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    Slingshot
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Slingshot

    Psycho-Duell im Schatten des Jupiter

    Von Lutz Granert

    Erst vor wenigen Wochen erschien „Stockholm Bloodbath“ fürs Heimkino*, in dem der schwedische Filmemacher Mikael Håfström eine düstere Episode aus der Geschichte Skandinaviens als Historien-Schlachtplatte aufrollt. Und auch wenn das arg lang geratene Mittelalter-Spektakel so seine Schwächen hat, zumindest die Ausstattung gehört ganz sicher nicht dazu. Stattdessen sorgten die von Nora Takacs Ekberg realisierten Kulissen mit allerlei Wandteppichen, großen Kerzen und schwerem Holzmobiliar bei den Schloss-Interieurs für eine stimmige Zeitreise. Bei „Slingshot“ kommt dem Szenenbild ebenfalls eine Schlüsselrolle zu, schließlich spielt der Science-Fiction-Thriller weitestgehend im Inneren eines Raumschiffs.

    Mikael Håfström wollte dabei auch diesmal nicht kleckern, sondern klotzen – und engagierte für die in den ungarischen Korda-Studios zusammengezimmerte Weltraumkreuzer-Kulisse den Produktionsdesigner Barry Chusid („Rampage – Big Meets Bigger“). Aber was der abgeliefert hat, ist nun Fluch und Segen zugleich. Einerseits wirkt das in weiß-grauen Farben gehaltene, stets hell ausgeleuchtete Interieur des Schiffes ultramodern und aufgeräumt. Andererseits fehlt im Vergleich zu eher schummrig ausgeleuchteten Genre-Konkurrenten so etwas wie individueller Charme, weswegen die Szenerie oft seltsam leblos wirkt. Diese Stimmung übertrug sich offenbar auch auf das hochkarätige Ensemble, denn Oscar-Preisträger Casey Affleck („Manchester By The Sea“) und „John Wick 4“-Star Laurence Fishburne schauspielern diesmal nur auf Sparflamme.

    Klar steckt seine Figur in einer deprimierenden Situation fest. Aber ein wenig mitreißender hätte die Performance von Casey Affleck ruhig trotzdem ausfallen dürfen. DCM
    Klar steckt seine Figur in einer deprimierenden Situation fest. Aber ein wenig mitreißender hätte die Performance von Casey Affleck ruhig trotzdem ausfallen dürfen.

    Aufgrund der Folgen des Klimawandels steht die Welt kurz vorm Kollaps. Als große Hoffnung der Menschheit gilt die Odyssey-1-Mission, welche den erdähnlichen Saturn-Mond Titan erkunden und dort Energieträger für den Rücktransport zur Erde einsammeln soll. Die Crew besteht aus dem Piloten John (Casey Affleck), dem stets rationalen Captain Franks (Laurence Fishburne) sowie dem Ingenieur Nash (Tomer Capone). Kurz vor einem geplanten Slingshot-Manöver, bei dem die Gravitation des Jupiter genutzt werden soll, um dem Schiff zusätzlichen Schwung zu verleihen, wird das Raumgefährt von irgendwas an der Außenwand getroffen. Obwohl die Instrumente an Bord keinen Schaden attestieren, drängt Nash voll Todesangst darauf, nach Hause zu fliegen. Captain Franks besteht hingegen auf eine Fortführung der Mission. John gerät zwischen die Fronten des sich auf engstem Raum zuspitzenden Konflikts...

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    Um die lange Flugzeit zu überbrücken, werden die Astronauten in Intervallen immer wieder für jeweils 30 Tage in einen Tiefschlaf versetzt. Eine medikamentöse Prozedur, deren Nebenwirkungen Übelkeit, Schwindel, Desorientierung und Verwirrung umfassen können. Auch weil sich die Dialoge immer wieder bedeutungsschwanger um Johns subjektive Wahrnehmung drehen, deutet sich schon früh an, dass „Slingshot“ wohl eher weg von einem geradlinigen Weltraum-Drama in Richtung Psycho-Thriller abbiegen könnte. Die daraus folgende Wendung im letzten Viertel, welche die zunehmend rätselhaften Ereignisse durchaus plausibel auflöst (und in sich absolut logisch ist), ist aber zugleich auch ein zentrales Problem des Films.

    Denn selbst wenn das Autorenduo R. Scott Adams und Nathan Parker, der schon das Skript zum Sci-Fi-Meisterwerk „Moon“ schrieb, immer wieder mit Bezügen zu Genre-Klassikern kokettiert, so stellen sich doch nie echte Weltraum-Vibes ein. Das kreisrund angelegte Raumschiff und der Name der Mission spielen zwar auf „2001: Odyssee im Weltraum“ (1968) an, während eine herumgeisternde Frau sofort an „Solaris“ (1972) erinnert. Aber der Kosmos bleibt hinter schemenhaften Simulationen auf Touchdisplays sowie allerlei betulichen Alltagsroutinen zwischen Aufwachen, Frühstücken und Sport-Einheiten (wahlweise Indoor-Cycling oder Jogging) weitestgehend unsichtbar.

    Laurence Fishburne nimmt die mögliche Katastrophe als autoritärer Captain Franks erstaunlich gelassen hin. DCM
    Laurence Fishburne nimmt die mögliche Katastrophe als autoritärer Captain Franks erstaunlich gelassen hin.

    „Slingshot“ wirkt so mitunter wie reduziertes, kammerspielartiges Independent-Drama – mit eher wenigen Schauwerten, aber dafür mit einem A-List-Cast, der allerdings nicht ganz so motiviert wie erhofft herüberkommt: Casey Affleck legt den zunehmend mit seiner Wahrnehmung und der Mission hadernden Astronauten zwar den Medikamenten-Cocktails angemessen dröge und verschlafen an. Aber dafür, dass John auch in den zahlreichen – den eigentlich Plot immer wieder ausbremsenden – Rückblenden in einer arg formelhaft erzählten Romanze mit Zoe (Emily Beecham) jegliche Emotionen vermissen lässt, gibt es eigentlich keinen Grund.

    Ihm gegenüber spult ein meist seltsam unbeteiligt wirkender Laurence Fishburne seine Rolle als autoritärer Captain formelhaft herunter. Dem „Matrix“-Star ist die Dankbarkeit anzumerken, wenn er seinem an sich flachen Part doch mal etwas Profil verleihen kann – etwa wenn er mit süffisantem Witz Selbstgebrannten unters Volk bringt. Auch Tomer Capone, bekannt aus der Amazon-Prime-Serie „The Boys“, bleibt als zunehmend durchdrehender Ingenieur zu eindimensional. „Slingshot“ wirkt deshalb seltsam blutleer – daran kann auch eine schick designte Kulisse nichts ändern, wenn das Figurentrio derart lustlos in ihr herumstapft.

    Fazit: Das kammerspielartige Sci-Fi-Thriller-Drama „Slingshot“ steuert zielgerichtet auf eine Wendung im letzten Akt zu, die sicher nicht für alle Zuschauer*innen komplett überraschend kommen wird. Abgesehen vom hübsch designten Raumschiff fehlen dabei die von einem Weltraumfilm erwarteten Schauwerte – und auch das namhafte Darsteller-Trio enttäuscht mit eher müden (und ermüdenden) Performances.

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