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    Kingsman 2: The Golden Circle
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Kingsman 2: The Golden Circle
    Von Carsten Baumgardt

    Der König ist tot, lang lebe der König! Superagent Harry Hart bekam nach zwei Dritteln von „Kingsman: The Secret Service“ den Garaus gemacht und eine Kugel ins Gehirn gejagt. Aber was wäre dieser ironisch-blutige Agenten-Action-Spaß ohne Oscarpreisträger Colin Firth? Deshalb ulkte Regisseur Matthew Vaughn schon zum Kinostart des ersten Teils, dass er den toten Gentleman-Agenten als Zombie-Harry oder als dessen teuflischer Zwilling für die Fortsetzung zurückbringen werde. Und natürlich ist Firth in „Kingsman 2: The Golden Circle“ nun tatsächlich wieder mit von der Partie, das wird ja sogar schon im Trailer preisgegeben. Nur in welcher Funktion? Im Gegensatz zum ersten Teil basiert das Sequel nicht konkret auf einer Vorlage von Mark Millar („Kick-Ass“) und „Watchmen“-Zeichner Dave Gibbons, sondern ist nur an die Figuren aus dem Comic angelehnt. Das merkt man dem Nachfolger durchaus an - dem gewohnt überkandidelten, absurd-abgehobenen Action-Spaß-Exzess fehlt etwas die Frische, die Unberechenbarkeit und der brutale Punch des Originals, was aber durch krasse Action, viel Selbstironie und ein wahres Staraufgebot in den Nebenrollen abgefedert wird.

    Nach dem brutalen Tod von Harry Hart (Colin Firth) hat sein einstiger Protegé Gary „Eggsy“ Unwin (Taron Egerton) nicht nur seinen Job, sondern auch seinen Agenten-Namen Galahad übernommen. Als vollwertiges Mitglied der regierungsunabhängigen Geheimorganisation Kingsman mit Sitz in London sorgt Eggsy mit seinen ebenfalls als Schneider getarnten Kollegen für das Machtgleichgewicht und den Frieden in der Welt. Beides wird massiv gestört, als die Drogenkartell-Patin Poppy (Julianne Moore) aus ihrem Versteck in Südamerika gleich einen ganzen Haufen Kingsman-Agenten in die Luft sprengt. Mit etwas Glück gelingt es Eggsy und Technikchef Merlin (Mark Strong), dem Anschlag zu entgehen. Sie finden heraus, dass es eine amerikanische Partnerorganisation namens Statesman gibt, die sich in Kentucky als Whiskey-Imperium tarnt. Eggsy und Merlin müssen sich mit der illustren Truppe von Statesman-Boss Champagne (Jeff Bridges) zusammenschließen, um die Welt zu retten. Poppy hat nämlich ihre Drogen mit einer tödlichen Substanz versetzt, sodass alle Konsumenten weltweit innerhalb von Tagen qualvoll verenden – so erpresst sie den US-Präsidenten (Bruce Greenwood), der ihre Produkte legalisieren soll…

    „Kingsman: The Secret Service“ ist DER Meta-Spionagefilm schlechthin! „Kick-Ass“-Regisseur Matthew Vaughn („X-Men: Erste Entscheidung“) stopfte seine Agentenfilm-Hommage bis zum Bersten voll mit augenzwinkernden Referenzen und doppelbödigen Sprüchen, paarte trockenen britischen Humor mit saftiger Brutalität und landete dazu den größten Besetzungscoup der jüngsten Zeit: Er machte aus Colin Firth einen überzeugenden Actionhelden - der Oscarpreisträger (für „The King’s Speech“) galt bisher förmlich als Inbegriff des stocksteifen Briten, der in „Bridget Jones“ legendär-unfähig als verkrampfter Bürohengst ausgerechnet gegen Hugh Grant im Romanzen-Duell antrat. Aber nicht nur auf diesen Überraschungseffekt muss Vaugh in seinem Sequel verzichten - vieles, was „Kingsman: The Secret Service“ so frisch und vital gemacht hat, verliert beim zweiten Mal etwas von seinem Schwung. Aber genug geschimpft: Auch wenn bei „Kingsman: The Golden Circle“ die Neuerfindung des Rades ausbleibt, gibt Vaughn seinem Publikum nach altbewährtem Fortsetzungsprinzip mehr von (fast) allem. Mehr Action, mehr Tempo, mehr Gaga-Figuren! Aber eben weniger Charme!

    Das Problem der vermeintlich toten Hauptfigur bleibt über weite Strecken des Films absichtsvoll ungelöst. Colin Firth („Bube, Dame, König, GrAs“) ist quasi als Geist mit gebremstem Schaum in neuer Gestalt unterwegs, während Taron Egerton („Eddie The Eagle“) als einstige Nummer zwei an vorderster Front die Kastanien aus dem Feuer holen muss. Auch äußerlich wird der neue Agent Galahad seinem Vorgänger immer ähnlicher. Obwohl die Fußstapfen schon gehörig groß sind, gibt Regisseur Vaughn die schnörkellose Flucht nach vorn als Devise aus, denn „Kingsman: The Golden Circle“ beginnt mit einer Taxiverfolgungssequenz, die sinnbildlich für den Film steht: Die Action ist atemlos knackig und wie im ersten „Kingsman“ überzogen und abgehoben, aber eben auch ein wenig zäh und zu lang - bis das innovative Ende der Taxihatz dann wieder voll überzeugt! Zumindest hier hat der Film wieder etwas Überraschendes, aus der Hüfte Geschossenes – von solcher Chuzpe kann sich selbst James Bond eine Scheibe abschneiden. Überhaupt tauchen in der Parallelwelt von Kingsman immer wieder 007-Referenzen auf - exemplarisch dafür steht das schräge Setting des Poppy-Hauptquartiers in Südamerika, das auch aus einem alten Bond-Film der 60er oder 70 Jahre hätte stammen können.

    Die große Neuerung für die Fortsetzung ist die Ausweitung des (britischen) Agenten-Universums auf das US-amerikanische Pendant in Kentucky. Kingsman Goes America ist ein Culture Clash der allerfeinsten Sorte, denn die edelbezwirnten Gentlemen von der Insel müssen sich mit den hemdsärmeligen Cowboys aus Übersee zusammenraufen, was im Seite an Seite bestrittenen Weltenrettungskampf für etliche amüsante Momente sorgt - besonders befeuert von Pedro Pascal („Narcos“, „The Great Wall“) als Statesman-Agent Whiskey, der als schlagkräftiger, der 70er-Ikone Burt Reynolds verdammt ähnlich sehender neuer Partner von Eggsy für Furore sorgt. Den hintersinnigsten und gewagtesten Gag erlaubt sich Matthew Vaughn allerdings mit einem Superstar, den der Regisseur in bester „Einsame Entscheidung“-Manier genüsslich verheizt.

    Macht aber nichts, auf einen Topstar in der zweiten Reihe mehr oder weniger kommt es nicht an, weil „Kingsman: The Golden Circle“ ohnehin eine halbe Busladung davon am Start hat (bis hin zu einem cool-selbstironischen Cameo von Elton John). Da ist zum Beispiel Oscarpreisträgerin Julianne Moore (ausgezeichnet für „Still Alice“), die als sinistre Bösewichtin chargiert wie nie zuvor in ihrer glorreichen Karriere. Sie sitzt inmitten ihrer bonbonbunten, künstlichen 50er-Jahre-Welt im Dschungel und strebt skrupellos nach der Weltherrschaft (was sonst?!). Das ist in dieser oft makabren Überzeichnung pure Ironie. Da lässt sie einen unfähigen Lakaien am Anfang schnell mal von dessen Nachfolger wortwörtlich durch den Fleischwolf drehen und serviert dem so Beförderten anschließend einen saftigen Vorgänger-Burger als Willkommenshappen!

    Bei den Schauwerten hat Matthew Vaughn noch einmal aufgesattelt, er hetzt sein Personal nach dem Start in London um die halbe Welt – über Schweden, Südamerika, die USA bis nach Italien, wo das spektakulärste Set Piece entstanden ist. In der verschneiten Winterlandschaft des Monte Bianco führt eine Seilbahn auf 3.500 Meter Höhe zu einer futuristisch erbauten (aber realen) Bergstation. Diese Szenen erinnern an das Spektakel von „James Bond 007 - Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ am Schweizer Schilthorn. Garniert wird der Seilbahn-Kampf mit einem Gaga-Moment einer irre rotierenden Gondel - in diesen mit Anlauf von jeglicher Realität losgelösten Passagen, von denen es so einige gibt, macht der Film am meisten Spaß.

    Fazit: Während Matthew Vaughn in „Kingsman: The Secret Service“ die gängigen Agenten-Archetypen noch konsequent und mit höchster Lust pulverisiert hat, bleiben in der Fortsetzung auch ein paar Klischees unangetastet. Ein satter schwarzhumoriger Action-Kracher ist „Kingsman: The Golden Circle“ aber trotzdem allemal.

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