Mein Konto
    Art Of Revenge - Mein Körper gehört mir
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Art Of Revenge - Mein Körper gehört mir
    Von Gregor Torinus

    Rape-and-Revenge-Reißer von Wes Cravens „Das letzte Haus links“ bis zu Meir Zachis „Ich spuck’ auf dein Grab“ nehmen oft sadistische Vergewaltigungsszenen als Ausgangspunkt für einen kaum minder sadistischen Rachefeldzug. Nur ganz wenige Filme, darunter etwa „Die Frau mit der 45er Magnum“ von Independent-Ikone Abel Ferrara, zeigen dabei, dass die Rache in der Regel nur noch weiteres Gift für die eh schon angeschlagene Psyche des Opfers bedeutet. Die ursprünglich aus dem brasilianischen São Paulo stammende Regisseurin Natalia Leite exerziert in ihrem feministischen Rache-Thriller „Art Of Revenge - Mein Körper gehört mir“ hingegen als steile Antithese dazu durch, wie eine konsequent durchgeführte Rache sogar die künstlerische Kreativität beflügeln kann. Allerdings wirkt das im Film leider ebenso hanebüchen wie es klingt. Nicht einmal Clint Eastwoods auf spannend-ambivalente Weise charismatische Tochter Francesca Eastwood in der Rolle der gepeinigten Künstler-Psychopathin kann so verhindern, dass „Art Of Revenge“ schlussendlich an seinem nicht zu Ende gedachten Grundkonzepts zerbricht.

    Der Kunststudentin Noelle (Francesca Eastwood) mangelt es an Selbstbewusstsein und an Vertrauen in ihre künstlerischen Fähigkeiten. Als sie bei einer Bildbesprechung selbst von ihren eigenen Kommilitonen derbe niedergemacht wird, kann sie kaum noch die Tränen zurückhalten. Umso erfreuter ist Noelle deshalb, als ausgerechnet sie von dem begabten und umschwärmten Schönling Luke (Peter Vack) zu einer Party eingeladen wird. Als der so sympathisch erscheinende Charmeur sie dann allerdings vergewaltigt, bricht für Noelle endgültig die Welt zusammen. Am nächsten Tag findet ihre Nachbarin Skye (Leah McKendrick) Noelle völlig fertig vor und gibt ihr den wenig hilfreichen Rat, „diese eine beschissene Nacht“ am besten einfach zu vergessen. Doch die schüchterne Noelle ringt sich schließlich dazu durch, zum Ort der Tat zurückzukehren, um Luke zur Rede zu stellen. Dabei kommt es zu einem Unfall, der für den Vergewaltiger tödlich endet. Anfangs reagiert Noelle mit einer noch größeren Verstörung. Doch als sie herausfindet, dass viele weitere Vergewaltigungen von Studentinnen ungesühnt bleiben, entdeckt sie ihre wahre Mission ...

    Der Film spielt nicht nur im Kunststudentenmilieu, er trägt seinen über herkömmlichen Slasher-Spaß hinausgehenden Selbstanspruch auch schon in seinem Titel – das Akronym M.F.A. (so der Originaltitel) steht schließlich für Master Of Fine Arts, den Masterabschluss an amerikanischen Kunsthochschulen. Regisseurin Natalia Leite („Bare“) und Drehbuchautorin Leah McKendrick versuchen hier, das selten tiefschürfende Genre des Rape-and-Revenge-Thrillers mit einer gesellschaftlich relevanten und hochaktuellen Thematik zu kreuzen. Eine eherne Ambition, aber am Ende führt der Ansatz dazu, dass die meisten der Figuren arg konstruiert und wie passend zur angestrebten Aussage hingebogen wirken. Insbesondere die Wandlung Noelles von der verschüchterten Außenseiterin zur selbstbewussten Rächerin zur künstlerischen Senkrechtstarterin bleibt komplett unglaubwürdig.

    Dabei hat „Art Of Revenge“ durchaus seine Momente. Das Grauen der Vergewaltigungsszene ist inklusive der begleitenden dissonanten Soundkulisse sehr intensiv (gerade, weil der Täter offenbar gar nicht versteht, dass er da gerade etwas Unrechtes tut). Wenn die psychisch fertige Noelle anschließend bekleidet in den Pool springt, ist das ein zwar nicht gerade subtiles, aber doch treffendes Bild für ihre Sehnsucht nach Reinheit. Sowieso sieht der in poppiger 1980er-Ästethik gefilmte „Art Of Revenge“ ziemlich gut aus – wenn Noelle mit Maske auf der Suche nach ihrem nächsten Opfer durch eine Party schleicht oder nach dem Töten in wilder Ekstase alte langweilige Zeichnungen zu vor Emotionen zerberstenden Meisterwerken übermalt, sind das gerade visuell absolut einprägsame Szenen.

    Trotzdem entfalten selbst die bestgefilmten Szenen nie ihre Wirkung, weil ihr emotionaler Gehalt stets pure Behauptung bleibt. Deshalb läuft auch die auf dem Papier spannende, aber auf der Leinwand einfach nicht zündende feministische Grundierung des Thrillers schlicht ins Leere. Auf der anderen Seite bleibt „Art Of Revenge“ für einen reinen Rache-Reißer allerdings ein ganzes Stück zu zahm – die Tötungsszenen werden jedenfalls kaum einen Genre-Junkie hinter dem Ofen vorlocken. So schlingert der Film unentschlossen zwischen Agitprop-Drama und Exploitation-Thriller und vermag am Ende weder als das eine noch das andere zu überzeugen.

    Fazit: „Art Of Revenge“ ist ein visuell spannender, aber emotional unglaubwürdiger und deshalb schnell ins Leere laufender Rape-and-Revenge-Thriller, den man weder Genre-Fans noch an der Thematik Interessierten wirklich ans Herz legen kann.

    Wir haben „Art Of Revenge - Mein Körper gehört mir“ unter dem Titel „M.F.A.“ auf dem Fantasy Filmfest 2017 gesehen, wo er im offiziellen Programm gezeigt wurde.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top