Ein Computer-animiertes Känguru ohne Timing für Witz!
Marc-Uwe Klings Känguru gibt es bereits seit 2008 als die ersten Texte veröffentlicht wurden. Das erste Buch kam dann 2009 und wurde mit seinen anderen drei Teilen zu einem Riesen-Erfolg in Deutschland. Auch ich wurde Fan dieser skurrilen, aber charmanten Geschichten über das kommunistische Känguru und den latent genervten Kleinkünstler. Irgendwann kam dann auch ein Theaterstück, eine Comicreihe und natürlich ein Film. Mithilfe von X Filme Creative Pool und Warner Bros. Kam es dann 2020 schließlich zum großen Kinodebüt. Regisseur war Dani Levy, der besonders durch „Alles auf Zucker!“ Bekanntheit erlangte. Soweit so gut, doch der erste Trailer ließ mich enttäuscht zurück, vor allem weil das Känguru eine ziemlich eklige CGI-Kreatur war. Im Kino hab ich den Film dann tatsächlich nicht gesehen, das Interesse war einfach nicht da, was schon kein gutes Zeichen ist. Nun hab ich mich getraut und siehe da… der Film ist ziemlich schlecht, welche Überraschung.
Sicherlich werden einige ihren Spaß mit der Verfilmung haben und das respektiere und schätze ich auch. Ich will aber erläutern, warum ich denke, dass der Film leider nur sehr wenig von der Energie und der Qualität des Originals hat.
Die Story kennen sicherlich die meisten: Der Kleinkünstler Marc-Uwe wird eines Tages von seiner penetranten Klingel aus dem Schlaf gerissen. Vor der Tür steht ein Känguru, das ihn fragt ob er Eier für Eierkuchen hat. Und so beginnt eine verrückte und sehr charmante Freundschaft zwischen den beiden. Ihr gemeinsamer Endgegner: Jörg Dwigs, der deutsche Trump-Verschnitt mit gesunder Axel Springer-Attitüde. Der will nämlich direkt gegenüber den Europatower bauen und damit alle Einwohner aus der Gegend vertreiben. Dagegen will das kommunistische Känguru etwas unternehmen und Marc-Uwe muss wohl oder übel mitziehen…
Zunächst einmal die positiven Dinge: Der Film hat eine wirklich gute Atmosphäre. Alles ist leicht überzogen und teils sehr absurd. Das tut dem Ganzen sehr gut, weil das Berlin hier eine leicht verzogene Realität darstellt. Besonders schön sind keine Details, wie etwa der Schriftzug „Filmmilch“ auf der Milchtüte. Das sind in meinen Augen auch die besten Momente im Film! Ab und zu hat mich der Film auch zum Lachen gebracht, was für eine deutsche Produktion wirklich beachtenswert ist.
Ebenfalls toll ist die Musik von Niki Reiser. Der Score ist wirklich passend zum überdrehten Geschehen und voll von Energie.
Auch die Darsteller sind nicht schlecht. Dimitrij Schaad ist solide als Marc-Uwe und Henry Hübchen als rechts-patriotischer Jörg Dwiggs hat eine tolle Energie. Marc-Uwe Kling selbst spricht den Erzähler und natürlich das Känguru. Eine recht sinnvolle Entscheidung und er macht das auch ganz ordentlich, nur finde ich es extrem nervig, dass man fast durchgängig hört, dass er in einer Kabine steht und seine Texte aufnimmt. Ton-technisch leider sehr amateurhaft gemacht.
Und damit sind wir leider bei den negativen Aspekten, denn amateurhaft trifft es hier und da sehr gut. Kling schrieb das Drehbuch zum Film selbst und ich finde es gut, dass das Ganze eine Mischung aus bekannten Gags und einer neuen Story ist. Somit werden sowohl die Neulinge als auch die eingefleischten Fans bedient. Doch es ist wie immer die Ausführung, die Inszenierung des Ganzen, die wichtig ist. Der Film hat ein ganz großes Problem: Timing. Daran ist besonders der grauenvolle Schnitt von Toni Froschhammer schuld. Deutsche Filme hassen grundsätzlich irgendwie gutes Editing, deswegen war ich nicht überrascht, aber bei einer Komödie ist der Schnitt essentiell für die Witze. Und hier klappt das überhaupt nicht. Die Story rast an einem einfach vorbei ohne große Pausen zum Durchatmen. Was ich an den Hörbüchern der Bücher liebe (hier liest Kling selbst das Ganze): Die Story wird mit viel Ruhe erzählt. Selbst die größten Actionmomente werden mit einer gemütlichen Ruhe von Kling gelesen. Zwischen vielen Dialogen lässt er einige Pausen, in denen ich mir im Kopf sehr gut die Reaktionen der Figuren vorstellen kann. So entstand danna uch oftmals der Witz des Ganzen. Hier jedoch verzichtet man darauf. Stattdessen muss immer ganz viel passieren, typische Reizüberflutung. Das ist aber auch bei internationalen Komödien leider mittlerweile Standard, weil besonders die jüngeren Zuschauer eine Aufmerksamkeitsspanne von 6,7 Sekunden haben (danke Tik Tok!). Und so war der Film für mich zumindest vor allem eins: Langweilig!
In anderen Momenten war es aber auch schwer den Ereignissen auf dem Bildschirm zu folgen. Gerade die Actionszenen waren unfassbar konfus geschnitten.
Weiterhin fehlt dem Film einfach auch der intelligente Humor, den die Bücher so ausgemacht haben. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass Marc-Uwe hier ganz anders inszeniert ist als er im Buch ist, besonders wie Kling sich selbst im Hörbuch liest. Hier im Film ist er ein vertrottelter Loser, der ab und zu mal sinnvolle Dinge sagt.
Vor allem aber stürzt der Film sich auf die aktuelle Politik der Rechtspopulisten. Und so witzig und richtig es ist diese Hops zu nehmen, so finde ich es schade, dass der Film sonst keine andere Aufgabe zu haben scheint. Die Bücher kritisierten gefühlt alles und jeden und das mochte ich sehr. Hier hat man sich auf die AfD (hier AzD) eingeschossen und mehr nicht. In der Fortsetzung sind es dann die Querdenker, wie ich gehört habe, wobei die auch hier schon teilweise ihr Fett abbekommen. Dieses Konzept ist in meinen Augen einfach zu plump und infolgedessen wirkt der Film auch plump.
Auch das Känguru trägt leider seinen Teil dazu bei, denn das CGI-Gebilde ist einfach ein Störfaktor für mich. Ja, eine andere Lösung für ein sprechendes Tier ist auf Anhieb schwer, aber Kling selbst hat sich in seinen Büchern doch immer sehr sarkastisch über CGI in den heutigen Filmen lustig gemacht. Hätte eine Puppe glaub ich viel sympathischer gefunden, aber sowas verkauft sich nicht zu gut an den Kinokassen… Auch haben das Känguru und Marc-Uwe im Film leider nur wenig Chemie. Das liegt aber auch sicherlich daran, dass man ihren Kennenlernprozess fast komplett überspringt, denn dieser findet in den Opening Credits als eine Montage statt. Somit wird einfach behauptet, dass beide Freunde sind, aber wirklich glauben konnte ich das nie...
Am Ende denk ich einfach auch, dass eine Real-Verfilmung an sich nicht funktioniert. Ein komplett animierter Film wäre da vielleicht besser gewesen, aber für mich ist es das Hörbuch oder eben die Bücher selbst, die das perfekte Medium für diese tolle Geschichte darstellen. Diese überzogene und manchmal sogar skurrile Welt, die Kling geschaffen hat (es ist ja nicht nur das Känguru), kann man einfach nicht gut in einem Film darstellen, besonders nicht, wenn er so gemacht ist, wie dieser hier!
Fazit: „Die Känguru-Chroniken“ ist leider eine Enttäuschung geworden! Eine sehr schwache und teils amateurhafte Umsetzung des Stoffes, bei dem es nur wenige gute Momente und Ideen gibt...