so die amerikanische Mode-Branche auf die Schippe. Verglichen mit den Einspielergebnissen späterer Box-Office-Hits wie Voll auf die Nüsse oder Meine Braut, ihr Vater und ich, in denen Stiller Hauptrollen übernahm, war „Zoolander" zwar kein Mega-Erfolg, machte aber bei 45 Millionen Dollar US-Einspiel zumindest einen kleinen Gewinn.

    Ein Problem, an dem ein Großteil moderner Komödien krankt, ist die vorhersehbare Handlung. Bereits nach wenigen Minuten weiß der Zuschauer meist, was ihn in den kommenden anderthalb Stunden erwartet. Anders verhält es sich bei „Zoolander". Dies liegt schlicht daran, dass die Geschichte um die zwei debilen Models Zoolander und Hansel so dermaßen absurd ausfällt, dass Storytwists kaum bis gar nicht berechenbar sind. Wenn sich Zoolanders Model-Kollegen und Mitbewohner zu den piepsigen Klängen von Whams „Wake me up, before you go go" an einer Tankstelle mit Benzin übergießen, einer von ihnen plötzlich eine Zigarette anzündet und allesamt ins Jenseits befördert, erreicht „Zoolander" einen seiner bizarren Höhepunkte. Ob man derart abstruse Handlungsweisen komisch findet, ist sicherlich reine Geschmackssache. Die Stärke des Films liegt aber auch gar nicht in seiner Geschichte. Vielmehr gelingt es Stiller, ein schrilles Bild der Modemetropole New York zu (über-)zeichnen, das jegliche Klischees aufs Korn nimmt: Selbstherrliche und lachhaft einfältige Dressmen, exzentrische Modezare und ihre tuntigen Assistenten, restlos durchgestylte Maisonettes, deren Wände mit Selbstporträts tapeziert sind, und bornierte Statussymbole wie Zoolanders daumenkleines Mobiltelefon bestimmen die bonbonbunt affektierte Szenerie.

    Seinen unverwechselbar albernen Witz verdankt „Zoolander" in erster Linie seinem hervorragenden Cast. Den reservierten Einsatz von Mimik und Gestik, der in genrefremden Produktionen häufig honoriert wird, haben Ben Stiller (Nachts im Museum, Nach 7 Tagen – Ausgeflittert), Owen Wilson (Ein Mann für alle Unfälle, Die Hochzeits-Crasher) und Will Ferrell (Old School, Die Eisprinzen) völlig über Bord geworfen. Ben Stiller, der als Derek Zoolander für seinen unverwechselbaren Blick „Blue Steel" (beziehungsweise „Ferrari", „LeTigre" oder „Magnum" – sie sehen alle gleich aus) berüchtigt ist, lässt es sich nicht nehmen, diesen die Gesamtlaufzeit von 90 Minuten ohne nennenswerte Unterbrechung zu präsentieren. Seine „dezent" gespitzten Lippen und sein theatralisch weinerlicher Gesichtsausdruck sind der Running-Gag des Films. Dagegen wirkt Owen Wilson schon beinahe zurückhaltend. Dennoch füllt er die Rolle des durchgeknallten, LSD-konsumierenden Spät-Hippie, der sich gern in Röcke kleidet, perfekt aus. Zur Höchstform läuft Will Ferrell auf: Als exzentrischer Modemogul Mugato mit blonder Dauerwelle und engem Stützkorsett scheint er einem Narrenkäfig entsprungen zu sein. Christine Taylor (Lizenz zum Heiraten, im wahren Leben Stillers Ehefrau, sorgt als Journalistin Matilde nur für wenige Lacher, ihre Rolle ist stattdessen auf den charmanten, intelligenten Gegenpart zu den dümmlichen Models begrenzt. Ein Highlight sind auch die Cameo-Auftritte zahlreicher Schauspieler, Models und Musiker: David Bowie als Schiedsrichter im Laufsteg-Duell, Jerry Stiller („King Of Queens"), der einen Modeschöpfer mit Prostataproblemen gibt, ein glatzköpfiger Billy Zane, Winona Ryder, Lenny Kravitz und viele, viele mehr geben sich die Ehre. Für ein Wiedersehen der besondern Art sorgt der Gastauftritt von David „Fox Mulder" Duchovny ( Akte X - Der Film), der - wie sollte es auch anders sein - den paranoiden Konspirationstheoretiker J.P. Prewitt mimt. So erweckt „Zoolander" den Eindruck, als habe Ben Stiller hier weniger Arbeitskollegen als vielmehr persönliche Freunde versammelt, um eine gänzlich auf Zuschauerzahlen pfeifende Klamaukkiste zu inszenieren.

    Fazit: „Zoolander" spaltet sein Pubilikum in zwei Lager: Die einen verlassen angesichts der sinnfreien Dialoge und der exorbitant-maßlos inszenierten Modewelt kopfschüttelnd das Kino. Den anderen wachsen die naiven Model-Idioten Ben Stiller und Owen Wilson ans Herz: Sie genießen diesen Eskapismus in Reinkultur. „Zoolander" wartet mit einer selten irrsinnigen Geschichte mit einer hohen Lacherdichte auf und liefert nebenbei auch noch eine wunderbar alberne und affektierte Persiflage der Modeszene.

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