Kindgerechter Gruselspaß mit ausgetauschtem Hauptdarsteller
Von Jörg Brandes2020 erlebte Kinderbuch-Held Max mit „Max und die Wilde 7“ sein erstes Leinwandabenteuer. Nachdem es den Grundschüler in die Edel-Seniorenresidenz Burg Geroldseck verschlagen hatte, in der seine alleinerziehende Mutter eine Stelle als Pflegekraft fand, freundete er sich mit der Schauspieldiva Vera, dem Ex-Fußballtrainer Horst und dem emeritierten Professor Kilian an. Das betagte Trio ist auch als titelgebende „Wilde 7“ bekannt, benannt nach ihrer Tischnummer im Heim. Gemeinsam klärten sie im ersten Teil eine Serie von Diebstählen auf der Burg auf. Inzwischen sind allerdings vier Jahre ins Land gegangen, was bei Kinderfilmreihen eine extrem lange Zeit ist (normalerweise wird versucht, möglichst in der Ferienzeit eine Fortsetzung pro Jahr unterzubringen).
Die lange Pause bedeutet auch, dass die Kinderdarsteller aus dem ersten Teil ihren Rollen längst entwachsen sind, weshalb die entsprechenden Parts in „Max und die Wilde 7: Die Geister-Oma“ neu besetzt werden mussten. Die Altstars sind hingegen wieder mit an Bord: Neben Uschi Glas als gern selbstironisch auf ihre (tatsächliche) Schauspielkarriere verweisende Vera, Thomas Thieme als oft polternder Trainingsanzugträger Horst und Günther Maria Helmer als sich gern auf sein rationales Denkvermögen berufender Kilian ist auch Nina Petri als gestrenge Oberschwester Cordula erneut mit dabei. Nicht zu vergessen die Schlösser Braunfels und Büdingen, die wieder die Filmburg Geroldseck doubeln, welche einmal mehr als mal idyllischer, mal etwas gruseliger Schauplatz eines großen Kinospaßes für Jung und Alt fungiert.
Während seine im ersten Teil noch von Alwara Höfels gespielte Mutter auf Fortbildung ist, darf Max (Lucas Herzog) solange bei Kilian im Zimmer wohnen. In der Schule ist er noch immer nicht richtig integriert. Bisher ist ihm nur seine Mitschülerin Laura (Klara Nölle) freundschaftlich zugetan, von Ole (Giuseppe Bonvissuto) wird er nach wie vor gemobbt. Zu allem Überfluss verweigert ihm auch noch Sportlehrer Ströhle (Jacob Matschenz) die Aufnahme in die Fußball-Schulmannschaft, während Laura mitspielen darf. Das verleitet wiederum Max’ Seniorenfreund Horst dazu, Ströhle zu einem Duell herauszufordern: Dessen Team soll sich mit einer Auswahl „alter Knacker“ plus Max messen. Dem Jungen gefällt das freilich nicht wirklich.
Zumal Max‘ Einsatz auch noch an anderer Stelle gefordert wird: Denn die Wilde 7 sieht sich mit einem neuen kniffligen Fall konfrontiert. Auf der ehemaligen Ritterburg scheint es nämlich zu spuken. Vera hört öfter eine unheimliche Stimme, Max erscheint eines Nachts gar eine geisterhafte alte Dame. Vera ist irgendwann so geängstigt, dass sie umziehen will. Das wäre dann wohl das Ende der Wilden 7…
Winfried Oelsner hat auch den zweiten Band seiner Buchreihe um Max und die Wilde 7, die er gemeinsam mit seiner Co-(Drehbuch)-Autorin Lisa-Marie Dickreiter geschrieben hat, wieder selbst als Regisseur verfilmt. Bei ihrem zweiten gemeinsamen Kinoprojekt bekommt man nun quasi zwei Filme zum Preis von einem: Zwar haben die beiden Handlungsstränge um Fußball und Gespenster inhaltlich wenig miteinander zu tun, trotzdem hat man nie das Gefühl, dass eine Story zugunsten der anderen vernachlässigt wird.
Während die Detektivgeschichte für etwas wohligen Grusel sorgt, darf gern geschmunzelt werden, wenn sich Horsts Team auf das Prestige-Match vorbereitet. Sein Motivationsruf: „WACKA WACKA, alte Knacker!“ Mit Jimmy Hartwig als Manni ist sogar ein echter ehemaliger Nationalspieler mit von der Partie. Letztlich führt die Fußballstory aber auch dazu, dass Max’ Selbstbewusstsein gepusht wird. Zudem gibt sie dem Publikum sympathische Botschaften mit auf den Weg. Zum einen, dass man keinem eine zweite Chance verwehren sollte, zum anderen, dass man nicht immer siegen muss, um sich als Gewinner*in zu fühlen. Denn: „Gewinner sind die, die’s immer wieder versuchen.“
Schön auch, dass Oelsner und Dickreiter ihrer Linie treu geblieben sind und die Erwachsenenfiguren nicht zu Karikaturen degradieren. Okay, Nina Petris Oberschwester hat vielleicht ein paar Haare zu viel auf den Zähnen. Aber diesmal darf ihre Cordula zeigen, dass sie auch anders kann. Uschi Glas, Thomas Thieme und Günther Maria Halmer füllen ihre Rollen wie schon in Teil eins mit augenzwinkernder Ernsthaftigkeit aus. Dazu gehört, dass ihre Charaktere sich auch mal etwas ruppig gebärden dürfen.
Die drei Altstars harmonieren mit Lucas Herzog („Die unlangweiligste Schule der Welt“) als Max genauso gut wie mit seinem Vorgänger Jona Eisenblätter. Auch Klara Nölle fügt sich als Nachfolgerin von Stella Brückner gut ins Ensemble ein. Das fällt umso mehr ins Gewicht, als die Rolle der Laura gegenüber dem ersten Teil etwas ausgebaut wurde. Die Zehnjährige gerät in ein Dilemma, wenn sie entscheiden muss, was ihr wichtiger ist: die Freundschaft zu Max oder das Schulteam mitsamt Max‘ Intimfeind Ole.
Fazit: Mit seiner gelungenen Mischung aus wohldosiertem Grusel, detektivischer Ermittlungsarbeit und mildem Klamauk präsentiert der Film seine pädagogischen Botschaften ohne erhobenen Zeigefinger und stets auf Augenhöhe mit all seinen Figuren, sowohl mit den jüngeren als auch mit den älteren. Einem generationenübergreifenden Kinovergnügen steht also nichts mehr im Wege.