Mein Konto
    Titan - Evolve or die
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Titan - Evolve or die
    Von Lutz Granert

    Wenn es um die menschliche Besiedlung fremder Planeten geht, dann kennen Wissenschaftler und Science-Fiction-Autoren meist nur eine Lösung: Terraforming. Dabei wird das Ökosystem des jeweiligen Himmelskörpers so verändert, dass es genug Sauerstoff zum Atmen bietet, Landwirtschaft erlaubt und generell das Überleben von Menschen ermöglicht. In Lennart Ruffs „Titan – Evolve or die“ wird nun von einer Alternative zu diesem langwierigen Prozess erzählt und die Prämisse gleichsam umgedreht: Hier will sich der Mensch den Lebensbedingungen seiner neuen Heimat angleichen – und nicht umgekehrt. Der SciFi-Thriller punktet mit einer originellen Ausgangsidee und einer stimmigen Atmosphäre, im letzten Drittel geht ihm erzählerisch allerdings die Luft aus.

    Im Jahr 2048 gelten Teile der Erde als unbewohnbar, Hungersnöte und Kriege um die verbliebenen Rohstoffressourcen haben Millionen Menschenleben gekostet. Die NATO startet daher ein geheimes Militärprogramm mit dem Ziel, den Jupitermond Titan zu besiedeln – den einzigen Himmelskörper, der bekanntermaßen eine Atmosphäre besitzt und der Erde ähnelt. Unter Leitung von Professor Martin Collingwood (Tom Wilkinson) wird ein genetisches Experiment an verdienten Soldaten wie dem Air Force-Piloten Lieutenant Rick Janssen (Sam Worthington) durchgeführt, um deren Körper an die Lebensbedingungen auf Titan anzupassen. Doch nachdem die Teilnehmer zunehmend aggressiv werden, regen sich bei Ricks Frau Abigail (Taylor Schilling) Zweifel, ob es bei der Behandlung mit rechten Dingen zugeht…

    Der ungewöhnlichen Ausgangssituation mündet in „Titan – Evolve or die“ in einen überraschenden Handlungsverlauf: Nachdem sich der deutsche Regisseur Lennart Ruff in seinem Langfilmdebüt zunächst viel Zeit nimmt, die Ausgangssituation darzulegen, konzentriert er sich auf die wissenschaftlichen Experimente zur gentechnischen Erschaffung einer Art von Supermensch. Dabei nimmt die körperliche Verwandlung von Rick immer krassere Formen an, die alsbald an David Cronenbergs Body-Horror erinnert. Wenn dem Protagonisten Haare ausfallen, er sich häutet und aus den Augen blutet, ist das nicht zuletzt deshalb schockierend, weil die Maskenarbeit und die Effekte trotz des bescheidenen Budgets überzeugen.

    Regisseur Ruff macht insgesamt viel aus den beschränkten Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen. Er verzichtete beim Dreh auf Gran Canaria auf aufwändig in Szene gesetzte Ausflüge in den Weltraum und beschränkte sich diesbezüglich weitgehend auf einige bedeutungsvolle Blicke in den Sternenhimmel. Die eher bodenständige Inszenierung mit ihren in nüchterne blaugraue oder hellblaue Töne getauchten Bildern von unpersönlichen Wohnkomplexen und Forschungseinrichtungen schafft eine faszinierende Atmosphäre und trägt dazu bei, dass der Film über lange Zeit eine suggestive Spannung in sich trägt. Nachdem der körperliche Transformationsprozess abgeschlossen ist, werden die bis dahin sorgsam geschürten Erwartungen allerdings recht herbe enttäuscht.

    Drehbuchautor Max Hurwitz (er schrieb einige Folgen der Western-Serie „Hell on Wheels“) verfällt im halbgaren Finale auf einen allzu gewollten Konflikt und spielt mit dem Vorschlaghammer Ethik und Menschlichkeit gegen rationale Wissenschaft und Pflichtbewusstsein aus. Auch bei der Figurenzeichnung fehlt letztlich insgesamt ein wenig die Raffinesse. Am ehesten überzeugt Taylor Schilling („Orange Is The New Black“), ihre komplex angelegte Abigail kommt dem zwielichtigen Collingwood mit Mut, Cleverness und wissenschaftlichem Sachverstand auf die Schliche. Sam Worthingtons Auftritt wirkt dagegen eher dröge. Er macht nach seinen Parts in „Terminator: Die Erlösung“ und „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ zwar abermals eine körperliche Verwandlung durch, die kann aber über die Eindimensionalität der Rolle nicht hinwegtäuschen. Gerade mit Blick auf Schillings engagierte Darstellung wird klar, dass es dem an sich soliden SciFi-Thriller an einem emotionalen Zentrum mangelt.

    Fazit: Lennart Ruff gelingt mit dem Sci-Fi-Thriller „Titan - Evolve or die“ bei weitgehendem Verzicht auf teure visuelle Effekte über lange Strecken ein ebenso stimmungsvolles wie originelles Regiedebüt. Allerdings geht ihm erzählerisch mit zunehmender Filmdauer die Luft aus.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top