Ein Glücksfall ist in diesem Film vor allem die Besetzung
Von Christoph PetersenNach ihrem gemeinsamen Durchbruch mit „Bube, Dame, König, grAs“ sowie „Snatch – Schweine und Diamanten“, „Revolver“ und „Cash Truck“ ist „Operation Fortune“ nun bereits die fünfte Zusammenarbeit von Guy Ritchie und Jason Statham. Trotzdem ist nicht alles wie immer: Nicht nur ist die Action-Komödie der erste Film des Duos, in dem der ehemalige Turmsprung-Profisportler Statham („The Expendables 4“) keinen (Klein-)Gangster verkörpert …
… auch hält sich Guy Ritchie mit seinen üblichen inszenatorischen Kabinettstückchen diesmal weitestgehend zurück. Das Ergebnis ist ein Agenten-Vergnügen der alten Schule, das vor allem von seinem hervorragend aufgelegten Cast profitiert, wobei der ansteckend-spielfreudige Hugh Grant in seiner dritten Ritchie-Kollaboration nach „Codename U.N.C.L.E.“ und „The Gentlemen“ noch einmal ganz besonders heraussticht. Das Drehbuch von Ritchie und seinen Stamm-Co-Autoren Ivan Atkinson und Marn Davies hätte unterdessen ruhig noch ein wenig cleverer sein dürfen.
Orson Fortune (Jason Statham) und sein Team (Aubrey Plaza, Bugzy Malone) kommen immer dann zum Einsatz, wenn es gar nicht anders mehr geht.
Orson Fortune (Jason Statham) ist der Mann, an den sich die britische Regierung wendet, wenn es gar nicht anders mehr geht – und dass sein Kontaktmann Nathan Jasmine (Cary Elwes) so selten wie möglich auf den Top-Agenten zurückgreift, hat auch einen guten Grund. Dieser ist nämlich extrem anspruchsvoll: Wegen seiner Klaustrophobie reißt Orson ausschließlich in geräumigen Privatjets, in denen wegen seiner „medizinischen Bedürfnisse“ zudem nur die allerbesten Jahrgangsweine serviert werden dürfen. Von seinem Honorar mal ganz zu schweigen – und nach jeder Mission ist auch noch ein ausgiebiger Luxusurlaub in einem der besten 5-Sterne-Hotels zur Erholung fällig.
Trotzdem bleibt diesmal einfach keine andere Wahl, als Orson und sein Team anzuheuern: Bei einem Überfall auf ein ukrainisches Forschungszentrum wurde etwas entwendet, dass nun für zehn Milliarden Dollar verkauft werden soll – aber der Geheimdienst weiß nicht, um was es sich dabei handelt, wer es anbietet und wer dafür mitbietet. Die einzige Chance, an diese Infos zu gelangen, ist der superreiche Schwarzmarkthändler Greg Simmonds (Hugh Grant) – doch an den heranzukommen, ist alles andere als leicht. Zum Glück ist Simmonds aber riesiger Fan des Hollywood-Stars Danny Franscesco (Josh Hartnett) – und so wird dieser kurzerhand von Orson erpresst, um in dieser vertrackten Spionage-Geschichte die Rolle seines Lebens zu spielen…
„Operation Fortune“ ist einer dieser Filme, von denen es immer heißt, dass es sie in Zukunft kaum oder gar nicht mehr geben wird: Ein Originalstoff mit einem Budget, das zwar schon sehr anständig ist, aber eben auch noch längst keine neunstelligen Blockbuster-Dimensionen erreicht. So bleibt dem Film die Freiheit, seine Figuren und Schauspieler*innen einfach mal machen zu lassen, ohne ständig zwanghaft eine ausufernde Actionsequenz an die nächste reihen zu müssen. Es ist eine Freiheit, die vor allem Josh Hartnett („Lucky # Slevin“), Aubrey Plaza („Emily The Criminal“) und eben Hugh Grant für sich zu nutzen wissen, während sich Jason Statham diesmal fast schon ein wenig zurückhält. Der Ex-Profi-Wasserspringer steuert hier und da mal die nötige Handkanten-Härte, verlässt sich ansonsten aber ganz auf sein raues Charisma als straight man der Truppe.
Aubrey Plaza macht dabei das, was sie am besten kann – nämlich die auf ihre unvergleichlich trockene Art die schmutzigsten Anzüglichkeiten raushauen, ohne dabei auch nur mit der Wimper zu zucken. Wir haben „Operation Fortune“ bisher nur im englischen Original gesehen und sind deshalb schon sehr gespannt, wie ihr end-obszöner Stehgreif-Kommentar zum Begriff Cocktail Master wohl ins Deutsche übersetzt werden wird: „Like me. But without the ‚tail‘.“ Hugh Grant verkörpert unterdessen die sonnengebräunt-schmierige Version eines Bösewicht-Milliardärs – und erspielt sich dennoch alle Sympathien des Publikums. Die Bromance zwischen ihm und Josh Hartnett ist mindestens so herzerwärmend-schräg wie die zwischen Nicolas Cage und Pedro Pascal in „Massive Talent“ – und der Move, den er im explosiven Finale abzieht, ist einfach pure Klasse. Kein Wunder, dass Danny Franscesco den Dialog in seinem nächsten Hollywoodfilm eins-zu-eins übernimmt – noch cooler geht schließlich kaum.
Danny Franscesco (Josh Hartnett) wehrt sich zunächst noch, in die Sache hineingezogen zu werden – steigert sich dann aber doch immer mehr in die Mission hinein…
Mit wenigen Ausnahmen ist „Operation Fortune“ einer der am geradlinigst inszenierten Filme von Guy Ritchie – fast ganz ohne die postmodernen Spielereien, wie wir sie nicht nur aus seinen frühen britischen Gangster-Kultfilmen, sondern auch aus Blockbustern wie „Sherlock Holmes“ oder „King Arthur: Legend Of The Sword“ von ihm gewöhnt sind. Nur einmal, als Orson bei einem Gangsterboss in die schwer bewachte Villa einbricht, gibt es dann doch noch so ein (in diesem Fall unnötiges) Sperenzchen: Nach einer sehr plötzlichen Schwarzblende erfahren wir erst in der Rückschau, wie Orson mit den Wache stehenden Sicherheitsleuten umgegangen ist – nur führt diese Erzählweise natürlich zu einer erhöhten Erwartungshaltung an den Spektakelgehalt der Auflösung, die der Film dann aber nicht erfüllen kann. Sowieso ist hier in Sachen Action- und Spannungsszenen alles sehr zweckdienlich – nichts, was ewig im Gedächtnis bleiben wird, aber im Moment stets kurzweilig und unterhaltsam.
Etwas weniger gradlinig (beziehungsweise vorhersehbar) hätte unterdessen gerne der Plot sein dürfen. Wenn Orson und sein Team zu Beginn an einem Flughafen einen Koffer-Kurier abfangen müssen, werden sie davon überrascht, dass offensichtlich noch ein zweites Agenten-Team vor Ort ist – und wenn man dann noch in Betracht zieht, dass der Original-Untertitel „Ruse De Guerre“ soviel wie „Kriegslist“ bedeutet, würde man da doch eigentlich erwarten, dass „Operation Fortune“ eines dieser wendungsreichen Spionage-Thriller-Lustspiele wird, bei dem sich am Ende alle gegenseitig mit großer Freude und noch größerer Finesse übers Ohr hauen. Aber genau so ein Film ist „Operation Fortune“ gar nichts – stattdessen haben sich Guy Ritchie und seine Mitstreiter auch beim Schreiben des Skripts mit einer gewissen Zweckdienlichkeit zufriedengegeben.
Fazit: Vor ein paar Jahren hätte man noch gesagt, dass „Operation Fortune“ gelungene Kinounterhaltung, aber darüber hinaus nichts Besonderes ist. Nur sind genau solche Filme eben inzwischen doch etwas Besonderes, ja fast schon vom Aussterben bedroht – und das wäre doch sehr schade, wenn man sieht, wie viel Spaß der Cast selbst hat und seinem Publikum damit im selben Moment bereitet. Im besten Sinne Old School eben.