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    Boris Without Béatrice
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Boris Without Béatrice
    Von Christoph Petersen

    Es war schon der dritte Berlinale-Film des Tages, aber das ist ja für einen festivalgestählten Filmkritiker an sich überhaupt kein Problem. Trotzdem bekam ich am Ende von Denis Côtés „Boris Without Beatrice“ echte Zweifel: Irgendwas muss ich doch verpasst haben? Das kann es doch jetzt unmöglich gewesen sein - immerhin hat es der Film bis in die Wettbewerbssektion geschafft? Aber meine befragten Kollegen waren ähnlich perplex wie ich: Ja, das war der ganze Film! Warum haben wir uns also so gewundert? Weil „Vic & Flo haben einen Bären gesehen“-Regisseur Côté offenbar glaubt, das Publikum würde sich für seinen gänzlich uncharismatischen Protagonisten Boris Malinovsky (James Hyndman) ehrlich interessieren! Warum wir das nicht tun? Weil es sich bei ihm um einen superarroganten, steinreichen Megaarsch handelt, der sich nach den Drohungen eines geheimnisvollen Fremden (Denis Lavant) zu einem einen winzigen Hauch weniger arroganten Megaarsch wandelt. Sympathien erntet er dafür ganz sicher keine.

    Boris genießt sein Leben als wohlhabender Mann mittleren Alters, sprich: Er schert sich einen Dreck um seine Angestellten (als er von einem schweren Unfall erfährt, ist er nur froh, dass er nicht am Arbeitsplatz passiert ist). Er faltet eine hilflose Verkäuferin zusammen, weil sie ihn fragt, ob er eine Papier- oder eine Plastiktüte haben möchte. Er besteht bei einem Bürgertreff felsenfest darauf, dass die Straße vor seinem Anwesen endlich neu geteert wird, während der Rest der Anwesenden ihn ausbuht. Er bezeichnet die Mitbewohner seiner entfremdeten Tochter als Schwuchteln. Und er vögelt seine Stellvertreterin sowie die Pflegerin seiner seit einiger Zeit geistig abwesenden Frau Beatrice (Simone Élise-Gerard) …

    Kein besonders netter Kerl also, aber deshalb taucht ja auch der mysteriöse Fremde auf, der Boris droht: Er muss sich ändern oder er verliert seine Frau für immer. Okay, denkt man sich, jetzt den ganzen Kram also noch mal rückwärts: Boris macht alles wieder gut und hat irgendwann eine Erleuchtung. Das ist zwar dramaturgisch nicht gerade subtil, doch in einer solchen märchenhaften Erzählung darf die Moral von der Geschicht‘ ruhig auch mal offen vor sich hergetragen werden. Aber Pustekuchen (Achtung Spoiler): Boris macht lediglich mit seinen beiden Affären Schluss und – Puff – da kommt auch schon das Happy End! Beatrice ist wieder gesund und alles ist gut – dass die finale Abblende noch einmal ganz sachte mögliche Ambivalenzen andeutet, spielt da schon längst keine Rolle mehr. Wir begleiten Boris also lediglich bei einem winzigen Minischritt hin zu einem nicht mehr ganz so furchtbaren Menschen – aber warum uns das auch nur einen feuchten Kehricht kümmern sollte, vermag Denis Côté in den 93 Minuten seiner pointenlosen Gesellschaftssatire beim besten Willen nicht zu vermitteln.

    Fazit: Ich denke es öfter über Filme, aber dies ist das erste Mal, dass ich es auch tatsächlich hinschreibe: Was soll das?

    Warum also keine 0,5 Sterne? Weil der kurze Gastauftritt von Schwulenkino-Regieikone Bruce LaBruce („L.A. Zombie“) als verstörend-intensiver kanadischer Premierminister schlichtweg grandios geraten ist!

    Dieser Film läuft im Programm der Berlinale 2016. Eine Übersicht über alle FILMSTARTS-Kritiken von den 66. Internationalen Filmfestspielen in Berlin gibt es HIER.

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