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    Hostile
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Hostile
    Von Lars-Christian Daniels

    Der französische Filmemacher Mathieu Turi hat seine ersten Erfahrungen hinter der Kamera an der Seite einer ganzen Reihe namhafter Regisseure gesammelt: Turi assistierte in den vergangenen Jahren nicht nur Quentin Tarantino bei dessen Arbeit an „Inglourious Basterds“, sondern zum Beispiel auch Clint Eastwood bei „Hereafter – Das Leben danach“ oder Guy Ritchie am Set von „Sherlock Holmes – Spiel im Schatten“. Nach den zwei Kurzfilmen „Broken“ und „Sons of Chaos“ legt der erfahrene Regieassistent nun ein sehenswertes Langfilmdebüt vor, zu dem er wie bei seinen Kurzfilmen auch das Drehbuch selbst geschrieben hat: „Hostile“ bleibt der Kinostart in Deutschland trotz einiger Auszeichnungen bei internationalen Filmfestivals zwar verwehrt, ist aber für Horrorfans und die Freunde gepflegter Creature Features durchaus einen Blick wert. Turi kombiniert in seinem Film eine Romanze mit klaustrophobischem Thrill in der Wüste und verzichtet dabei auf allzu plumpe Schockmomente – sein eigenwilliges Erstlingswerk enttäuscht am Ende allerdings mit einem arg konstruierten Twist, der den guten Gesamteindruck doch deutlich schmälert.

    Juliette (Brittany Ashworth) ist einer der ganz wenigen Menschen, die die Apokalypse überlebt haben. Die gebürtige New Yorkerin, die sich ihren Lebensunterhalt lange Zeit als Dealerin finanziert und sich dann in den wohlhabenden Galeristen Jack (Grégory Fitoussi) verliebt hat, braust nun mit ihrem rostigen Geländewagen auf der Suche nach Benzin und Nahrung durch die Wüste – findet dort aber nur ausgebrannte Jeeps, leerstehende Gebäude und jede Menge Leichen am Straßenrand. Als sie mitten im Nirgendwo einen Fahrfehler begeht und sich ihr Auto überschlägt, bricht sie sich bei dem Unfall das Bein und muss nach einer notdürftigen Verarztung wohl oder übel in dem auf dem Dach liegenden Fahrzeug ausharren, bis die über Funk angeforderte Rettung eintrifft. Die lässt allerdings auf sich warten – und mit Einbruch der Dunkelheit bewahrheitet sich Juliettes Befürchtung, dass sie in der Wildnis nicht alleine ist...

    Zwei Handlungsstränge laufen in „Hostile“ auf verschiedenen zeitlichen Ebenen parallel: Da sind zum einen Juliettes folgenschwerer Autounfall und ihr verzweifelter Kampf gegen die höllischen Schmerzen und die deformierten Kreaturen – zum anderen die zeitlich ein paar Monate zuvor angesiedelte Romanze mit dem geduldigen Galeristen Jack, dem eine riesige Wohnung mit beindruckendem Blick auf den Hudson River gehört. Diesen extrem gegensätzlichen Welten gesteht Filmemacher Mathieu Turi in etwa die gleiche Gewichtung zu und so kommt es zum permanenten Wechselspiel aus Spannung und Entspannung: Während sich Juliette in der Gegenwart im fahrunfähigen Jeep vor den angriffslustigen Monstern verbarrikadiert und in bester „127 Hours“-Manier zum Ausharren in der Einöde verdammt ist, erfahren wir durch die Sequenzen in New York eine ganze Menge über ihre Vorgeschichte. Der Charakterzeichnung und dem Mitfiebern mit der Protagonistin ist das unheimlich dienlich.

    „Hostile“ steht und fällt ein Stück weit mit seinem Aha-Effekt beim großen Finale, bei dem die beiden Handlungsstränge zusammenlaufen – der eigenwillige Twist soll an dieser Stelle nicht verraten werden, zählt innerhalb des Genres aber zu den radikalsten und zugleich pragmatischsten der jüngeren Vergangenheit. Während sich an der seltsamen Schlusspointe ganz sicher die Geister scheiden werden, liefert Turi im Vorfeld aber sehr solide Horror-Unterhaltung, die auffallend oft akustischer Natur ist: Die deformierten Kreaturen sind anfangs lange Zeit nur zu hören oder schemenhaft zu erahnen – als dann erstmalig eines der Monster die Bildfläche betritt, sehen wir nur dessen knöcherne Beine im Scheinwerferlicht des auf dem Dach liegenden Autos. Geht es aber erstmal ans Eingemachte, bleiben plumpe Schockmomente erfreulicherweise aus: Statt billiger Jump Scares im Halbdunkeln liefert Turi elektrisierenden Thrill in klaustrophobischer Atmosphäre. Dabei spielt der Filmemacher immer wieder gekonnt mit der Perspektive in der durch Scheiben und Gitter von der Außenwelt geschützten Fahrerkabine, die Juliette (starker Auftritt: Brittany Ashworth, „The Crucifixion“) bis zur letzten Revolverkugel gegen die furchterregenden Eindringlinge verteidigt.

    Fazit: Mathieu Turis „Hostile“ ist ein spannende Kreuzung aus Endzeit-Schocker und Romanze, deren eigenwilliges Finale aber garantiert nicht jedem Horror-Fan schmecken wird.

    Wir haben „Hostiles“ auf den Fantasy Filmfest White Nights 2018 gesehen.

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