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    Milchkrieg in Dalsmynni
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Milchkrieg in Dalsmynni

    Eine Frau gegen ein ganzes Dorf

    Von Karin Jirsak

    Landwirtschaft ist im Kino als Thema gerade total „in“. Allerdings geht es dabei meist entweder um die positiven Seiten des Öko-Anbaus oder die negativen Seiten der Massentierhaltung. Der isländische Regisseur Grímur Hákonarson („Sture Böcke“) nimmt sich in seinem zweiten Kinofilm allerdings einer sehr viel weniger medial ausgeschlachteten Problematik an: Als die isländischen Bauern vornehmlich im 19. Jahrhundert eigene lokale Genossenschaften gegründet haben, ging es darum, gemeinsam gegen die übermächtige Konkurrenz bestehen zu können. Aber inzwischen haben sich viele der Genossenschaften „verselbstständigt“ – und die Bauern sind erneut vollkommen abhängig, wenn diesmal auch von einer Organisation, die sie selbst geschaffen haben. In Hákonarsons Tragikomödie legt sich nun eine verwitwete Milchbäuerin mit einer besonders korrupten Genossenschaft irgendwo im isländischen Niemandsland an und der titelgebende „Milchkrieg in Dalsmynni“ bricht los.

    Nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes Reynir (Hinrik Ólafsson) steht Milchbäuerin Inga (Arndís Hrönn Egilsdóttir) vor dem Bankrott: Der gemeinsame Hof ist hoch verschuldet und die lokale Genossenschaft nutzt ihr wirtschaftliches Monopol gnadenlos aus. Sie setzt die Bauern unter Druck und schreckt auch vor persönlichen Drohungen nicht zurück. Nach und nach beginnt Inga zu verstehen, dass Reynirs Tod womöglich in Zusammenhang mit diesen mafiösen Machenschaften stehen könnte. Allein zieht sie gegen den scheinbar übermächtigen Feind ins Feld und setzt dabei auch ihre eigene Existenz aufs Spiel…

    Inga kämpft.

    Eine isländische Frau mittleren Alters im Revoluzzer-Alleingang gegen die Windmühlen der Wirtschaft – erst Ende 2018 kam ein Heldinnenfilm mit einer ähnlichen Prämisse in die Kinos: Nur ist Benedikt Erlingssons „Gegen den Strom“, in dem eine unscheinbare Chorleiterin mit Pfeil und Bogen gegen umweltschädigende Konzerne ins Feld zieht, der deutlich unterhaltsamere Film. Im Gegensatz zum anarchischen Witz von „Gegen den Strom“ überwiegen in „Milchkrieg in Dalsmynni“ trotz des augenzwinkernden Titels insgesamt die trüben Töne. Die gedrückte Grundstimmung, in kühlen, manchmal fast dokumentarisch anmutenden Aufnahmen eingefangen, hat zwar ihre Berechtigung – schließlich wird die Protagonistin mit dem Tod eines geliebten Menschen konfrontiert. Dennoch hätten insgesamt, vor allem in der zweiten Hälfte, ein paar mehr heitere Momente und etwas mehr Schwung und Leichtigkeit zu einem ausgewogeneren Tragikomödien-Erlebnis beigetragen.

    Zumal der Film der Düsternis der Erzählung auf der Diskursebene auch nicht wirklich gerecht wird: Schließlich ist es eine politisch, ökonomisch und emotional eigentlich hochkomplexe Situation, wenn sich die einst selbst gegründete und alle Lebensbereiche der dörflichen Gemeinschaft bestimmende Genossenschaft plötzlich gegen einen wendet. Da lastet auf allen Seiten ein unglaublicher Druck – inklusive viel Raum für Graubereiche und spannende Diskussionen. Aber wenn die beiden Genossenschaftschefs gemeinsam ihre Pläne schmieden, dann erinnern sie in „Milchkrieg in Dalsmynni“ mit ihrer boshaften Verschlagenheit fast schon an Bond-Bösewichte. Damit sind die Sympathien des Publikums sofort festgezurrt, während alle angebrachte Ambivalenz aus dem Film entweicht. Der ökologische Aspekt des Themas wird dabei nahezu komplett ausgeblendet, während die grundsätzliche ökonomische Problematik der Landwirte nur am Rande kurz angerissen wird.

    Arndís Hrönn Egilsdóttir rockt!

    Dafür begeistert Arndís Hrönn Egilsdóttir als resolute Landwirtin! Nachdem wir ihr in einer der ersten Szenen beim Entbinden eines Kalbs zugesehen haben, besteht kein Zweifel mehr daran, dass diese Frau sich in jedem noch so harten Kampf des Lebens allein behaupten kann. Die vom rauen Alltag der Landwirtschaft gezeichnete Milchbäuerin, die mit dem Rücken zur Wand den Marsch nach vorne antritt, kauft man Egilsdóttir in jeder Szene ab. Vor allem dank ihrer kraftvollen Präsenz bleibt man bei der isländischen One-Woman-Show bis zum Ende dran. Wobei es sich Grímur Hákonarson dann auch mit diesem Ende wieder zu einfach macht: Die schließlich herbeigeführte Lösung des existenziellen Konflikts wirkt in ihrer jetzigen Form nämlich nur wenig glaubhaft.

    Fazit: Zu einseitig erzählt, um die politische Problematik der Landwirte wirklich zu erfassen, und mit dem Ende macht es sich die leidlich lustige Tragikomödie auch zu einfach. Dank des glaubwürdigen Revoluzzer-Spirits der Hauptdarstellerin erweist sich „Milchkrieg in Dalsmynni“ aber dennoch als recht kurzweilige One-Woman-Show.

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