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    Der Boandlkramer und die ewige Liebe
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Der Boandlkramer und die ewige Liebe

    Wehe, wenn der Tod sich verknallt

    Von Christoph Petersen

    13 Jahre ist es nun her, dass der dem Tod geweihte Brandner Kaspar den Boandlkramer beim Kartenspielen über den Tisch gezogen und sich so noch weitere 21 Lebensjahre ergaunert hat: „Die Geschichte vom Brandner Kaspar“, Joseph Vilsmaiers Verfilmung der berühmten bayerischen Volkslegende vom Wilderer, der mit seiner Bauernschläue sogar den Tod übers Ohr haut, sollte 2008 ursprünglich nur in den süddeutschen Kinos anlaufen. Allerdings war er dort so erfolgreich, dass er bald auch auf den norddeutschen Leinwänden zu sehen war – und am Ende fast eine Million verkaufte Kinotickets zu Buche standen.

    In der Fortsetzung „Der Boandlkramer und die ewige Liebe“, die diesmal nicht auf einer bekannten Geschichte, sondern auf einer Originalidee beruht, steht nun ganz der erneut von Michael Bully Herbig verkörperte Tod im Zentrum der Erzählung: Denn der Boandlkramer, wie der Sensenmann in der bayerischen Mundart genannt wird, verliebt sich unsterblich! Im Gegensatz zum Vorgänger, der als Tragikomödie am Ende weder lustig noch tragisch genug war, um wirklich zu überzeugen, entpuppt sich der nach mehreren Kinostartverschiebungen nun direkt bei Amazon Prime Video erscheinende „Der Boandlkramer und die ewige Liebe“ als waschechte bayerische Boulevard-Komödie – und zwar als eine ziemlich gute.

    Der Boandlkramer (Bully Herbig) verliebt sich in Gefi (Hannah Herzsprung) ...

    Die bayerische Provinz im Jahr 1955: Nach einem Unfall soll der Boandlkramer (Michael Bully Herbig) den kleinen Maxl (Josef Staber) holen und in den Himmel bringen. Aber als er dort am Totenbett auf seinen Einsatz wartet, verknallt sich der Boandlkramer ganz gewaltig in die Mutter des Jungen: Gefi (Hannah Herzsprung) wartet seit zehn Jahren vergeblich auf die Rückkehr von Maxls in russische Kriegsgefangenschaft geratenen Vater – und hat sich deshalb dazu entschieden, stattdessen den Bürgermeistersohn Toni (Florian Brückner) zu ehelichen.

    Der Boandlkramer hat natürlich keine Ahnung von der Liebe – und die Menschen können ihn ja auch nur sehen, wenn sie ohnehin schon dem Tod geweiht sind. Der Teufel (Hape Kerkeling) nutzt die Gunst der Stunde, um den von seinen unbekannten Gefühlen schwer verwirrten Sensenmann übers Ohr zu hauen: Er soll zwar für die Leute sichtbar werden, darf aber, solange er um Gefi buhlt, nicht seinem eigentlichen Job nachgehen. Das plötzliche Ausbleiben frischer Seelen, das Gottes Schöpfung als Ganzes in Gefahr bringt, fällt schon bald auch dem Himmelspförtner (Rick Kavanian) auf…

    Eine Liebeserklärung an den Stummfilm-Slapstick

    Wie der erste Film stammt auch das späte Sequel wieder von dem 2020 verstorbenen Joseph Vilsmaier („Stalingrad“) – und trotzdem wird man das Gefühlt nicht los, dass „Der Boandlkramer und die ewige Liebe“ in erster Linie eine Herzensangelegenheit von Michael Bully Herbig ist: Das „Schuh des Manitu“-Mastermind hat nicht nur erneut sichtlich Laune an seiner blassgeschminkten Rolle, er nutzt den Film auch als Hommage an seine eigenen Comedy-Vorbilder.

    Nachdem er von dem vergifteten Heiratsschwindler Max Gumberger (Sebastian Bezzel) Tipps bekommen hat, wie man das Herz einer Frau erobern kann, erinnert der neue Look vom Boandlkramer sicherlich nicht von ungefähr an Harpo von den Marx Brothers. Und um Gefi zum Lachen zu bringen, tanzt der Tod allein eine Choreografie nach, die er sich zuvor in einem „Dick & Doof“-Stummfilm abgeschaut hat – die tragischste und berührendste Szene des Films. Sicherlich ist Herbigs Timing nicht in jeder Szene so makellos wie das seiner großen Vorbilder – aber zumindest die Kunst des Über-einen-Zaun-Fallens hat er schon mal perfektioniert.

    ... was der verschlagene Teufel (Hape Kerkeling) sofort für sich auszunutzen weiß!

    Der eigentliche Besetzung-Coup ist aber natürlich trotzdem der Auftritt von Hape Kerkeling – schließlich war der Kult-Komiker („Kein Pardon“) abgesehen von einem Mini-Cameo am Ende von „Der Junge muss an die frische Luft“ und einer „Traumschiff“-Rolle seit „Horst Schlämmer – Isch kandidiere!“ aus dem Jahr 2009 nicht mehr in einem Spielfilm zu sehen. Als Teufel, dessen Hölle wie eine Showbühne glitzert, gibt er den doppelzüngigen Verführer – der den Broandlkramer sogar mit einer eigenen Musical-Nummer zu seinem (Un-)Glück zwingt.

    Erfüllt das vollends die Erwartungen, die in der langen Abstinenz ins Unermessliche gestiegen sind? Ganz egal. Auf jeden Fall ist es schön, ihn mal wieder zu sehen – und nicht nur als Schneemann Olaf in den „Eiskönigin“-Filmen zu hören…

    Schnabernack mit Hintersinn

    Wie gesagt ist „Der Boandlkramer und die ewige Liebe“ anders als noch der Vorgänger eine glasklare (Boulevard-)Komödie – und trotzdem fehlt es nicht an dem frechen Hintersinn, der die Geschichte vom Brandner Kaspar überhaupt erst zu einer bayerischen Volkslegende werden ließ: So wird der Boandlkramer von der Dorfgemeinschaft nicht etwa als Tod entlarvt – sondern als kommunistischer Spion, der nur deshalb mit dem vom Teufel erhaltenden Bargeld um sich wirft, um sich als Kapitalist zu tarnen.

    Eigentlich sollte der neue Film im Gegensatz zu „Die Geschichte vom Brandner Kaspar“ direkt in ganz Deutschland in den Kinos anlaufen. Nachdem die Komödie aber immer wieder verschoben wurde und Corona keine zeitnahen Öffnungen zulässt, schlug Amazon Prime Video (wohl auch wegen des riesigen Erfolgs von Herbigs „LOL: Last One Laughing“) zu. Der Effekt ist aber derselbe: „Der Boandlkramer und die ewige Liebe“ wird nun direkt landesweit und nicht nur in Bayern zu sehen sein und sicherlich auch in Hamburg, Flensburg und Bremen den allermeisten große Freude bereiten.

    Trotzdem werden die Süddeutschen weiterhin ganz besonders auf ihre Kosten kommen: Denn ganz egal ob der preußische Gaul vom Boandlkramer oder Bond-Bösewicht Götz Otto („Der Morgen stirbt nie“) als hessischer Erzengel – wer hier nicht mit bayerischem Dialekt spricht, der kann eigentlich auch gleich die Schnauze halten…

    Fazit: Ein kurzweiliger und gar nicht doofer bayerischer Schwank, bei dem man immer wieder spürt, wie sehr der Film vor allem Michael Bully Herbig am Herzen gelegen haben muss.

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