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    Rich Flu
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Rich Flu

    Neues vom "Der Schacht"-Mastermind

    Von Michael Meyns

    Als High Concept bezeichnet man seit den Achtzigerjahren Prämissen, die man kurz und knapp in ein bis zwei Sätzen zusammenfassen kann: „Stirb langsam“ auf einem Berg = „Cliffhanger“. Die Steigerung davon sind Filme, die wie „Snakes On A Plane“ schon mit ihrem Titel alles klarmachen. So ist es nun auch bei „Rich Flu“: Der neue Film von Galder Gaztelu-Urrutia, der durch die Netflix-Superhits „Der Schacht“ und „Der Schacht 2“ bekannt geworden ist, startet als apokalyptischer Thriller über eine Epidemie, die nur die Reichen trifft. In diesen Zeiten eigentlich ein wunderbares „Ätsch, die haben es aber auch wirklich verdient“-Konzept, das eine ganze Weile sehr unterhaltsam funktioniert. Zumindest bis sich der spanische Regisseur plötzlich entschließt, statt einer bösen, knackigen Satire doch lieber eine oberflächlich moralische Geschichte zu erzählen.

    Als Filmproduzentin lebt Laura (Mary Elizabeth Winstead) ein atemloses Jet-Set-Leben, bei dem ihre Familie allerdings zunehmend auf der Strecke bleibt: Die Ehe mit Tony (Rafe Spall) ist längst geschieden, selbst ihrer Tochter kann sie nur per Videochat zum Geburtstag gratulieren. Kein Wunder, dass Laura da kaum mitbekommt, wie die Katastrophe langsam um sich greift. Immer mehr Superreiche werden von einer rätselhaften Seuche dahingerafft, doch selbst den Tod des Papstes nimmt Laura kaum wahr. Denn sie befindet sich auf einem Flug in den hohen Norden, wo sie per Hundeschlitten zu einem Treffen mit Sebastian Snail (Timothy Spall), dem Chef ihrer Firma, gebracht wird. Der bietet ihr einen auf den ersten Blick spektakulären Job an, der allerdings einen Haken hat: Plötzlich ist auch Laura stinkreich…

    Laura (Mary Elizabeth Winstead) bewegt sich selbstsicher in der Welt der Reichen und Schönen. LEONINE
    Laura (Mary Elizabeth Winstead) bewegt sich selbstsicher in der Welt der Reichen und Schönen.

    Die Reichen haben es wirklich nicht leicht: Als wäre es nicht schon anstrengend genug, ihr schwer verdientes – oder ererbtes Geld – auszugeben, werden sie in den vergangenen Jahren in Kino und Fernsehen zunehmend zur Zielscheibe von Spott und Kritik: Filme und Serien wie „Triangle Of Sadness“, „The Menu“ oder „The White Lotus“ machen die Reichen für so ziemlich alle Übel der Welt verantwortlich, zeichnen sie als dekadent, gedankenlos und narzisstisch. Was vermutlich auch stimmt, auf Dauer aber auch etwas unterkomplex wirkt. In dieser Tradition beginnt „Rich Flu“ als gelungene Satire: Als Zuschauende geraten auch wir in den Sog des schnellen, aufregenden Lebens von Laura, die sich souverän auf glamourösen Filmfestivals bewegt, gegen ihre Konkurrentin integriert und sich schon fast am Ziel ihrer Träume wähnt.

    Nur als reich mag sie sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht bezeichnen. Schließlich gibt es genug andere, die noch viel mehr besitzen als sie. Und deren ohnehin schon strahlend-weiß gebleichten Gebisse erstrahlen dann, wenn die Seuche sie erfasst hat, sogar noch weißer, fast schon radioaktiv, bevor sie dahinsiechen. Wie genau eine Seuche funktioniert, die nur die Reichen attackiert, bleibt offen. Aber das macht gar nichts, denn als Metapher funktioniert sie trotzdem hervorragend. Zumindest so lange, bis Galder Gaztelu-Urrutia beschließt, ganz und gar moralisch zu werden.

    In der zweiten Hälfte wird „Rich Flu“ ganz schön moralinsauer – und verhebt sich zudem mit der plötzlichen Schwere. LEONINE
    In der zweiten Hälfte wird „Rich Flu“ ganz schön moralinsauer – und verhebt sich zudem mit der plötzlichen Schwere.

    Nach gut der Hälfte ändert „Rich Flu“ plötzlich die Tonart und wird zu einer umgekehrten Fluchtgeschichte: Auf einmal sind es wohlhabende, weiße Europäer, die versuchen, auf baufälligen Booten das Mittelmeer zu überqueren. Ihr Ziel: Afrika. Dort soll es Enklaven der Hoffnung geben, wo die Seuche nicht grassiert.

    Aber vorher landen Laura und ihre Verwandten noch in einem Flüchtlingslager und dort erleben, was heutzutage jene Flüchtige aus dem Globalen Süden in den Lagern erleiden, die die Festung Europa vor unerwünschter Migration schützen sollen. Was als pointierte Satire begann, wird nun zunehmend zu einer reichlich platten Geschichte über die nun wirklich nicht originelle Erkenntnis, das Reichtum egoistisch macht.

    Fazit: Einmal mehr bekommen die Reichen und Schönen der Welt in „Rich Flu“ ordentlich auf den Deckel. Das ist zwar nicht besonders originell oder substanziell, aber funktioniert eine ganze Weile als böse, überdrehte Satire. Zumindest bis „Der Schacht“-Mastermind Galder Gaztelu-Urrutia in der zweiten Hälfte die Moralkeule auspackt und man sich auf einmal in einem ganz anderen Film wiederfindet, der leider deutlich weniger Spaß macht und sich stattdessen spürbar in die Länge zieht.

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