Parasiten-Zombies im Weltall – und Bruce Willis mittendrin!
Von Oliver KubeAustauschbare „Alien“-Klone, die sich zwar am großen Vorbild von Ridley Scott orientieren, dessen Brillanz aber doch nie erreichen, gibt es gerade im Heimkino-Segment wie Sand am Meer – und auf den ersten Blick lässt sich auch „Anti-Life – Tödliche Bedrohung“ in diese Kategorie einsortieren. Aber Indie-Regisseur John Suits („3022“), der mit Bruce Willis zum ersten Mal einen veritablen Superstar zur Verfügung hat, gibt sich mit einem einzelnen Vorbild nicht zufrieden …
… stattdessen bedient er sich zusätzlich auch noch bei Elementen des Body-Horror-, des Zombie-, des Hinterwäldler- und des klassischen Monsterfilm-Genres. Trotz des sichtbar geringen Effekt-Budgets und einiger dramaturgischer Stolpersteine macht der darauf resultierende, wilde Weltall-Mix erstaunlich viel Spaß.
Große Wumme, großer Spaß - Bruce Willis hat endlich mal wieder Bock auf eine Rolle!
Wir schreiben das Jahr 2242: Die Erde steht mit einer Bevölkerung von fast 20 Milliarden Menschen kurz vor dem endgültigen Kollaps. 300.000 Auserwählte machen sich deshalb mit dem gigantischen Weltraumfrachter „Hercules“ auf den Weg in Richtung „New Earth“, einem von Wissenschaftlern als bewohnbar eingestuften Planeten. Während die schwangere Hayley (Kassandra Clementi) als Tochter des Raumschiff-Befehlshabers Admiral Adams (Thomas Jane) offiziell dabei sein darf, muss ihr Freund Noah (Cody Kearsley) sich illegal an Bord schmuggeln.
Dort arbeitet er als eine Art Hausmeister für einen aus Tagedieben bestehenden Putz- und Reparaturtrupp unter dem Kommando des knurrigen Clay (Bruce Willis). Ein eher eintöniger Job – zumindest bis einer seiner Kollegen von einem Parasiten befallen wird, der ihn zu einem brutalen Killer mutieren lässt. Clay & Co. können den Mann nach blutigem Kampf zwar niederringen. Allerdings kommt der vermeintlich Tote kurz darauf wieder zu sich und mordet einfach munter weiter. Noch schlimmer: Seine bisherigen Opfer sind ebenfalls plötzlich wieder mobil und schließen sich ihm an…
Der ehemalige Kassenmagnet Bruce Willis hat in letzter Zeit eine Menge Schrott gedreht. Bei vielen dieser Direct-to-Video-Machwerke wie „Trauma Center“ oder „Reprisal“ war er lediglich in ein paar Szenen involviert. So konnten die Produzenten wenigstens ein bekanntes Gesicht auf dem DVD-Cover abdrucken. Der „Stirb langsam“-Star wirkte dabei allerdings reichlich lustlos und es war offensichtlich: Er wollte sich einfach nur einen saftigen Scheck für möglichst geringen Arbeitsaufwand abholen.
Im Vorfeld gab es nun eigentlich keinen Grund, davon auszugehen, dass das bei „Anti-Life“ großartig anders werden wird. Aber Überraschung: Bruce Willis, der mit Regisseur John Suits auch den wunderbar selbstironischen Autobatterie-Werbespot „DieHard Is Back“ gedreht hat, macht hier, obwohl selbst treue Fans maximal noch geringe Erwartungen an seine Auftritte haben, endlich mal wieder den Eindruck, mit dem Herzen dabei zu sein. Nicht nur, dass er tatsächlich eine der beiden Hauptrollen bekleidet. Sein Timing bei den meisten trockenen Onelinern sitzt und die passend dazu sarkastisch hochgezogenen Augenbrauen sind konstant „on point“.
Bei seinen Mitstreitern sieht die Sache hingegen nicht ganz so rosig aus: Cody Kearsley aus „Riverdale“ fehlt das nötige Charisma für einen Actionhelden - seine Mimik wirkt oft forciert, Emotionen kommen kaum rüber. Ob der junge Mann die Tortur überlebt, dürfte dem Gros der Zuschauer deshalb ziemlich schnell schnuppe sein. Ebenso verhält es sich mit dessen schwangerer, von der australischen Seifenoper-Darstellerin Kassandra Clementi („Home And Away“) verkörperten Freundin Hayley. Zumal sie ohnehin nur kurz zu Beginn und dann am Ende nochmal zu sehen ist.
Auch ihr von Thomas Jane gespielter Vater Admiral Adams verbringt den Großteil der Laufzeit im Kälteschlaf und ist somit offscreen. Immerhin darf der ehemalige „Punisher“ in seinen wenigen Szenen mit krudem Haarschnitt und „Top Gun“-Sonnenbrille als Doppelgänger des früheren Velvet-Underground-Frontmanns Lou Reed zumindest in Sachen Outfit Akzente setzen. Die B- und C-Film-Veteranen Johnny Messner („Anacondas – Die Jagd nach der Blut-Orchidee“) sowie Ralf Möller („Gladiator“) dienen hingegen lediglich als Kanonenfutter mit Wiedererkennungswert.
Aus der restlichen Besetzung stechen dafür zwei Darsteller heraus – nur eben bestimmt nicht auf die Art, wie es sich die Macher vermutlich erhofft hatten: Rachel Nichols mimt ihre Rolle als Schiffsärztin derart ernst, dass sie in dem überdrehten Szenario völlig deplatziert wirkt. Im Gegensatz dazu überzieht Timothy V. Murphy („Lone Ranger“) als Security-Chef gnadenlos. Wenn der mit weit aufgerissenen Augen und aufgesetzt bellendem Tonfall „Fuck you, motherfucker!“ brüllt, während er seine wie aus Fischertechnik-Elementen gefertigt aussehende Maschinenpistole leer ballert, ist das einfach nur cheesy. Diese Szene mag ursprünglich mal als spannungsgeladen konzipiert worden sein – aber man kann gar nicht anders, als spontan loszulachen. Und das ist längst nicht der einzige unfreiwillig komische Moment.
So sehen etwa die CGI-Bilder des Raumschiffsäußeren oder die Totalen innerhalb einer riesigen Cryo-Kammer dermaßen schäbig aus, dass selbst die Effekte der über drei Dekaden zuvor gedrehten TV-Serie „Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert“ überzeugender wirken. Beim Budget für Statisten und Kulissen wurde ebenfalls merklich gespart. Von den 300.000 Menschen an Bord der „Hercules“ sehen wir im Verlauf der 92 Minuten maximal zwei Dutzend, die sich immer wieder auf denselben zwei, drei Korridoren und in einer engen Zweier-Kabine aufhalten. Zudem sind die meisten Nahkampf-Szenen schwach choreografiert, wirken ungelenk und hölzern.
Das hat man auch lange nicht mehr erlebt: Bruce Willis ist der klar beste Schauspieler im Cast...
Atmosphärisch zielt der Auftakt auf der dem Untergang geweihten Erde in Richtung von Sci-Fi-Endzeit-Filmen wie „Children Of Men“ oder „Babylon A.D.“. Doch die seltenen Außenaufnahmen sind längst nicht so opulent ausgestattet wie bei den Vorbildern. Kein Wunder: Sie wurden wohl kostengünstig über Nacht auf dem Hinterhof des TMG Studios im US-Bundesstaat Georgia gedreht. Und so sehen sie dann halt auch aus.
Zugegeben, das klingt jetzt alles eher schrecklich. Und „Anti-Life“ ist tatsächlich kein guter Film, zumindest nicht im konventionellen Sinne. Obwohl die platte Prämisse oft wie am Reißbrett gezeichnet daherkommt, macht es trotzdem Laune, an der Story dranzubleiben …
… und das nicht nur wegen Bruce Willis, sondern auch wegen der vielen kleinen Ideen, Details und Wendungen, die Suits und seine Drehbuchautoren Corey Large („Toxic“) und Edward Drake („Vampire Dinner“) immer wieder mit unterbringen: So übernimmt ausgerechnet ein ultra-aggressives, von der Crew zur Herstellung illegalen Schnapses verwendetes Putzmittel einen entscheidenden Part bei dem Kampf gegen die Parasiten – und dann taucht plötzlich auch noch ein Space-Zombie-Frankenstein-Monster auf. Das dürften selbst Fans ebenso wenig kommen sehen wie das zwar günstig umgesetzte, aber dennoch gelungene und auf ein mögliches Sequel hindeutende Finale.
Dabei wird nie ganz klar, ob all diese köstlich überdrehten und absurden Segmente von den Machern wirklich augenzwinkernd oder vielleicht am Ende doch ernst gemeint sind. Aber letztlich ist das ja eigentlich auch völlig egal.
Fazit: Nicht jede witzige Stelle mag wirklich so beabsichtigt gewesen sein, aber über weite Strecken ist dieser Weltraum-Horror trotzdem erstaunlich unterhaltsam (wenn auch nicht sonderlich spannend). Ein weiterer Pluspunkt: Bruce Willis ist - im Gegensatz zu seinen meisten anderen Low-Budget-Gigs der letzten Jahre - mit spürbarem Spaß und Engagement bei der Sache.