Jason Flemyng gehört nicht zu den allerberühmtesten Schauspielern auf dem Erdenrund, aber aus den Filmen von Guy Ritchie („Bube, Dame, König, grAs“, „Snatch“) und Matthew Vaughn („Layer Cake“, „X-Men - Erste Entscheidung“) ist er allemal ein vertrautes Gesicht. Nun gibt der Engländer sein Regiedebüt und zeigt dabei eine ähnliche Experimentierfreude wie seine beiden erwähnten Landsleute. So hat er den Belagerungszustand, wie wir ihn aus Western und Zombiefilmen kennen, in seiner ungewöhnlichen Vampirkomödie „Eat Locals“ kurzerhand umgedreht – und so sind es hier die Blutsauger, denen eine ganze Kompanie Soldaten auf den Pelz rückt.
Alle 50 Jahre treffen sich die acht Vampire, die sich seit langer Zeit England teilen, an einer wechselnden Lokalität (diesmal eine Farm irgendwo auf dem Lande), um wie eine Mischung aus Förstern und Politikern über einzuhaltende Quoten und Entwicklungen im „Wildbestand“ zu diskutieren. In diesem Jahr soll einer der acht ausgetauscht werden, denn er hat sich an Kindern vergangen, was verpönt ist. Die verführerische Vanessa (Eve Myles aus „Torchwood“) hat den nichtsahnenden Romani Sebastian (Billy Cook) als Ersatz mitgebracht. Der dauerhaft schlecht gelaunte Vampirkollege Peter (Tony Curran, „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“) legt jedoch ein Veto ein, und so wird Sebastian stattdessen zum Hauptgang erklärt. Unterdessen sind im umgebenden Gehölz einige Squadrone Soldaten unterwegs, die dem Gerücht einer Vampirsichtung nachgehen, aber nicht mit mehr als einem halben Dutzend der gefährlichen Kreaturen auf einmal gerechnet haben …
Ähnlich wie in „Fünf Zimmer Küche Sarg“ repräsentieren die Vampire hier unterschiedliche Vorlieben und Lebensarten. Henry (Charlie Cox, „Daredevil“) beschränkt sich auf tierische Kost, der „Duke“ (Vincent Regan, „300“) steht wie Peter für traditionelle Werte, während Chen (Lukaz Leong) und Angel (Freema Agyeman, „Doctor Who“) eher neue Strömungen vertreten, womit sie möglicherweise schon vor 50 oder 100 Jahren menschliche Trends vorweggenommen haben. Die scheinbar älteste Vampirin Alice (Annette Crosbie aus „Kalender Girls“) hat übrigens ihre eigenen Jagdmethoden perfektioniert: Sie tritt als hilfebedürftige Großmutter (mal strickend, mal mit Gehhilfen) auf, um im richtigen Moment erbarmungslos zuzuschlagen.
Die Figuren sind abwechslungsreich angelegt, sodass sich die größtenteils sehr erfahrene Besetzung lustvoll austoben kann, wobei sie einige, aber längst nicht alle Hänger im Drehbuch ausgleicht. Neben der Vampirriege (eine besondere Erwähnung für die süffisant wie Catherine Deneuve ihre Szenen beherrschende Eve Myles) setzen auch der aus „Game Of Thrones“ und „Fluch der Karibik“ bekannte Mackenzie Crook als überforderter Befehlshabender Larousse oder Dexter Fletcher („Cockneys vs Zombies“) als vermeintlich unschuldiger Farmbesitzer Mr. Thatcher mit viel Spielfreude amüsante Akzente.
Für einen Vampirfilm wird erstaunlich viel geschossen (auch weil die Blutsauger sich schließlich selbst bewaffnen, um ihre Überlebenschance zu wahren), die Mischung aus Militär und Mystery sorgt für augenzwinkernde Spannung. Die Thermaldetektoren helfen unterdessen bei der Unterscheidung zwischen „warm“ und „cold bodies“, was auch dem Publikum den Überblick erleichtert, der bei der insgesamt ziemlich chaotischen Handlungsführung schon mal verloren gehen kann. Die übergreifende Story ist reichlich verworren und tritt immer wieder auf der Stelle, doch viele Momente überzeugen wenigstens für sich genommen: Wenn ausgerechnet die greise Alice den anderen Vampiren vorführt, wie man ein Maschinengewehr lädt und einsetzt („ich hab' so ein Ding zu Hause“, erklärt sie verschmitzt), ist dies nur einer von einer ganzen Reihe denkwürdiger Miniaturen.
Zu diesen gehört auch ein zwischendurch eingeschobener satirischer Werbefilm, eine Martial-Arts-Sequenz, für die Jason Flemyng seinen alten Kumpel Jason Statham („Fast And Furious 8“) als „Fight Consultant“ besorgte und eine Hommage an John Sturges' „Gesprengte Ketten“, bei der nicht nur ein altes Triumph-Motorrad, sondern auch die berühmte Musik von Elmer Bernstein zum Einsatz kommt. Die leuchtenden Vampiraugen sowie die Rauch- und „Zu-Staub-Zerfall“-Effekte wiederum sind zwar angesichts des Budgets von nur 1,6 Millionen Pfund ordentlich umgesetzt, wirken aber manchmal ablenkend, zumal man als Zuschauer genau weiß, wer hier Vampirkräfte besitzt und wer nicht.
Fazit: Der Humor ist etwas einseitig und die Handlung verläuft mehr als holprig, aber die glänzend aufgelegte Besetzung macht aus „Eat Locals“ eine durchaus unterhaltsame Vampirkomödie.