Dass die australische Filmemacherin Maya Newell, selbst Tochter zweier lesbischer Mütter, von ihrer Dokumentation „Gayby Baby“ behauptet, sie sei nicht politisch, ist totaler Quatsch: Von der rekordbrechenden Crowdsourcing-Kampagne bis zur Entscheidung des Bundesstaats Victoria, die Aufführung des Films in Schulen auch finanziell zu fördern, ist das ganze Projekt Teil einer unbedingt unterstützenswerten Kampagne, in der Debatte über die Rechte gleichgeschlechtlicher Elternpaare auch mal die Kinder selbst zu Wort kommen zu lassen. Folgerichtig ist „Gayby Baby“ auch immer dann am stärksten, wenn die vier zehn- bis zwölfjährigen Protagonisten einfach frei von der Leber erzählen, wie sie die Situation sehen – die Kids haben nämlich erstaunlich klare und ausformulierte Ansichten für ihr Alter.
Dem Film ist dabei seine klare Stoßrichtung jederzeit anzumerken, das geht schon mit der Auswahl der Familien los, die jeweils stellvertretend für einen Punkt in der Debatte stehen: Der elfjährige Matt hat schwer damit zu ringen, dass seine Mutter zwar lesbisch ist, zugleich aber als strenge Christin auch an einen Gott glaubt, dessen Gebote sie bricht. Der zehnjährige Gus steht als fanatischer Wrestling-Fan und Sohn lesbischer Mütter für die Frage, was Männlichkeit eigentlich ausmacht. Die zwölfjährige Ebony nimmt Gesangsunterricht, um an einer renommierten Kunstschule angenommen zu werden – auch weil sie dort wohl nicht wegen ihrer zwei Mütter gehänselt werden würde. Und der elfjährige Graham wurde von seinen leiblichen Eltern so sehr vernachlässigt und misshandelt, dass er selbst mit fünf Jahren noch kein Wort sprechen konnte – nun setzen seine schwulen Adoptivväter alles daran, ihm doch noch das Lesen und Schreiben beizubringen: eine kraftvolle Antwort auf den gerade von (anonymen) Online-Kommentatoren, aber mitunter auch von Politikern vorgebrachten hanebüchenen Vorwurf, dass vor allem pädophile Schwule Kinder adoptieren wollen.
Von allen vier Familien werden im Film fast ausschließlich Momente gezeigt, die genau damit zu tun haben, warum Newell sie ausgesucht hat. Das Problem an dieser stets spürbaren Zweckgebundenheit ist gar nicht, dass „Gayby Baby“ deshalb manipulativ wäre – gerade die Szenen, in denen die Kinder frei zur Kamera sprechen, wirken trotzdem sehr natürlich und ehrlich. Stattdessen ist die Folge, dass „Gayby Baby“ als Film schnell langweilt (zumal Newell auch keinerlei erkennbare ästhetische Ambitionen hegt): Die kleinen Zufälligkeiten, die eine Dokumentation oft erst aufregend und sehenswert machen, scheinen hier durch die streng und stur verfolgte Zielsetzung von vorneherein ausgeschlossen. Von der Neugier, auch mal etwas entdecken zu wollen, was abseits des vorgezeichneten Pfades liegt, ist hier nichts zu spüren – und damit fehlt für das Publikum auch ein Anreiz, sich über die eindeutige Message hinaus für den Film zu interessieren.
Fazit: „Gayby Baby“ erfüllt seine Aufgabe als Teil einer größeren aufklärerischen Kampagne, überzeugt als Kino-Dokumentation aber nur in einzelnen Momenten.