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    Das Nonnenrennen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Das Nonnenrennen

    Gottesdienerinnen im Wettkampffieber

    Von Oliver Kube

    Mit Filmen wie „The Nun“, „The Devil’s Light“, „Agnes“ oder Paul Verhoevens „Benedetta“ hat das Kino in den vergangenen Jahren eher keine Werbung dafür gemacht, als Ordensschwester den Weg ins Kloster anzutreten. „Das Nonnenrennen“ von „Der kleine Nick“-Regisseur Laurent Tirard hinterlässt da schon einen positiveren Eindruck: Die mit launigem Wortwitz und Slapstick, aber auch melancholischen Momenten aufwartende Komödie präsentiert die Gottesdienerinnen nämlich von einer deutlich leichteren Art.

    Die unterschiedlichen Macken der Frauen unterm Habit lassen – selbst wenn hier nicht gesungen wird – gelegentlich an „Sister Act“ denken. Viel mehr erinnert das ebenso forsche wie naive Auftreten der Ordensmitglieder jedoch an eine Kultfigur aus den 1960ern und 1970ern: die von France Rumily einst so großartig verkörperte Schwester Clotilde aus den „Der Gendarm von St. Tropez“-Filmen mit Louis de Funès. Statt in einem klapprigen Citroën 2CV wird hier allerdings auf rostigen Drahteseln durch den provinziellen Süden Frankreichs gebrettert.

    Dass es um einen guten Zweck geht, heißt nicht, dass die Nonnen nicht mit vollem Ehrgeiz zur Sache gehen würden – ganz im Gegenteil!

    Die etwas eigenwillige Mutter Oberin Véronique (Valérie Bonneton) steht einem kleinen Konvent am Fuße des Jura-Gebirges vor. Neben ihr leben nur noch drei weitere, kaum weniger exzentrische Benediktinerinnen in dem heruntergekommenen Klosterbau: Ex-Bikerin Augustine (Camille Chamoux), die frühere Schönheitskönigin Béatrice (Guilaine Londez) und die greise Bernadette (Claire Nadeau). Dazu kommt noch ihre blutjunge, sich reichlich unbeholfen anstellende Praktikantin Gwendoline (Louise Malek).

    Die Nonnen sind vom Zustand des örtlichen Altersheims entsetzt und wollen helfen, dieses wieder auf Vordermann zu bringen. Der Abt (Jean-Michel Lahmi) erklärt ihnen jedoch, dass sie das dafür benötigte Geld selbst auftreiben müssten. Da entdecken die Damen, dass bei einem lokalen Radrennen 25.000 Euro als Preisgeld ausgeschrieben sind. Zum Glück finden sie im Schuppen ihres Klosters ein paar alte Räder. Jetzt müssen sie nur noch lernen, schnell genug damit zu fahren. Oder sie greifen stattdessen zu anderen, vielleicht nicht komplett christlichen Methoden, um irgendwie die Konkurrenz auszuschalten…

    Altmodisch, aber kurzweilig

    Um es gleich vorwegzunehmen: Die Story von „Das Nonnenrennen“ ist kein großer Wurf. Die ist nämlich extrem simpel und deshalb auch schnell durchschaut – inklusive des Ausgangs des titelgebenden Radrennens. Was den Film rettet und zu einem über weite Strecken kurzweiligen Zeitvertreib macht, sind die vielen witzigen oder berührenden kleinen Momente. Diese werden auf erfrischend geradlinige und dankenswerterweise ohne Toilettenhumor auskommende Art präsentiert. Schon allein die pfiffig-frechen Kommentare, die eine der Schwestern wegen eines Schweigegelübdes auf eine kleine Tafel kritzelt, treffen immer wieder ins Schwarze.

    In Bezug auf die Figuren zahlt es sich aus, dass Regisseur Tirard beim Casting der Rollen statt auf weltbekannte Stars lieber auf eine stimmige Gruppendynamik gesetzt hat. Valérie Bonneton („Eyjafjallajökull - Der unaussprechliche Vulkanfilm“) ist großartig als „Chefin“ der schrägen Truppe, die – das kommt glaubhaft rüber – mehr als nur ein bisschen frustriert darüber ist, dass sie ihren Job am wenig glamourösen Ende der Welt verrichten muss. Trotzdem übt sie diesen mit Engagement aus und will Gutes tun, auch wenn ihre Motive nicht immer gänzlich uneigennützig sind, wie sich bald herausstellt.

    Mutter Oberin Véronique (Valérie Bonneton) freut sich über die Chance, doch noch das Geld fürs Altersheim zusammenzubekommen.

    Einige der Gags sind ziemlich offensichtlich und lassen den Film deshalb zeitweilig etwas altmodisch wirken – zum Beispiel, wenn die Schwestern ihre Mitbewerber, einen lokalen Amateur-Radsportclub, auf unkonventionelle Weise ausschalten. Das alles wird aber von der Besetzung mit so viel augenzwinkerndem Verve vermittelt, dass man trotzdem lacht. Cleverer sind da schon die individuellen Flashbacks, die zeigen, wie die Nonnen jeweils zu ihrer Berufung gefunden haben. Dazu kommen eine an die „Rocky“-Filme angelehnte Trainings-Montage und ein spaßiges Fantasie-Segment mit dem Papst im Petersdom.

    Richtiger Schwung kommt in die Angelegenheit, als sich die Nonnen bereits am Ziel wähnen, weil sie glauben, dass außer ihnen niemand mehr an dem Rennen teilnimmt. Denn just in diesem Moment taucht Mutter Oberin Joséphine (herrlich arrogant und herablassend: Sidse Babett Knudsen aus „Westworld“) auf. Véroniques Erzrivalin aus der Klosterschule will ebenfalls das Preisgeld gewinnen, um damit ihr eigenes Charity-Projekt zu unterstützen. Und sie hat dummerweise keinen schrägen Haufen unsportlicher, teilweise schon reichlich in die Jahre gekommener Damen hinter sich, sondern vier durchtrainierte und auf zwei Rädern offenbar mächtig talentierte Novizinnen.

    Der Zweck heiligt die Mittel

    Nachdem zunächst noch die auf ihre stoffelige Art rührende Praktikantin Gwendoline im Fokus der Handlung stand, übernehmen nach Ankunft der zweiten Nonnentruppe die Mütter Oberinnen das Scheinwerferlicht. Der fast schon kindisch anmutende Konkurrenzkampf der beiden Mittfünfzigerinnen ist deutlich flotter inszeniert als die etwas mäandernde erste Hälfte. Zudem zeigt er mittels pointierter Situationskomik, dass die in einer Art abgeschlossenem Mikrokosmos lebenden Gottesdiener*innen letztlich keine Heiligen, sondern ebenfalls nur Menschen sind, die sich auch schon mal von negativen Emotionen wie Neid, Missgunst oder Enttäuschung leiten lassen.

    Fazit: Kaum Story, dafür launig-kurzweilige Situationskomik, die mit ihrer sympathisch harmlosen Art wie gemacht ist für einen netten Sonntagnachmittag im Kino oder vor dem Fernseher.

     

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