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    Demon Slayer - The Movie: Mugen Train
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Demon Slayer - The Movie: Mugen Train

    Der erfolgreichste Film der japanischen Kinogeschichte!

    Von Michael Meyns

    Während die Kinos in der westlichen Welt im Herbst aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie noch weitestgehend geschlossen blieben, also keine der sonst üblichen Hollywood-Blockbuster die globale Kinolandschaft dominierte, feierten in Asien einheimische Filme bereits wieder gigantische Erfolge. In China spülte der Kriegsfilm „The 800“ so viel Geld in die Kassen, dass er am Ende als finanziell einträglichster Film des Jahres in die Geschichtsbücher eingehen wird. In Japan hingegen war es der Anime „Demon Slayer - The Movie: Mugen Train“, der trotz reduzierter Saalkapazitäten nicht einfach nur gut lief, sondern gleich zum erfolgreichsten Film der japanischen Kinogeschichte avancierte!

    Wer die Mange-Vorlage nicht kennt und im Kino bisher allenfalls die auch hierzulande populären Animes von Hayao Miyazaki („Chihiros Reise ins Zauberland“) oder Makoto Shinkai („Your Name.“) gesehen hat, sollte allerdings wissen, worauf er sich einlässt: Auf den ersten Blick ist „Demon Slayer“ ein Fantasy-Abenteuer mit einer einfachen Geschichte und exzessiver Action. Aber von dieser vermeintlich simplen Oberfläche sollte man sich nicht täuschen lassen, denn im Kern erzählen Manga-Autor Koyoharu Gotouge und Regisseur Haruo Sotozaki hier zutiefst spirituell und immer mitreißend vom erbitterten Kampf um die eigene Seele.

    Sieht zwar aus wie ein Dämon, aber Inosuke ist einer von den Guten...

    Die Dämonenjäger Tanjirō, Nezuko, Zenitsu und Inosuke besteigen den Zug der Unendlichkeit, um dort ihren enorm mächtigen Kollegen Rengoku zu treffen. Allerdings stellt sich ihnen dabei Emmu in den Weg. Der Dämon versetzt das Quartett in einen tiefen Schlaf, aus dem es kaum noch ein Erwachen gibt. In der Zwischenzeit beginnt auch Rengoku mit dem Kampf gegen Emmu, doch der Dämon verschmilzt schon bald mit dem Zug. Als Tanjirō endlich merkt, dass er träumt, sucht er nach einem Weg, um wieder aufzuwachen: Wenn er sich selbst im Schlaf tötet, erwacht er womöglich, um Rengoku im Kampf gegen den schier übermächtigen Dämon doch noch unterstützen zu können…

    Ein unglaublicher Kassenhit

    In Japan ist „Demon Slayer“ schon seit einigen Jahren ein kulturelles Phänomen: Zwischen 2016 und 2020 erschien zunächst ein Manga mit 23 Bänden, von denen insgesamt mehr als 120 Millionen Stück verkauft wurden. 2019 entstand dann eine 26-teilige Animationsserie, die in Japan ebenfalls mit großem Erfolg im Fernsehen lief. Im Herbst 2020 folgte dann der bislang letzte Schritt der Verwertungskette: Der Kinofilm, der direkt an die Animeserie anschließt, spielte sagenhafte 37,2 Milliarden Yen (fast 300 Millionen Euro) allein in seiner Heimat ein und avancierte damit zum erfolgreichsten Film aller Zeiten in den japanischen Kinos.

    Das Einspielergebnis des bisherigen Spitzenreiters, Hayao Miyazakis „Chihiros Reise ins Zauberland“, wurde um gut fünfeinhalb Milliarden Yen übertrumpft - und auch bei den Besucherzahlen liegt „Demon Slayer“ mit knapp über 27 Millionen verkauften Tickets einsam an der Spitze. Eine letzte Zahl: Der Umsatz des gesamten „Demon Slayer“-Franchise (also Mangas, Bücher, TV, Kino) beläuft sich bislang auf mehr als 2,1 Milliarden Euro. Uff.

    Es wird feurig an Bord des Zuges...

    Man kann also getrost feststellen: „Demon Slayer“ hat in Japan den Nerv der Zeit getroffen! Für europäisch geprägte Kinogänger mag dieser Erfolg weniger leicht zu verstehen sein, als etwa bei Hayao Miyazaki, dessen gleichermaßen kindlichen wie meditativ-spirituellen Filme zwar unverwechselbar japanisch sind, aber doch universelle Geschichten erzählen. „Demon Slayer“ dagegen ist aus einem anderem Holz geschnitzt. Grellbunt, rasant, atemlos, manchmal hektisch bis zur Unkenntlichkeit wirken die Bilder, die sich zudem in einem gewöhnungsbedürftigen Mix aus hochmodernen, plastischen Computereffekten und flächigeren, traditionelleren Animationen über die Leinwand ergießen.

    Ein ähnlich harscher Kontrast besteht zwischen den atemlosen Kampfszenen, in denen sich die Dämonenjäger und ihre Widersacher in schier schwereloser Akrobatik bekämpfen, sowie den Traumsequenzen, in denen Tanjirō und seine Freunde mit ihren verborgensten Wünschen konfrontiert werden. Tanjirō (die Hauptfigur aus der Serie, deren Inhalt man allerdings nicht kennen muss, um den Film zu verstehen) begegnet etwa seiner verstorbenen Familie, die er einst zurücklassen musste. Diese Träume sind aber nicht einfach nur Ablenkung, sondern eine bewusst von Emmu gestellte Falle: Um seine Gegner zu vernichten, kann der Dämon ihre physischen Hüllen töten – oder aber stattdessen auch ihre Seelen, indem er ihren Traum-Ichs den Garaus macht.

    Nightmare On Emmu Street

    Das erinnert alles ein wenig an die Konzepte von Horrorfilmen wie „Nightmare On Elm Street“, aber „Demon Slayer“ erreicht dabei - aller Action zum Trotz – doch auch eine tiefere spirituelle Ebene: Die Dämonenjäger stehen vor der Herausforderung, in ihren Träumen ihren tiefsten Wünschen zu widerstehen. Denn sollten sie aus ihren Träumen nicht in die Realität zurückfinden, sieht es schlecht um sie und den Kampf gegen die Dämonen aus.

    Derweil manifestiert sich Emmu nicht mehr nur als isolierte Entität, sondern verschmilzt mit dem gesamten Zug, so wie im Shintoismus, dem traditionellen japanischen Glauben, dass alle Dinge, egal ob Mensch, Tier oder Anderes, von Geistern beseelt sind. Bei aller Dämonen-Action ist dies dann doch der eigentliche Kern von „Demon Slayer“ - seine spirituelle Ebene, die fraglos auch seinen gigantischen Erfolg in seiner Heimat erklärt. Der Kampf gegen überwältigende Dämonen ist am Ende vor allem ein Kampf um die eigene Seele.

    Fazit: Mit „Demon Slayer“ kommt der erfolgreichste japanische Kinofilm auch in die deutschen Lichtspielhäuser! Westliche Augen müssen sich an den nur auf den ersten Blick oberflächlichen Anime-Blockbuster wahrscheinlich erst mal gewöhnen – aber dann scheint da eine zweite Ebene durch, auf der auf mitreißende Weise klassische Themen der japanischen Religion und Spiritualität verhandelt werden (quasi wie bei Miyazaki, nur eben mit sehr viel mehr Dämonen-Gekloppe).

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