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    Tatort: Die Kunst des Krieges
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Tatort: Die Kunst des Krieges
    Von Lars-Christian Daniels

    Wer erinnert sich an den „Tatort“-Kommissar, der seinen Hund mit Weißbier und Schnitzel fütterte und in einer Tasche mit aufs Präsidium schmuggelte? Die älteren Zuschauer werden ihn noch kennen: Bei dem gesuchten Tierfreund handelt es sich um Hauptkommissar Melchior Veigl (Gustl Bayrhammer), der von 1972 bis 1981 in München auf Mördersuche ging und ein besonders inniges Verhältnis zu seinem Dackel Oswald pflegte. Beim Publikum kam diese tierische Freundschaft gut an: Als der TV-Hund 1975 starb, rief der BR zu einem großen Casting für einen neuen Dackel auf – doch trotz vieler hundert Bewerbungen kehrte der Vierbeiner erst 1992 in die Krimireihe zurück, als Veigl ein kurzes Gastspiel im neuen „Tatort“ aus Dresden gab. In Wien könnte nun eine ähnliche Geschichte geschrieben werden: In Thomas Roths sehenswertem Milieukrimi „Tatort: Die Kunst des Krieges“ kümmert sich Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) parallel zu den Ermittlungen um einen knuffigen Parson Russell Terrier und wird seinen Feierabend wohl auch in Zukunft nicht allein verbringen müssen. Das Einschalten lohnt sich aber vor allem aufgrund der kurzweiligen Dialoge und des charismatischen Bösewichts, der diesem soliden „Tatort“ seinen Stempel aufdrückt.

    Der Wiener Chefinspektor Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und seine Kollegin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) werden zum Schauplatz eines brutalen Mordes gerufen: Einem türkischen Geschäftsmann wurden bei lebendigem Leib die Zunge und beide Hände abgeschnitten. Fellner kennt solche Rituale aus ihrer Zeit bei der „Sitte“ und vermutet einen Machtkampf im Milieu des organisierten Verbrechens: Der Tote war wohl nur vordergründig der Besitzer eines Döner-Restaurants und in Prostitution, Menschenhandel und die illegale Beschäftigung von Flüchtlingen verwickelt. Über Kollegin Daniela Vopelka (Kristina Sprenger) vom Dezernat für Organisierte Kriminalität lernt Eisner die junge Ukrainerin Victoria Oshchypko (Janina Rudenska) kennen, die sich im Haus des Opfers prostituieren musste. Ein Motiv für die Tat hat Ramazan Tagaev (Daniel Wagner), der in die Fußstapfen des Toten treten will und sich bei der Befragung wenig auskunftsfreudig zeigt. Ähnliches gilt für den großspurigen Zuhälter Andy Mittermeier (Michael Fuith), der es ebenfalls auf das Revier des Ermordeten abgesehen hat. Eisner und Fellner rücken beiden auf die Pelle – und müssen schon bald am eigenen Leib erfahren, dass mit dieser Klientel nicht zu spaßen ist...

    Die harte Gangart der vergangenen Jahre bestätigt sich auch beim 14. gemeinsamen Einsatz des Wiener Ermittlerduos: Im rauen Milieu der Großstadt kennen sich Eisner und Fellner mittlerweile bestens aus, und auch diesmal schonen die österreichischen Filmemacher ihr Publikum nicht. Wie viele Kollegen vor ihm stellt Regisseur und Drehbuchautor Thomas Roth („Trautmann“), der seinen siebten „Tatort“ inszeniert, den brutal ermordeten Geschäftsmann einleitend förmlich zur Schau: Wurde im letzten Wiener „Tatort: Sternschnuppe“ noch ein Musikproduzent in seiner eigenen Dusche stranguliert, war es im „Tatort: Falsch verpackt“ 2012 der zur Eisleiche erstarrte Martin Brambach, der den Ermittlern Rätsel aufgab. Diesmal hängt das Opfer mit dem Kopf in einer Kommode – brutal abgeschlachtet und mit einem elektrischen Dönermesser um wichtige Körperteile erleichtert. Ungewohnt harte Szenen wie diese sind nichts für zartbesaitete Zuschauer, und auch in dieser Folge macht Roth keine Kompromisse: Die obligatorische zweite „Tatort“-Leiche hängt in bester „Hannibal“-Manier publikumswirksam in luftiger Höhe. Es bleibt nicht der letzte Tote in einem Krimi, der sich spätestens auf der Zielgeraden zum actiongeladenen Thriller wandelt.

    Die Täterfrage ist im 992. „Tatort“ allerdings zweitrangig: Zwar funktioniert der Film auf dem Papier auch als Whodunit, doch stellt sich vor allem die Frage, ob es den Ermittlern am Ende wohl gelingt, dem charismatischen Zuhälter Mittermeier (herrlich böse: Michael Fuith, „Blutgletscher“) das Handwerk zu legen. Der in Waschbärpelz gekleidete, glatzköpfige Lude bedient zwar viele Klischees – schreckt bei seiner titelgebenden „Kunst des Krieges“ aber vor nichts zurück, um seine Schäfchen ins Trockene zu bringen. Für den Spannungsbogen erweist sich das als effektiv: Auch Eisner wird nach seinem unpraktischen Gipsbein im „Tatort: Lohn der Arbeit“, seiner heftigen Grippe im „Tatort: Kein Entkommen“ und seiner retrograden Amnesie im „Tatort: Unvergessen“ gesundheitlich einmal mehr arg in Mitleidenschaft gezogen. Wie gut, dass der Inspektor tierischen Beistand an seiner Seite weiß: Während Tochter Claudia (Tanja Raunig) zu ihrem türkischen Freund gezogen ist und kaum Zeit für ihn findet, weicht der herrchenlose Parson Russell Terrier „Börsi“ nicht mehr von seiner Seite. Anders als in öffentlich-rechtlichem Familienkitsch á la „Da kommt Kalle“ sind diese Szenen aber wohl dosiert und sorgen nur für gelegentliche Entschleunigung in einem selten langweiligen Krimi.

    Dass der „Tatort: Die Kunst des Krieges“ trotz vieler guter Ansätze und des gewohnt überzeugenden Zusammenspiels der Hauptdarsteller nicht zu den besten Beiträgen aus Österreich zählt, liegt daran, dass die Filmemacher im Schlussdrittel viel zu dick auftragen: Der Auftritt der in schwarzem Leder gekleideten Killerin „Asia“ (Puti Pendekar Kaisar) leitet einen fast absurden Showdown ein, bei dem so ziemlich jede Bewegung in Zeitlupe eingefangen wird. Hier entfernt sich der „Tatort: Die Kunst des Krieges“ ohne Not von seinen Wurzeln und ist nah dran an den umstrittenen Hamburger Beiträgen mit Nick Tschiller (Til Schweiger) und Yalcin Gümer (Fahri Yardim), bei denen die Action ähnlich stark im Vordergrund steht. Die wummernden Beats, die unter dem Strich ein wenig zu häufig zum Einsatz kommen, verstärken diesen Over-The-Top-Eindruck, doch die Fans der Wiener Krimis werden darüber hinwegsehen: Die zuletzt etwas schwächelnden Harald Krassnitzer („Der Winzerkönig“) und Adele Neuhauser („Vier Frauen und ein Todesfall“) harmonieren bei den amüsanten Kabbeleien einmal mehr prächtig, wenngleich ihr Wiener Schmäh und die stellenweise mangelhafte Tonabmischung des Films wohl wieder zahlreiche Zuschauer auf die Palme bringen werden.

    Fazit: Thomas Roths „Tatort: Die Kunst des Krieges“ ist ein brutaler, aber kurzweiliger Milieuthriller, der unter einigen Klischees und einem überzogenen Finale leidet.

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