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    Das zweite Leben des Monsieur Alain
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Das zweite Leben des Monsieur Alain

    Es wird wieder gepilgert

    Von Markus Tschiedert

    Wer sich auf den Jakobsweg begibt, hat meistens etwas gut zu machen – bei anderen, bei sich selbst, bei seiner Umwelt. Das Wandern entlang des Camino de Santiago im Norden Spaniens ist zugleich immer auch eine Reise ins Innere, um die Last des Lebens zu verlieren und danach hoffentlich als besonnener Mensch wieder in den Alltag zu treten. Das Pilgern auf dem Jakobsweg erfreut sich deshalb auch im Kino seit einigen Jahren einer großen Beliebtheit und eigentlich könnte man schon von einem eigenen Sub-Genre reden –von der Komödie „Saint Jacques... Pilgern auf Französisch“ über von „Dein Weg“ von Emilio Estevez, der 2010 seinen Vater Martin Sheen auf die christliche Pilgerfahrt schickte, bis hin zur Bestsellerverfilmung „Ich bin dann mal weg“ mit Devid Striesow als Hape Kerkeling. Und das sind längst nicht alle …

    Aus Frankreich gesellt sich nun auch noch „Das zweite Leben des Monsieur Alain“ dazu. Der deutsche Titel, der eigentlich schon alles sagt, soll dabei sicherlich auch eine gewisse Assoziation zu „Monsieur Claude und seine Töchter“ (vier Millionen Besucher in Deutschland, zwölf Millionen in Frankreich) heraufbeschwören. Glücklicherweise müssen wir diesen von Fabrice Luchini („Das Schmuckstück“) gespielten Monsieur Alain aber nicht von Anfang an nur auf seiner Reise zu einem besseren Ich begleiten. Stattdessen konzentriert sich der Film die meiste Zeit darauf, wie ein Kotzbrocken bald selbst vor Erschöpfung selbst das Kotzen bekommt und sein Leben deshalb schlagartig ändern muss. Dabei trampelt Regisseur und Drehbuchautor Hervé Mimran allerdings auf ausgelatschten Läuterungs-Pfaden, um mit den simpelsten Mitteln die offensichtlichsten Wohlfühl-Momente zu kreieren.

    Nach seinem Schlaganfall pilgert sich Monsieur Alain zurück ins Leben ...

    Monsieur Alain Wapler (Fabrice Luchini) ist einer der Topmanager der französischen Autoindustrie. Weil er nur seine Arbeit im Kopf hat, ist ihm alles andere egal. Das bekommen vor allem seine Mitmenschen zu spüren. Mit seiner rüden Art hält er alle auf Trab. Aber dann kommt die Rechnung: Zuerst übergibt sich Alain und schließlich kippt er aus den Latschen. Die Ärzte diagnostizieren einen Schlaganfall, Alain hat fortan Gedächtnisstörungen und Sprachschwierigkeiten. Die Logopädin Jeanne (Leila Bekhti, „Ein Becken voller Männer“) soll ihm helfen, wieder anständige Sätze zu formulieren. Aus der Chefetage fliegt der nun als behindert eingestufte Alain trotzdem raus. So bleibt ihm nur noch der Vorschlag seiner Tochter Julia (Rebecca Marder, „Die Kinder von Paris“), mit ihr gemeinsam den Jakobsweg abzulaufen …

    Mit seinem Spiel erinnert Fabrice Luchini an Louis de Funés („Der Gendarm von Tropez“), Christian Clavier („Monsieur Claude 2“) oder das Strichmännchen La Linea. Aufbrausend und beleidigend, wenn etwas nicht funktioniert – und Schuld haben sowieso immer die anderen. Aber natürlich soll dabei in einem Wohlfühl-Film wie diesem auch immer mit durchschimmern, dass der Protagonist das Herz trotz seiner Ausraster am rechten Fleck hat – und genau das will Luchini nicht so recht gelingen. Selbst nach dem Schlaganfall kann er die verlorenen Sympathiepunkte nicht wieder gut machen. Das liegt auch daran, wie sein schlaganfallbedingter Sprachfehler, wegen dem er Buchstaben und Silben zu einem Wortsalat verknotet, so lange komödiantisch ausgeschlachtet wird, bis es schon lange nicht mehr lustig ist.

    Willkommen bei den ziemlich besten Freunden

    Es liegt auf der Hand, dass man sich mit diesem eher drollig als tragisch in Szene gesetzten Sprachfehler an die Erfolgskomödie „Willkommen bei den Sch’tis“ (mehr als zwei Millionen Zuschauer in Deutschland, 20 Millionen in Frankreich) über die komisch sprechenden Franzosen im Norden des Landes anzuhängen versucht. Und dann bleibt von den französischen Komödien-Megahits der vergangen Jahre ja auch nur noch „Ziemlich beste Freunde“ (neun Millionen Zuschauer in Deutschland, 19 Millionen in Frankreich) übrig - und tatsächlich lässt sich auch eine Parallele ausmachen: Wo „Ziemlich beste Freunde“ die wahre Lebens- und Leidensgeschichte des querschnittgelähmten Ex-Pommery-Geschäftsführers Philippe Pozzo di Borgo erzählt, beruft sich „Das zweite Leben des Monsieur Alain“ auf die Autobiografie des Peugeot- und Airbus-Konzernmanagers Christian Streiff.

    Französische Tragikomödien sind aktuell eine sichere Bank – und wer einfach nur die richtigen Zutaten vermischt, könnte auf der Welle eigentlich ganz gemütlich mitreiten. Aber um auf Nummer sicher zu gehen, wird gerade im letzten Viertel, wenn sich Monsieur Alain entgegen der ursprünglichen Pläne doch allein zum Jakobsweg aufmacht, nochmals ordentlich Schmalz aufgetragen. Zur verschmusten Musik erwartet den Zuschauer ein Zusammenschnitt aus sommerlichen Naturaufnahmen und fröhlichen Szenen geselliger Abende in Herbergen. Von wegen „steiniger Weg“, ausgelassene Urlaubsstimmung herrscht auf dem Jakobsweg. Da bleibt nur eben die Sinnsuche schnell auf der Strecke. Obendrauf gibt es noch ein Wiedersehen mit der Tochter, die dem Papa vergeben hat und ihn auf dem Weg abfängt. Friede, Freude, Eierkuchen! Nur wer etwas kritischer hinschaut, merkt, dass hier etwas gewaltig stinkt – und das sind nicht die Wanderschuhe des von nun an dauergrinsenden Monsieur Claude.

    Fazit: Monsieur Alain hangelt sich auf dem Jakobsweg an den Erfolgsrezepten französischer Komödien aus den vergangenen Jahren entlang, kommt dabei aber trotz der Vorbilder schnell vom rechten Weg ab …

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