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    Flashdance
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Flashdance
    Von Daniela Leistikow

    Im Jahr 1983 kamen zwei berühmte Filme mit wenig Plot und viel Tanz ins Kino. Der eine wird von den meisten Kritikern gering geschätzt und vom Publikum geliebt, der andere gilt seitdem als das beste Musikvideo aller Zeiten. Viel mehr als das Produktionsjahr haben Michael Jacksons 13-minütiger „Thriller“ und der Spielfilm „Flashdance“ allerdings nicht gemeinsam. Für eine Oscar-Nominierung hat es für das von John Landis (Blues Brothers) inszenierte innovative Jackson-Video nicht gereicht, dabei war „Thriller“ zur Erfüllung der Qualifikationskriterien eigens als Vorfilm zum Disney-Klassiker „Fantasia“ in einem Kino platziert worden. Adrian Lynes („9½ Wochen“, Eine verhängnisvolle Affäre) romantischer Tanzfilm war bei der Academy erfolgreicher und hat den begehrten Goldjungen für den Titelsong „Flashdance... What a feeling“ sogar gewonnen. Außerdem war er in den Kategorien „Bester Schnitt“ und „Beste Kamera“ nominiert. Ästhetisch hat „Flashdance“ tatsächlich auch einiges zu bieten, aber inhaltlich ist er leerer als ein durchschnittliches MTV-Video.

    Tagsüber arbeitet sie als Schweißerin und nachts als Go-Go-Girl in einer Bar namens Mawby’s, doch eigentlich möchte die 18-jährige Alex (Jennifer Beals, The Grudge 2, serie,The L Word) gern Tänzerin werden. Ihr größter Traum ist es, am Pittsburgh Conservatory of Dance aufgenommen zu werden. Unterstützt wird die Autodidaktin von ihrer Mentorin Hanna Long (Lilia Skala) und ihren Freunden, der Eiskunstläuferin Jeanie Szabo (Sunny Johnson), und dem Möchtegern-Komiker Richie (Kyle T. Heffner, Harry und Sally). Nachdem Nick (Michael Nouri, Selbst ist die Braut), Alex’ Boss im Mawby‘s, ein Auge auf sie geworfen hat, wird das Leben der jungen Tänzerin noch komplizierter...

    „Flashdance“ mauserte sich mit 95 Millionen Dollar Einspiel in Nordamerika und fast vier Millionen Zuschauern in Deutschland zum internationalen Überraschungshit. Er ist zugleich das erste Kapitel in der Erfolgsgeschichte des berühmt-berüchtigten Produzentenduos Jerry Bruckheimer und Don Simpson, das weitere Kassenschlager wie Beverly Hills Cop und Top Gun folgen ließ. Für den ebenso erfolgreichen Soundtrack ist der Südtiroler Synthesizer-Pionier Giorgio Moroder verantwortlich. Der Komponist gewann für „Flashdance... What a feeling“, dessen Intro bis heute für Gänsehaut sorgt, den zweiten seiner drei Oscars. Zu ultracoolen Songs wie „Maniac“ und „Manhunt“ schwingt allerdings nicht Jennifer Beals die muskulösen Schenkel durchs Bild: Die Schauspielerin wurde größtenteils von Marine Jahan gedoubelt. Bei der Tanzszene am Ende sprangen zusätzlich ein männlicher Breakdancer und eine professionelle Turnerin ein. Das sieht alles sehr schick aus, aber die schummrige Beleuchtung und die vielen Schnitte werden eben auch eingesetzt, um zu verschleiern, dass Beals nur ihr hübsches Gesicht in die Kamera hält, während ihre Doppelgänger den schweißtreibenden Part absolvieren. Die Häppchendramaturgie und das effektvolle Spiel mit Schatten und Licht erwiesen sich dessen ungeachtet als ideal für das noch junge Musikfernsehen und so landeten viele Filmausschnitte als Clips bei MTV in der Heavy Rotation, was einen nicht unwesentlichen Teil zur Popularität von „Flashdance“ beitrug.

    Nachdem David Cronenberg (Tödliche Versprechen) und Brian De Palma, der zu dieser Zeit lieber an Scarface arbeitete, den Job abgelehnt hatten, wurde Adrian Lyne die Regie übertragen. Der Brite hatte davor lange Zeit Werbefilme gedreht und diese Wurzeln sind auch in „Flashdance“ wiederzuerkennen: Das Hauptaugenmerk liegt auf einer opulenten Optik, die Dialoge sind dagegen eher spärlich gesät. Handlung und Emotionen sollen vor allem durch Bilder und Musik transportiert werden, was aber mehr schlecht als recht funktioniert, zumal das Drehbuch nur als katastrophal bezeichnet werden kann. Die wenigen Wendungen kommen aus dem Nichts und dienen lediglich als Vorwände für musikalische Einlagen. Drehbuchautor Joe Eszterhas hat daraus aber offenbar wenig Lehren gezogen, nach „Flashdance“ sollte er auch noch für Sliver und Showgirls für die Anti-Auszeichnung Goldene Himbeere nominiert werden. Basic Instinct erscheint in seiner Filmographie als nahezu singuläre besser gelungene Ausnahme.

    Die Entwicklung der Charaktere in „Flashdance“ ist in etwa so komplex wie im Video zu George Michaels „Last Christmas“: Es gibt zwar eine grobe Handlung, aber die Beteiligten vor und hinter der Kamera konzentrieren sich hauptsächlich auf den Look. Und so gibt es für die Darsteller auch keine schauspielerischen Herausforderungen im gewohnten Sinn, denn nur die Oberfläche zählt. Gerade in dieser Hinsicht ist Michael Nouri als Nick eine Fehlbesetzung, da er knapp doppelt so alt ist wie seine junge Geliebte Alex. Deren Darstellerin Jennifer Beals erfüllt hingegen das Anforderungsprofil: Sie wirkt jederzeit sympathisch und man sieht ihr einfach gerne zu, selbst in dem Wissen, dass die beeindruckenden Pirouetten von jemand anderem gedreht werden.

    Fazit: Mit schicker Optik, mitreißenden Songs und einem Hauch von Story vereint „Flashdance“ die klassischen Tugenden von Musikvideos. Für einen Spielfilm sind Handlung und Charaktere aber reichlich flach. Mit seiner Clip-Ästhetik, die auf MTV noch über Jahre eine Heimstatt haben sollte, atmet Adrian Lynes Tanzspektakel auf der feinen Linie zwischen Trash und Kult den Geist der Achtziger.

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