Mein Konto
    Morbius
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Morbius

    Generisch wie "Venom", aber ohne den spaßigen Tom Hardy

    Von Markus Trutt

    Mit dem Ausborgen von Spider-Man an Disney und das Marvel Cinematic Universe (MCU) ist Sony in den vergangenen Jahren gut gefahren – schließlich entsprang aus dieser Kooperation zwischen den Studios jüngst auch der Mega-Hit „Spider-Man: No Way Home“. Aber Sony reicht das nicht. Stattdessen nutzt das Studio seit 2018 die Filmrechte an den „Spider-Man“-Comics, um neben dem MCU auch noch ein eigenes Kinouniversum rund um die Widersacher des weltberühmten Wandkrabblers aufzubauen. Obwohl Sonys Spider-Man Universe bisher noch ohne den zentralen Star Spider-Man auskommen muss, erwies sich das SSU aus dem Stand als voller Erfolg: „Venom“ und „Venom 2: Let There Be Carnage“ spielten zusammen mehr als 1,3 Milliarden Dollar ein. Aber ob das mit dem nächsten Eintrag nahtlos so weitergeht, darf bezweifelt werden. Denn wo die „Venom“-Filme im Vergleich zu Tom Hollands Spidey-Auftritten schon merklich abgefallen sind, markiert „Morbius“ nun den bisherigen Tiefpunkt der Antihelden-Reihe.

    Der brillante Mediziner Michael Morbius (Jared Leto) leidet seit seiner Kindheit an einer seltenen und früher oder später auch tödlichen Blutkrankheit. Dieses tragische Schicksal, das er unter anderem mit seinem ebenfalls erkrankten besten Freund Milo (Matt Smith) teilt, hat Michael dazu gebracht, sein gesamtes Leben der fieberhaften Suche nach einer Heilung zu widmen – und nach Jahren ohne Erfolg scheint er nun endlich vor dem Durchbruch zu stehen. Um seine Theorie, dass die DNA von Vampirfledermäusen die Lösung sein könnte, auszutesten, wagt Michael ein riskantes Selbstexperiment – mit verheerenden Folgen. Zwar machen seine Krankheitssymptome tatsächlich übermenschlichen Fähigkeiten Platz, doch verspürt er zusätzlich auch einen ständigen Durst nach Menschenblut, der sich immer schwerer kontrollieren lässt. Milo fordert trotzdem die Freigabe des Medikaments – Nebenwirkungen hin oder her…

    Jared Leto hat in den vergangenen Jahren wirklich immer 150% gegeben - und nun hält er sich ausgerechnet als Vampir-Anti-Held konsequent zurück.

    Sie sollten nicht hier sein, wenn es dunkel wird“, warnt ein Helikopterpilot Michael Morbius direkt zu Beginn des Films – und wenn man zynisch sein möchte, könnte man die Warnung auch vor den Kinosälen aufhängen. Dabei fängt alles noch recht stimmungsvoll an: Nach einem Rückblick auf die Anfänge der Freundschaft von Michael und Milo folgt ein richtiges kleines Horror-Highlight, das man so eher nicht in einem Marvel-Film erwartet hätte (selbst wenn es mittlerweile schon ausgiebig in den Trailern zu sehen war):

    Wenn Michael sich auf einem Schiff mitten im Ozean plötzlich in einen Blutsauger verwandelt und kurzen Prozess mit den Söldnern an Bord macht, weckt das nicht nur Erinnerungen an berühmte Vampir-Vorbilder (nicht ohne Grund ist das Schiff nach „Nosferatu“-Mastermind Friedrich Wilhelm Murnau benannt). „Life“-Regisseur Daniel Espinosa gelingt es hier, den frischgebackenen Spitzzahn als bedrohliche Killermaschine zu etablieren, die den gewaltigen Kahn im Handumdrehen zu einem klaustrophobischen Ort des Schreckens macht. Mit scharfen Zähen und noch schärferen Klauen holt „Morbius“ in solchen Momenten tatsächlich das Maximum aus der für alle Marvel-Blockbuster (außer „Deadpool“) angepeilten US-Jugendfreigabe (PG-13) heraus.

    Mit Ausnahme des Auftakts ist das alles altbekannt

    Für einen Moment sieht es so aus, als ob die „Morbius“-Verantwortlichen tatsächlich so mutig wären, die Hauptfigur eines Mainstream-Blockbusters als unkontrollierte Bestie anzulegen. Aber wie bei Eddie Brock & Venom hält dieser ambivalente und gerade deshalb spannende Zustand auch hier nur kurz an: Nicht nur wird explizit ausbuchstabiert, dass es sich bei den Opfern ja nur um ein paar zwielichtige Typen gehandelt hat, die angeblich eh niemand vermissen wird – Morbius bekommt im Anschluss seine ach so unberechenbaren Fähigkeiten dann doch sehr schnell in den Griff (es sei denn, der Plot verlangt gerade anderes).

    Die dürftige Logik hinter seiner Transformation zum Vampir ist nämlich alles andere als konsistent. Stattdessen wird immer alles so hingebogen, wie es gerade nötig ist, um zum nächsten Punkt des vorhersehbaren Plots zu kommen. Denn der folgt trotz blutsaugender Hauptfigur weitestgehend überraschungsfrei den inzwischen mehr als ausgetretenen Pfaden einer generischen Comic-Verfilmung – vom Arrangieren mit den neuen Kräften über den Bösewicht mit den exakt selben Fähigkeiten bis hin zum Love Interest, das vom (Anti-)Helden gerettet werden muss. Ganz zu schweigen von den obligatorischen Verweisen auf das größere Filmuniversum, die sich in diesem Fall allerdings wie eine bloße Pflichtübung anfühlen.

    Ex-"Dr. Who" Matt Smith hat in der Rolle des Widersacher sichtlich Spaß - etwas, das dem Film als Ganzes leider ziemlich abgeht.

    In „Morbius“ scheint nur die nötigste kreative Energie geflossen zu sein, um den Marvel-Vampir irgendwie auf die große Leinwand zu hieven. Das trifft leider auch auf einen Großteil der Action-Sequenzen zu. Wenn sich da wild umherspringende CGI-Vampire kabbeln und zwischendurch in Superzeitlupe ineinander verkeilen, damit man nicht gänzlich den Überblick verliert, wirkt es streckenweise fast so, als hätte man einfach die Animationsvorlagen des „Venom“-Finals recycelt und nur den Schauplatz ausgewechselt sowie Vampirfratzen draufgeklatscht. Da kann auch Michaels gelungen visualisiertes Fledermaus-Echolot nicht mehr viel rausreißen.

    Trotz aller „Venom“-Parallelen, die „Morbius“ beim Aufbau und Look aufweist, geht dem dritten SSU-Blockbuster aber ein wesentlicher Punkt ab, der die beiden Vorgängerfilme zumindest streckenweise ziemlich spaßig gemacht hat. Denn egal wie man zum Rest von „Venom“ steht: Dem außer Rand und Band agierenden Tom Hardy bei seiner Quasi-Alien-Romanze zuzuschauen (und zuzuhören), ist definitiv ein Ereignis! Mit der Verpflichtung des enorm wandelbaren Jared Leto (oscarprämiert für „Dallas Buyers Club“) wurden eigentlich die nötigen Voraussetzungen geschaffen, um in „Morbius“ ebenfalls wieder ordentlich an der Absurditäts-Schraube zu drehen. Allerdings bleibt Leto ausgerechnet diesmal seltsam austauschbar und blass (und damit ist nicht nur sein vampirischer Teint gemeint). Vom Wahnsinn seiner Joker- oder „House Of Gucci“-Darstellung fehlt hier jede Spur.

    Zumindest der Bösewicht hat Spaß

    Sichtlich mehr Vergnügen an seiner Rolle hat da schon Ex-„Dr. Who“ Matt Smith, der seine Vampirwerdung herrlich diabolisch zelebriert. Tatsächlich wird auch die Freundschaft zwischen Milo und Morbius in ihren ersten gemeinsamen Szenen gut genug etabliert, um darauf im sich anschließend entwickelnden Konflikt aufbauen zu können. Nur passiert das leider nicht. Vor allem der ungerührte Morbius sorgt dafür, dass die persönliche Beziehung der beiden Erzfreunde mit fortschreitender Laufzeit letztlich doch nur noch wie behauptet wirkt. Am Ende prügeln einfach wieder zwei hässliche Monster aus dem Computer aufeinander ein, während ihre potenziell wirkungsvolle Vorgeschichte immer mehr zur Nebensache degradiert wird.

    Fazit: Wie in „Venom“ trifft auch hier ein generischer und holprig zusammengeschusterter Plot auf uninspirierte CGI-Matsch-Action, nur dass „Morbius“ ein freidrehender Tom Hardy fehlt, weshalb auch der Antiheld im Zentrum diesmal ziemlich blass bleibt.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top