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    Tatort: Kopper
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Tatort: Kopper
    Von Lars-Christian Daniels

    Als Andreas Hoppe („Transit – Am Ende der Straße“) 1996 im herausragenden „Tatort: Der kalte Tod“ sein Debüt für die beliebteste deutsche Krimireihe gab, hätte sich der damals 36-jährige Schauspieler wohl kaum träumen lassen, dass er dem TV-Publikum noch weitere 21 Jahre in seiner Paraderolle als Hauptkommissar Mario Kopper am Einsatzort Ludwigshafen erhalten bleiben würde. Doch Kopper kam an: Der deutsch-italienische Ermittler mauserte sich auch dank seiner Vorliebe für Autos, Rotwein und Pasta in den 90er Jahren an der Seite von Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) zu einem der beliebtesten „Tatort“-Kommissare. Spätestens 2014 geriet er aber aufs Abstellgleis, denn mit der jungen Fallanalytikerin Johanna Stern (Lisa Bitter) installierte der SWR in der Hoffnung, seinem zunehmend angestaubt wirkenden „Tatort“ wieder mehr Schwung zu verleihen, eine zusätzliche Ermittlerin im Team. Beim Zickenkrieg zwischen seinen zwei Kolleginnen wirkte Kopper nun wie das fünfte Rad am Wagen und die Krimis aus der Kurpfalz überzeugten in den vergangenen Jahren immer seltener – der im Februar 2017 gesendete „Tatort: Babbeldasch“ gilt gar als eine der schwächsten „Tatort“-Folgen überhaupt. Wenige Tage nach diesem TV-Debakel gab der Sender die Trennung von Hoppe bekannt, beschert ihm in Roland Suso Richters spannendem „Tatort: Kopper“ nun aber zumindest einen würdigen Abschied.

    Der Ludwigshafener Hauptkommissar Mario Kopper (Andreas Hoppe) staunt nicht schlecht, als er beim Einkaufen einen Freund aus seiner Kindheit in Sizilien wiedertrifft: Sandro Giangreco (Michele Cuciuffo) lädt ihn spontan auf einen Wiedersehensdrink ein. Der gemeinsame Kneipenabend bleibt aber nicht ohne Folgen: Ein Italiener betritt das Lokal, richtet plötzlich eine Waffe auf Sandro und wird von Kopper in Notwehr erschossen. Nun geht der Ärger für den Kommissar erst richtig los: Sandro ist ins Visier der Mafia geraten und will als Kronzeuge gegen das Verbrechersyndikat aussagen, wenn Kopper ihm ins Zeugenschutzprogramm verhilft. Der wird aber selbst von der Mafia gejagt und taucht mit Sandro unter – sehr zum Ärger seiner ahnungslosen Kolleginnen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter). Die wurden zeitgleich auf den Suizid des Kronzeugen Russo (Victor Calero) angesetzt, der in der JVA eingesessen und mit LKA-Kollegin Karin Manz (Saskia Vester) einen ähnlichen Deal ausgehandelt hat. Dann findet Spurensicherungsleiter Peter Becker (Peter Espeloer) in der Kneipe Koppers Fingerabdrücke – und seine Kolleginnen stehen vor der Frage, ob Kopper womöglich in die Geschäfte der Mafia verstrickt ist...

    Vom Glanz früherer Tage ist in Ludwigshafen nicht viel geblieben: Während der „Tatort“ in den vergangenen Jahren eine Erfolgsgeschichte schrieb und es mittlerweile auf stolze 22 Ermittlerteams bringt, stürzten die Krimis aus der Kurpfalz nach der Jahrtausendwende qualitativ geradezu in den Keller. Trotz einiger Zwischenhochs wie dem „Tatort: Der glückliche Tod“ von 2008 oder dem „Tatort: Kassensturz“ von 2009 sind die Krimis mit Odenthal und Kopper mittlerweile die mit Abstand schwächsten der Reihe – doch der SWR hält ungeachtet der immer lauter werdenden Kritik geradezu eisern an der dienstältesten „Tatort“-Ermittlerin fest. Mit dem „Tatort: Kopper“ meldet sich Ludwigshafen nach jahrelanger Durststrecke nun endlich mit einem gelungenen Beitrag zurück: Drehbuchautor Patrick Brunken („Die Fahnderin“) hat Kopper einen überzeugenden Abschiedsfall auf den Leib geschrieben, der von Regisseur Roland Suso Richter („Das Geheimnis der Hebamme“) zeitgemäß und spannend in Szene gesetzt wird. Wer sich auf einen kniffligen Whodunit und gemütliches Miträtseln auf der Fernsehcouch gefreut hat, guckt allerdings in die Röhre: Der 1042. „Tatort“ ist in erster Linie ein temporeicher Mafiathriller und kein klassischer Sonntagskrimi.

    So ist auch für die nervtötenden Scharmützel im Präsidium, die den „Tatort“ aus Ludwigshafen zuletzt häufig zur Geduldsprobe werden ließen, diesmal kein Platz: Im Zentrum der Geschichte steht Kopper – fast so, als wolle der SWR mit nur einem Film wiederaufbauen, was in der Vergangenheit kontinuierlich eingerissen wurde. Der Film entfaltet aber bei weitem nicht die emotionale Wucht, die möglich gewesen wäre, wenn man Kopper als Figur zuletzt nicht so sträflich vernachlässigt und zum austauschbaren Sidekick degradiert hätte: Während sich Odenthal und Stern seit deren Dienstantritt ausgiebig beharkten und ihr Privatleben immer wieder mit ins Büro brachten, wissen wir von Koppers neuer Verlobter gerade einmal den Vornamen. Das macht sich spätestens dann bemerkbar, als die Mafia sie als Druckmittel gegen den gebeutelten Kommissar verwendet – wirkliches Mitfiebern kann hier kaum stattfinden. Die allerletzte Chance, Kopper als Figur mal wieder intensiver auszuloten und die Versäumnisse bei der Charakterzeichnung nachzuholen, nutzen die Filmemacher auch nur bedingt: Wenngleich durch die einleitende Begegnung mit Sandro der Bogen in Koppers Kindheit geschlagen wird, erfahren wir fast nichts über dessen Aufwachsen in Sizilien.

    Dennoch: „Kopper“ ist ein gelungener „Tatort“, der auch dank einiger knackiger Action-Einlagen nie langweilt und um Längen stärker ausfällt als die vielen schwachen Odenthal-Fälle der vergangenen Jahre. Der undurchsichtige Sandro (Michele Cuciuffo , „Maria Mafiosi“) spielt mit gezinkten Karten und bringt den scheidenden Kommissar dadurch gehörig in Bedrängnis, während Odenthal und Stern diesmal an einem Strang ziehen und selbst ins Visier der Mafia geraten: Wenngleich keine abgetrennten Pferdeköpfe im Bett liegen (es gibt mehrere Anspielungen auf die „Der Pate“-Trilogie), wird die unmittelbare Bedrohung dank unliebsamer Überraschungen vor der Wohnungstür und Patronenhülsen im Dienstwagen greifbar. Der Rahmenhandlung um die illegalen Mafia-Geschäfte mit Chemiemüll fehlt es allerdings an Substanz und nicht jede Figur bleibt frei von Krimi-Klischees: Während LKA-Kollegin Manz (Saskia Vester, „KDD – Kriminaldauerdienst“) erfreulicherweise mal nicht dem üblichen „Tatort“-Muster entspricht und sich der Kripo gegenüber kooperativ zeigt, verkörpert Andreas Leupold („Brüder“) mit dem uneinsichtig-arroganten Oberstaatsanwalt Benninger genau die Art eindimensionale Figur, der wir in der Krimireihe schon viel zu häufig begegnet sind.

    Fazit: Roland Suso Richters „Tatort: Kopper“ ist der beste „Tatort“ aus Ludwigshafen seit vielen Jahren – und damit ein würdiger Abschiedsfall für Andreas Hoppe, der die Krimireihe verlässt.

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