Mein Konto
    Franky Five Star
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Franky Five Star

    Wer ist sie – und wenn ja, wie viele?

    Von Christoph Petersen

    Die Frage im Titel von Richard David Prechts Bestseller „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“ ist natürlich nur rhetorisch gemeint. Ein Anlass, um ein wenig herum zu philosophieren, aber doch nicht, um eine konkrete Antwort zu errechnen. Bei der titelgebenden Protagonistin aus Birgit Möllers fantastisch angehauchter Tragikomödie „Franky Five Star“ ist das allerdings anders: Franky (Lena Urzendowsky) kann nämlich sehr genau sagen, wie viele sie ist – schließlich wohnen alle ihre fünf Persönlichkeiten in einem Hotel in ihrem Kopf, dessen bunt-verquerer, aber doch auch einladender Einrichtungsstil an die Ausstattungsorgien von Wes Anderson („Grand Budapest Hotel“) gemahnt. Mit Hilfe eines Fahrstuhls wechseln sie sich bei der „Kontrolle“ über Franky ab – wobei die gerade nicht im Einsatz befindlichen Hotelbewohner*innen auf historischen Mini-Fernsehern beobachten, was in der realen Welt geschieht:

    Franky jobbt lustlos im Getränkemarkt, kann sich die Untermiete bei ihrer besten Freundin Katja (Meryem Ebru Öz) kaum leisten, ist von ihrer konsumorientierten Mutter (Milena Dreissig) nur noch genervt – und gar nicht mal so heimlich in ihren Musiker-Nachbarn Roman (Paul Pötsch) verknallt. Aber die Probleme im wahren Leben sind ein Witz gegen das Chaos in ihrem Kopf. Denn auch wenn es eigentlich ganz hilfreich sein könnte, für jede Situation die ideale Wesensart bereitzuhaben, ist es bei Franky eher so, dass meistens die denkbar unpassendste ihrer fünf Persönlichkeiten ans Ruder tritt: So übernimmt ausgerechnet der Hotelpage Frank (Sven Hönig) die Arbeitsstunden im Getränkemarkt – obwohl er als Hardcore-Kapitalismuskritiker so gar nicht fürs Mindestlohnschuften geeignet ist…

    Hinter Franky (Lena Urzendowsky) warten ihre vier weiteren Persönlichkeiten bereits auf ihren Einsatz.

    Die Prämisse von „Franky Five Star“ erinnert ein wenig an den Animations-Blockbuster „Alles steht Kopf“, in dem Freude, Wut, Angst, Ekel und Traurigkeit im Kontrollzentrum der elfjährigen Riley um einen gewissen Ausgleich bemüht sind. Aber wo die anthropomorphisierten Emotionen im Pixar-Hit tatsächlich die verschiedenen Seiten einer Persönlichkeit abbilden, ist Franky eine völlig andere Person, sobald der Fahrstuhl zum Einsatz kommt: Mit dem lasziven Zimmermädchen Ella (Sophie Killer) am Steuer trägt sie dick Lippenstift auf und fällt regelrecht über die Männer her – nur um dann wie ein Kind dauerkichernd auf die Küsse zu reagieren, sobald der kleine Junge Lenny (Cito Andresen) übernimmt. Wer Franky wirklich ist, bleibt so bis zum Ende ein Geheimnis.

    Ihr Umgebung reagiert ziemlich genervt auf ihre 180-Grad-Stimmungswechsel – und wenn ihre beste Freundin ihr irgendwann vorwirft, Franky würde ja immer nur an sich denken, ist man durchaus geneigt, ihr zuzustimmen. Sonderlich sympathisch ist das alles eigentlich nicht – aber Regisseurin Birgit Möller („Valerie“) und ihr Drehbuchautor Knut Mierswe sehen in ihrer Protagonistin offenbar eine legitime Nachfahrin von Amélie, deren Spleenigkeiten allesamt süß und niedlich statt nervig sind. Da muss dann auch nicht sie mit sich selbst ins Reine kommen, es müssen nur all die anderen erkennen, wie toll ihre fahrstuhlbedingten Stimmungsschwankungen doch in Wirklichkeit sind …

    Kann der Fahrstuhl-Machaniker Hasi (Cino Djavid) womöglich auch das Fahrstuhl-Problem in Frankys Kopf beheben?

    … aber damit tritt der – kein Scherz! – Fahrstuhl-Reparateur Hasi (Cino Djavid) auf den Plan. Eine Holzhammer-Metapher, die zwischen all den cleveren Ideen des Films wie ein rostiger Nagel herausragt. Auch er ist von Franky zunächst überfordert – bis er es plötzlich nicht mehr ist und gerade toll findet, dass sie ihn nachts in einen kalten Fluss stößt, in der (Wahn-)Vorstellung, dass sie so gemeinsam in ihren Kopf hineintauchen könnten. Da tritt „Franky Five Stars“ auf der Zielgeraden doch noch voll in die Manic-Pixie-Dream-Girl-Falle – und zaubert so gemeinsam mit einem entlaufenen Huhn auch noch ein Happy End aus dem Hut, das sich nicht nur unverdient, sondern sogar geradeheraus falsch anfühlt…

    Fazit: Birgit Möller liefert mit ihrer tragikomischen Hotel-im-Kopf-Komödie „Franky Five Star“ sowas wie die Realfilm-Antwort auf den Pixar-Megahit „Alles steht Kopf“. Aber so clever viele der skurrilen Einfälle auch sind, so richtig kommen sie hier letztendlich einfach nicht zusammen.

     

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top