Ist es ein Konzertfilm? Ist es ein Bandporträt? Ist es ein Experiment? Nein, „The Reflektor Tapes“ ist nichts von alledem – und doch von allem ein bisschen. Der Filmemacher Kahlil Joseph dokumentierte zwischen 2012 und 2014 die Entstehung und Veröffentlichung von Reflektor (2013), dem vierten Studioalbum der kanadischen Indie-Rock-Band Arcade Fire. Neben Bandproben und Studio-Sessions auf Jamaika und in Montreal filmte Joseph auch den Auftakt der zugehörigen Welttournee. Dabei verzichtet der Regisseur in seinem essayistischen Film auf „Talking Heads“ der Bandmitglieder, sondern montiert kurz angerissene Interviewpassagen zu den stilistisch sehr vielfältigen Bildern. Die Bandleader Win Butler und Régine Chassagne stehen im Fokus und philosophieren im gewohnt ernsthaften Tonfall über ihre Haltung zur Musik der erfolgreichen Platte, die bei allem Storytelling und aller Philosophie immer auch tanzbar ist. Der Erkenntnisgewinn für den Zuschauer bewegt sich dabei in eng abgesteckten Bahnen. Letztlich bleibt „The Reflektor Tapes“ nämlich durchweg in der Schwebe und ist – wie Win Butler einmal anmerkt – eine Art „Remix“ des Reflektor-Albums.
In punkto Inszenierung fällt an „The Reflektor Tapes“ die Vielgestaltigkeit der visuellen Ebene auf. Vom fragmentarischen Auftakt an, in dem einige Songs von Arcade Fire angerissen werden, wechselt Kahlil Joseph munter die Videoformate und Seitenverhältnisse, bemalt die Kameralinse, nutzt allerlei Farbfilter und zeigt den farbenprächtigen Karneval auf Haiti ausgerechnet in Schwarz-weiß. Natürlich gibt es zu den Bildern auch viel Musik der Indie-Rocker, die oft in bislang ungehörten Live-Versionen angespielt wird. Dazwischen und währenddessen zeigt Kahlil Joseph immer wieder Musiker auf Jamaika und Haiti, deren spezielle Rhythmen das Album inspiriert haben. Die Bildgestaltung orientiert sich am visuellen Konzept der Reflektor-Videos und der Tour, so dass auch der den Fans bekannte Spiegel-Anzug und die großen Pappmaché-Köpfe vorkommen, mit denen sich Win Butler in einer Szene heimlich unter seine Fans mischt. Das einzig wirklich Handfeste in diesem flirrenden Film ist letzten Endes allein das 15-minütige Bonus-Interview nach dem Abspann, das einem Making-of zu „The Reflektor Tapes“ gleichkommt.
Fazit: Überzeugte Arcade-Fire-Fans sollten durchaus einen Blick auf diese eigenwillige Bild- und Ton-Montage riskieren; alle anderen lieber nicht.