Mein Konto
    Jurassic World 3: Ein neues Zeitalter
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Jurassic World 3: Ein neues Zeitalter

    Ein enttäuschender Abschluss

    Von Christoph Petersen

    Bisher haben sich die Schauplätze der „Jurassic“-Filme vor allem auf abgelegene Inseln beschränkt. Nur im Finale von „Jurassic Park 2: Vergessene Welt“ lief ein einzelner T-Rex im Hafen von San Diego Amok. Aber die letzten Einstellungen von „Jurassic World 2: Das gefallene Königreich“ haben es bereits angekündigt: Das Franchise nimmt zum Abschluss der zweiten Trilogie erstmals globale Ausmaße an! Nachdem sich die von Isla Nubar geflohenen Dinos rund um den Erdball verteilt haben, müssen Menschen und Ur-Giganten plötzlich – mehr oder weniger friedlich – koexistieren. Das klingt erst mal ziemlich spannend – und in den Anfangsminuten von „Jurassic World 3: Ein neues Zeitalter“ sieht man auch allerlei Nachrichtenausschnitte, in denen Menschen und Saurier spektakulär aneinandergeraten.

    Wie soll so eine Gesellschaft bloß funktionieren? Da stellen sich sofort etliche faszinierende (Alltags-)Fragen – ganz zu schweigen von den schier endlosen Szenarien für abgefahrene Actionszenen. Wirklich alles scheint plötzlich möglich – etwa wenn ein Mosasaurus ein Frachtschiff zum Kentern bringt, was direkt Erinnerungen an die Seemonster aus alten Mythologie-Klassikern wachruft. Aber statt diese Richtung weiter zu verfolgen, erzählt Regisseur und Co-Drehbuchautor Colin Trevorrow die wohl denkbar uninteressanteste Geschichte: „Jurassic World 3: Ein neues Zeitalter“ entpuppt sich als spannungsarmer, gnadenlos überfrachteter und oft wirr erzählter James-Bond-Abklatsch, in dem gentechnisch manipulierte Heuschrecken und eine geklonte Teenagerin eine wichtigere Rolle für die Handlung spielen als die titelgebenden Dinosaurier. So entpuppt sich das große Finale als massive Enttäuschung.

    Zumindest in den ersten Minuten geht es noch darum, was es eigentlich bedeutet, wenn sich Menschen und Dinosaurier den Planeten teilen...

    Die Dinos sind inzwischen überall. Der Raptoren-Bändiger Owen Grady (Chris Pratt) und die Dino-Aktivistin Claire Dearing (Bryce Dallas Howard) haben allerdings noch ein viel größeres Problem: Auf ihrer abgelegenen Hütte kümmern sie sich um die Teenagerin Maisie Lockwood (Isabella Sermon), die von ihrer verstorbenen Mutter mit einem Verfahren geklont wurde, das die Gentechnik revolutionieren könnte. Kein Wunder also, dass die halbe Welt hinter dem Mädchen her ist – und tatsächlich wird sie schon bald von einer Gruppe Wilderer gekidnappt.

    Unterdessen ermittelt die Biologin Ellie Sattler (Laura Dern) im Fall von offensichtlich genmanipulierten Heuschrecken, die die gesamte US-amerikanische Ernte zu vernichten drohen. Nur die Felder mit dem Saatgut der Gentechnik-Firma Biosyn von Tech-Guru Lewis Dodgson (Campbell Scott) bleiben mysteriöserweise verschont. Mit Hilfe des Paläontologen Alan Grant (Sam Neill) und des Mathematikers Ian Malcolm (Jeff Goldblum) will sie der Sache auf den Grund gehen. Dabei stellt sich heraus, dass die Fäden offenbar allesamt im Biosyn-Dino-Reservat in den Dolomiten zusammenlaufen…

    Masse statt Klasse

    In „Jurassic World 3: Ein neues Zeitalter“ gibt es viel, viel mehr verschiedene Dinosaurier als in allen anderen Teilen der Reihe. Darunter finden sich auch einige nostalgische Rückverweise auf den ersten „Jurassic Park“: So nimmt etwa der in den vorherigen Filmen zunehmend zurückgestufte T-Rex endlich wieder seinen angestammten Platz ein – und der säurespuckende Dilophosaurus mit seinem aufstellbaren Nackenkamm schaut auch für den einen oder anderen Jump Scare vorbei. Trotzdem bleibt diesmal keiner der Dinos länger im Gedächtnis. Mit Ausnahme einiger starker Einstellungen etwa von einem unter dem Eis des Sees heranschnellenden Saurier sind die Dino-Gastspiele überwiegend einfach viel zu kurz und wenig vorbereitet, um bleibende Momente zu schaffen – zumal Colin Trevorrow nach dem von Juan Antonio Bayona deutlich visionärer inszenierten „Jurassic World 2“ einmal mehr zeigt, dass er eben doch „nur“ ein solider Blockbuster-Handwerker ohne erkennbare eigene Handschrift ist.

    Das größte Problem von „Jurassic World 3: Ein neues Zeitalter“ ist aber nicht die Inszenierung, sondern das Drehbuch von Trevorrow und seiner Co-Autorin Emily Carmichael („Pacific Rim 2“). Das ist nämlich derart vollgestopft mit unnötigem Story-Ballast rund um die Heuschrecken-Verschwörung und das Klon-Kidnapping, dass für die eigentlich zentralen Elemente des Films und des Franchises (sprich: die Dinos & die menschlichen Protagonist*innen) kaum noch Zeit übrigbleibt: Vom rauem Raptoren-Bändiger-Charisma eines Chris Pratt, der diesmal gefühlt kaum mehr als zwei Handvoll Sätze sprechen darf, sowie seiner tollen Chemie mit Bryce Dallas Howard („Rocketman“) sind diesmal nur noch Spurenelemente auszumachen – und selbst bei der nach 20 Jahren nachgelieferten Liebelei zwischen den Reihen-Rückkehrer*innen Sam Neill („Thor 4“) und Laura Dern (Oscar für „Marriage Story“) will der Funken nicht so recht überspringen.

    Alte und neue Franchise-Held*innen müssen zusammenarbeiten - aber so richtig springt der Funken nicht über.

    Was die Auftritte von Legacy Charakteren angeht, ist das zuletzt in „Star Wars 7“, „Ghostbusters: Legacy“ und „Scream 5“ jedenfalls sehr viel besser gelungen – selbst wenn man schon ein bisschen Gänsehaut bekommt, wenn in den Szenen mit Sattler und Grant subtil das „Jurassic Park“-Thema anklingt. Der Einzige, der sich auch von einem hemmungslos überladenden Plot nicht einengen lässt, ist wenig überraschend Jeff Goldblum („Independence Day 2“), der natürlich wieder jede Szene stiehlt, in der sein den Weltuntergang herbeiphilosophierender Chaostheoretiker auftaucht. Erstaunlich viel Leinwandzeit bekommt hingegen Campbell Scott („House Of Cards“) als größenwahnsinniger Tech-CEO. Aber statt ihm auch ambivalente Seiten zuzugestehen, entpuppt sich Lewis Dodgson schnell als einfach nur böser Steve-Jobs-Zwilling. Ein öder Bösewicht, zumal Mark Rylance praktisch dieselbe Rolle zuletzt in „Don’t Look Up“ so absurd weit getrieben hat, dass man sie jetzt ohnehin kaum noch ernstnehmen kann.

    Wenn am Ende alle im Biosyn-Reservat zusammenkommen, das passenderweise an einen klassischen Bond-Bösewicht-Unterschlupf erinnert, ufert das Action-Finale so lange immer weiter aus, bis trotz schier unendlichem Dino-Nachschub irgendwann einfach die Luft raus ist. Dafür wurde zuvor einfach zu wenig unternommen, um die neuen und die alten „Jurassic“-Held*innen zu einer auch für das Publikum aufregenden Gemeinschaft zu verschweißen. Stattdessen schließt Colin Trevorrow seine „Jurassic World“-Trilogie mit unfreiwillig komischen Öko-Kitsch-Bildern und lässt dadurch das Mega-Franchise statt mit einem lauten Knall höchstens mit verschämtem Gelächter enden. So ein Finale haben die „Jurassic World“- und erst recht die „Jurassic Park“-Blockbuster einfach nicht verdient…

    Fazit: Der bisherige Tiefpunkt der Reihe. Überladen und ermüdend statt spaßig und spannend – und obwohl mehr Dinosaurier vorkommen als je zuvor, spielen die Ur-Giganten in diesem 007-artigen Global-Blockbuster nur noch eine erstaunlich nebensächliche Rolle.

     

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top