Der Hund als bester Freund des Menschen, dieses Thema wird einfach nicht alt – auch nicht im Kino. Aber während zuletzt Lasse Hallström mit seinem rührigen Vierbeiner-Drama „Bailey – Ein Freund fürs Leben“ eine filmische Liebeserklärung an die treuen tierischen Gefährten abgab, wirft Regisseur Sebastian Stern („Die Hummel“) in seiner Komödie „Der Hund begraben“ ein ganz anderes Licht auf das Verhältnis zwischen Mensch und Hund. Hier wird letzterer nämlich buchstäblich zum Ersatz für ein Familienoberhaupt in der Krise: Während die Frau den Gatten für „emotional unbrauchbar“ und die pubertäre Tochter den Vater für „krass unentspannt“ hält, steht der Hund gleichsam als besserer Mensch da. Die Filmemacher gewinnen dieser Prämisse viele absurde Situationen ab, außerdem ist es ein Vergnügen, Justus von Dohnányi („Timm Thaler“) als vom Hund verdrängten Versager und seinem Nebenbuhler Georg Friedrich („Wilde Maus“, „Helle Nächte“) zuzusehen. Trotzdem ist diese „Geschichte von einem Mann, der überflüssig wurde“ insgesamt ein wenig brav geraten und hätte noch mehr satirische Schärfe vertragen können.
„Ich habe das Gefühl, dass irgendwas mit mir nicht stimmt... Ob es das Alter ist?“ Mit dieser Frage auf dem Herzen sitzt der kerngesunde Hans Waldmann (Justus von Dohnányi) in der Praxis seines Hausarztes, der dem Familienvater auch nicht helfen kann. Eine Midlife-Krise im fortgeschrittenen Stadium kann man schließlich nicht mal eben mit Tabletten heilen. Als Hans auch noch seine Stelle in der Papierfabrik an einen jüngeren verliert, gerät seine Leben endgültig ins Wanken. Selbst die Familie spendet dem biederen Loser keinen Trost: Während seine 15-jährige Tochter Laura (Ricarda Vioa Zimmerer) nur noch Augen für ihren neuen Freund hat, findet seine Frau Yvonne (Juliane Köhler) in einem dahergelaufenen Mischling so etwas wie einen Ersatzpartner. Als der auf den Namen Kurt getaufte Streuner aber schon wenig später Reißaus nimmt und zu allem Unglück auch noch unter die Räder von Hans' heimlich erworbenem Cabrio gerät, steckt das Familienoberhaupt endgültig in der Patsche – aus der ihm der nur flüchtig bekannte Mike (Georg Friedrich) mit einer Notlüge helfen will...
Der Hund ist für Regisseur Sebastian Stern Mittel zum Zweck, um einen lange schwelenden Konflikt im Leben der Waldmanns zum Ausbruch zu bringen. Wenn der Filmemacher den Vierbeiner zum besseren Partner für die Gattin macht, steht der Mann und Versorger als gedemütigter Versager da. Das in schwelgerischen Zeitlupen eingefangene Spiel zwischen Frauchen und Hund nimmt hier nicht zufällig fast schon sexuelle Züge an. So boshaft sind Sterns Spitzen aber nur selten, für eine selbsterklärte schwarze Komödie geht es über weite Strecken erstaunlich harmlos zu. Erst am Ende des arg vorhersehbaren Films überrascht uns der Regisseur noch einmal mit einer morbiden Pointe, die zugleich aber zusätzlich unterstreicht, dass hier einiges an Potenzial verschenkt wurde.
„Der Hund begraben“ ist als Ganzes nicht so schonungslos-entlarvend wie es die Ausgangssituation verspricht und die besten Szenen einlösen, aber die hervorragend aufgelegten Darsteller machen die erzählerischen Defizite zu guten Teilen wieder wett – allen voran Justus von Dohnányi. Er tritt als trauriges Würstchen von einem Familienoberhaupt mit Bravour in die Fußstapfen von wegweisenden Loser-Ikonen wie William H. Macy in „Fargo“: Wenn sein Hans im inneren Monolog verzweifelt darüber sinniert, ob Glück nicht vielleicht einfach nur die Abwesenheit von Unglück ist, kann man gar nicht anders, als mit diesem Häufchen Elend mitzufühlen – zumal sich alle Welt gegen ihn verschworen zu haben scheint. Nicht nur Frau und Tochter rebellieren gegen ihn, auch Schürzenjäger Mike, der kurzerhand die Stelle des verschwundenen Hundes (und damit die des Gattenersatzes) einnimmt, macht ihm das Leben schwer. Und ähnlich wie in Michael Glawoggers psychedelischer Kiffer-Komödie „Contact High“ stiehlt Georg Friedrich auch hier so manche Szene, etwa wenn er am Essenstisch der Waldmanns über die sexuellen Eskapaden seiner Jugendzeit sinniert und verstiegene esoterische Theorien über die Beziehung zwischen Mensch und Hund zum Besten gibt: „Ich sag immer: Der Hund ist ein Hund, der Mensch ist die Sau.“
Fazit: Amüsante schwarze Komödie mit toll aufgelegten Darstellern, die ruhig noch etwas bissiger hätte ausfallen dürfen.