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    Meine schöne innere Sonne - Isabelle und ihre Liebhaber
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Meine schöne innere Sonne - Isabelle und ihre Liebhaber
    Von Michael Meyns

    Eine romantische Komödie von Claire Denis? Ein leichtes Lustspiel ist nicht unbedingt das, was man von der Regisseurin von „Beau Travail“, „White Material“ oder zuletzt „Les Salauds - Dreckskerle“ erwarten würde. Gerade der letztgenannte Film, in dem die Französin die Abgründe sexuellen Missbrauchs sezierte, könnte auf den ersten Blick nicht weiter von der brav-bürgerlichen Welt von „Meine schöne innere Sonne - Isabelle und ihre Liebhaber“ entfernt sein, der in Cannes 2017 die Sektion Quinzaine des réalisateurs eröffnet hat. Bei genauerer Betrachtung ist dieser amüsante neue Film aber doch eine passende Ergänzung zum Vorgänger, denn es geht zwar diesmal nicht um Missbrauch und Vergewaltigung, aber dennoch lässt Denis einmal mehr kaum ein gutes Haar an den Männern. Die Bekanntschaften, mit denen die Regisseurin ihre brillante Hauptdarstellerin Juliette Binoche („Der englische Patient“, „Die Wolken von Sils Maria“) hier konfrontiert, sind gewissermaßen „Dreckskerle light“. So mag der Ton von „Let The Sunshine In“ ungewohnt leicht sein, trotzdem ist die Komödie zugleich auch ganz unverkennbar ein Claire-Denis-Film.

    Isabelle (Juliette Binoche) ist Künstlerin, geschieden und Single. Ob sie noch einmal nach der großen Liebe suchen soll und ob diese Suche überhaupt sinnvoll ist, sind die Fragen, die sie umtreiben. Sie hat Affären mit dem selbstgefälligen Banker Vincent (Xavier Beauvois), einem etwas verwirrten Schauspieler (Nicolas Duvauchelle), einem sensiblen Künstler (Alex Descas) und mit Sylvain (Paul Blain), einem Mann aus der Arbeiterklasse, doch so wirklich warm wird sie mit keinem dieser Männer. Doch woran liegt es, dass sie sich nicht wirklich öffnen kann, nie ganz zufrieden mit dem jeweiligen Liebhaber ist? An ihr selbst, an den gesellschaftlichen Konventionen oder doch einfach an den Männern?

    Schon die erste Szene von „Meine schöne innere Sonne“ ist bezeichnend: Ein Mann müht sich da auf der von Juliette Binoche gespielten Isabelle ab, das Paar hat Sex, im weitesten Sinne, denn dieser Akt wirkt angestrengt, nicht gerade lustvoll. Zunehmend gelangweilt blickt Binoche nach oben, in die Kamera, bis sie reichlich genervt „Komm endlich!“ sagt. Nicht minder verkrampft ist das postkoitale Gespräch, der Versuch des Mannes, bestätigt zu bekommen, dass er nichts falsch gemacht hat, die Bemühungen der Frau, ihn nicht in seiner Männlichkeit zu verletzen. Aber warum eigentlich nicht? Warum fällt es dieser Frau, dieser autarken, selbstbewussten, auch erfolgreichen Künstlerin, in diesem Moment so schwer, dem Mann zu sagen, dass er ein schlechter Liebhaber ist?

    Fragen des Zwischenmenschlichen, vor allem über das Verhältnis von Männern und Frauen stehen im Zentrum von „Meine schöne innere Sonne“, der lose auf Roland Barthes‘ „Fragmente einer Sprache der Liebe“ basiert, was eigentlich auch ein schöner Titel für den Film wäre. Der ist zwar kein Fragment, hat aber mit seiner losen, offenen Struktur ebenfalls etwas Unfertiges und Provisorisches an sich. Diverse Liebhaber trifft Isabelle im Lauf der 100 Minuten, probiert auf der Suche nach etwas Echtem, etwas Wahrem gleichsam unterschiedliche Typen aus: den Arroganten, den Sensiblen, den Fürsorglichen, den Bodenständigen. Alle Männer haben etwas für sich, aber zugleich auch Macken und sei es vor allem in den Augen der Anderen. Als Isabelle etwa mit Sylvain anbandelt, wird sie bald von einem Galeristen, der ihr ebenfalls den Hof macht, gefragt, ob sie denn überhaupt ein gemeinsames Gesprächsthema mit dem einfachen Arbeiter hätte? Durchaus, antwortet Isabelle, aber man merkt, dass das nicht die ganze Wahrheit ist und der eigennützige Bekannte einen wunden Punkt getroffen hat.

    Man darf diesen Film durchaus autobiografisch verstehen, als intime Reflexion einer Regisseurin, die in Juliette Binoche ein ideales Alter Ego gefunden hat. Die Oscar-Preisträgerin präsentiert sich hier absolut natürlich, ihre Darstellung ist von bemerkenswerter Offenheit und wirkt vollkommen ungeschützt, so als hätte der Verzicht auf ein narratives Korsett sie auch von allen anderen Zwängen befreit. Dadurch bekommt der Film etwas zutiefst Persönliches: Claire Denis und Juliette Binoche stellen uns und sich grundlegende Fragen über (Geschlechter-)Klischees, sie erzählen von der  Schwierigkeit, Konventionen zu überwinden und sie nehmen sich bei all dem eine inspirierende Freiheit heraus.

    Fazit: Claire Denis versucht sich an einer Komödie und zeigt dabei alle Qualitäten ihrer ernsteren Werke: „Meine schöne innere Sonne“ ist intelligent, reflektiert, genau beobachtet und als Bonus gibt es noch eine herausragende Juliette Binoche in der Hauptrolle.

    Wir haben „Meine schöne innere Sonne“ bei den 70. Filmfestspielen in Cannes 2017 gesehen, wo er als Eröffnungsfilm der Reihe Quinzaine des réalisateurs gezeigt wurde.

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