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    Demonic
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Demonic

    Nur lahmer Grusel statt "Alien 5" oder "District 10"

    Von Oliver Kube

    Als Neill Blomkamp 2009, protegiert von „Herr der Ringe“-Mastermind Peter Jackson, mit dem brillant-dreckigen Sci-Fi-Kracher „District 9“ debütierte, glaubten viele Filmfans (inklusive uns) fest daran, dass der südafrikanische Newcomer definitiv das Zeug zum kommenden Regie-Superstar hätte. In den Folgejahren machte Blomkamp dann allerdings mehr durch jene Projekte von sich reden, für die er zwar vorgesehen war, die dann aber doch nicht realisiert wurden (darunter „Halo“, „District 10“, „Alien 5“, „The Gone World“ & „RoboCop Returns“). Tatsächlich zustandegekomen sind hingegen nur das zwar toll aussehende, aber arg formelhafte Großprojekt „Elysium“ sowie das amüsant-überdrehte, aber dabei wenig fesselnde „Nr. 5 lebt“-Update „Chappie“.

    Mitten in der COVID-19-Pandemie inszenierte Blomkamp nun überraschend den Horror-Reißer „Demonic“. Von ihm selbst geschrieben und produziert, kam er beim Dreh in seiner neuen Wahlheimat Kanada mit einem im Vergleich zu seinen Sci-Fi-Werken lächerlich kleinen Budget aus. Aber wer nun hofft, dass ihn die Beschränkungen einer waschechten Indie-Produktion womöglich zu neuen Höhenflügen anstacheln könnten, der wird leider enttäuscht. „Demonic“ ist trotz einer zwar teilweise durchaus kreativen, aber am Ende auch ein wenig nervigen visuellen Gestaltung der bisher schwächste Film und damit ein weiterer Abstieg in Blomkamps doch enttäuschender Post-„District 9“-Karriere.

    Angela (Nathalie Boltt) hat 21 Menschen getötet, bevor sie ins Koma gefallen ist.

    Carly Spencer (Carly Pope) führt inzwischen ein abgesehen von regelmäßigen Albträumen relativ stressfreies Leben. Dass liegt auch daran, dass sie bereits vor Jahren aus ihrer Heimat fortgezogen ist und – mit Ausnahme ihrer besten Freundin Sam (Kandyse McClure) – den Kontakt zu sämtlichen Personen aus ihrer Vergangenheit abgebrochen hat. Das hat auch seinen guten Grund: Carlys Mutter Angela (Nathalie Boltt) wurde damals nämlich wegen 21-fachen (!) Mordes zu lebenslanger Haft in einem Hochsicherheitsgefängnis verurteilt. Aber dann meldet sich plötzlich die mit der Regierung kooperierende Firma Therapol.

    Carly wird gebeten, in das Hauptquartier des High-Tech-Pharmakonzerns zu kommen, um über die weitere Behandlung ihrer Mutter zu sprechen. Dort erfährt die junge Frau, dass Angela inzwischen offenbar im Koma liegt. Mit Hilfe experimenteller Technik könne man aber einen ihr vertrauten Menschen in den noch immer hochaktiven Verstand der Patientin „einloggen“, um mit ihr zu kommunizieren. Dieser Vorgang würde via 3D-Simulation von Ärzten überwacht werden. Widerwillig stimmt die Tochter zu – nicht ahnend, was sie im Unterbewusstsein ihrer Mutter Schreckliches erwartet…

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    Für die visuelle Umsetzung der 3D-Simulation, in die die Protagonistin eintaucht, haben sich Regisseur Neill Blomkamp und sein Chef-Kameramann Byron Kopman („Volition“) tatsächlich einiges einfallen lassen. Dank der sogenannten Volumetric-Capture-Technik, die auch schon in der TV-Serie „Westworld“ zum Einsatz kam, sieht das Video-Material mit seinen absichtlich eingebauten Pixelfehlern sowie exzessiver Klötzchenbildung wirklich aus wie ein schlecht gerendertes Amateur-Videospiel. Das geht durchaus als eine noch in der Entwicklungs- bzw. Experimentierphase befindliche Anwendung durch. Aber während „Demonic“ so in Sachen Authentizität punktet, sind die doch sehr langen 3D-Simulations-Sequenzen auf Dauer trotzdem ganz schön anstrengend anzuschauen.

    Das Hauptproblem von „Demonic“ ist aber nicht die Optik. Es ist auch nicht das spürbar knappe Budget, das offenbar nur für adäquat agierende TV-Akteur*innen aus der zweiten bis dritten Reihe und ein scheinbar nur leicht modifiziertes Halloween-Kostüm für den Auftritt des titelgebenden Dämons ausreichte. Es ist stattdessen das diesmal von Blomkamp erstmals im Alleingang – nicht wie bei „District 9“ und „Chappie“ in Zusammenarbeit mit seiner Ehefrau Terri Tatchell – verfasste Drehbuch: Die Figuren sind dermaßen eindimensional gezeichnet, dass uns ihr Schicksal herzlich egal ist. Außerdem ist die potenziell grandiose Prämisse (= „The Cell“ trifft „Dreamscape“ trifft „The Sims“ trifft „Der Exorzist“) einfach viel zu schwach ausgearbeitet, bevor sie am Ende eh völlig in ausgelutschte Horror-Klischees abdriftet.

    Im Verstand ihrer Mutter macht Carly Spencer (Carly Pope) mehr als nur eine fürchterliche Entdeckung.

    Die Geschichte hätte selbst mit besseren Charakteren wohl gerade einmal für eine maximal einstündige Episode von „Black Mirror“ oder „The Outer Limits“ ausgereicht. Dass es im Mittelteil immer mehr inhaltlichen Leerlauf und Wiederholungen gibt, muss Blomkamp dann irgendwann selbst realisiert haben – und so fügt er nun im letzten Drittel plötzlich diverse neue, scheinbar aus dem Nichts kommende Verwicklungen ein, die dem Ganzen wohl auf der Zielgeraden noch etwas mehr Substanz verleihen sollten. Diese halbgaren beziehungsweise an den Haaren herbeigezogenen Elemente ergeben aber entweder von Beginn an keinen Sinn oder verlaufen sich im gefühlt endlos andauernden Finale dann auch schnell wieder im Sande.

    Man fragt sich unwillkürlich, was das Alles jetzt eigentlich sollte. Hat hier wirklich derselbe Mann auf dem Regiestuhl gesessen, der Sci-Fi-Fans rund um den Planeten damals mit seinem Debüt in Ekstase versetzte? Der vielschichtige „District 9“ lieferte nämlich noch jede Menge Futter für ewig lange Diskussionen und Gedankenspiele. „Demonic“ ist hingegen nicht einmal richtig gruselig und ein tieferer Sinn oder eine Art Pointe sind ebenfalls nicht zu erkennen. Der hierzulande zu Recht gar nicht erst in den Kinos gestartete Dämonen-Reißer ist so platt, generisch und am Ende hoffnungslos verwurschtelt, dass er schon vergessen sein dürfte, bevor überhaupt die letzten Credits über den Bildschirm geflimmert sind.

    Fazit: Der „District 9“-Macher enttäuscht mit einem Dämonen-Horror ohne echten Gruseleffekt, der einige interessante visuelle Ansätze schnell wieder mit einem vermurksten Drehbuch und langweiligen Charakteren zunichtemacht.

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