Mein Konto
    Schweinskopf al dente
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Schweinskopf al dente
    Von Antje Wessels

    Nachdem schon der Auftakt „Dampfnudelblues“ in Deutschland mehr als eine halbe Million Zuschauer lockte, erreichte die Fortsetzung „Winterkartoffelknödel“ sogar knapp 570.000 Kinobesucher. Damit ließ Ed Herzogs zweite Verfilmung eines Eberhofer-Krimis von Rita Falk sogar vermeintliche Box-Office-Garanten wie Tom Cruise (mit „Edge Of Tomorrow“) oder Jim Carrey (mit „Dumm und dümmehr“) hinter sich. Aber die wahre Tragweite dieses Erfolgs wird einem erst dann bewusst, wenn man sich vor Augen führt, dass der Film praktisch nur in Bayern in die Kinos gekommen ist. Rechnet man den bayerischen Besucherstrom auf Gesamtdeutschland hoch, dann hätte die Krimi-Gaudi 3,6 Millionen Tickets verkauft – und wäre damit auf Platz 5 der deutschen Jahrescharts gelandet! Aber dieses Gedankenspiel funktioniert natürlich nur in der Theorie: Denn wo sich der bayerische Kinogänger über reichlich Lokalkolorit freut, kommen die Filme der Reihe bei Kritikern und im Rest von Deutschland eher nicht so gut weg – und das wird sich wohl auch beim dritten Teil „Schweinskopf al dente“ nicht ändern, selbst wenn er mit einem herrlich exzentrischen Bösewicht sowie einem erneut bravourös bayerisch aufspielenden Hautdarsteller punktet.

    Provinzermittler Franz Eberhofer (Sebastian Bezzel) kommt einfach nicht zur Ruhe. Erst wandert seine On-Off-Liebe Susi (Lisa Maria Potthoff) ohne ihn nach Italien aus, dann findet der ortsansässige Polizeichef Moratschek (Siggi Zimmerschied) einen abgetrennten Schweinekopf in seinem Bett, woraufhin er sich aus Furcht vor der Mafia bei Eberhofer zuhause einquartiert, um dort tagein, tagaus Oldie-Platten zu hören (und dabei reichlich Alkohol zu trinken). Dabei hat die schweinsköpfige Drohung möglicherweise gar nichts mit der Mafia zu tun, sondern wohl eher mit dem gemeingefährlichen Frauenmörder Küstner (Gregor Bloéb), der seit ein paar Tagen wieder auf freiem Fuß ist und eine Rechnung mit all jenen offen hat, die ihn damals hinter Gitter gebracht haben. Eberhofer heftet sich an die Fersen des Killers, doch die Ermittlungen gestalten sich schwierig…

    Wie schon in „Dampfnudelblues“ und „Winterkartoffelknödel“ entfaltet sich der Charme der Lokalkrimis am besten, wenn einem die Gepflogenheiten der bayerischen Provinz geläufig sind: Erfolgsautorin Rita Falk stammt selbst aus Oberammergau (weniger als 6.000 Einwohner) und hat in Interviews verraten, dass die fiktive Ortschaft Niederkaltenkirchen stellvertretend für diverse Dörfer dieses Schlages steht, in denen jeder jeden kennt und es alles - von der Kneipe bis zum Friseur – genau einmal gibt. Bei „Schweinskopf al dente“ hält sich Autor Stefan Betz („München 7“) in seinem Skript nun aber damit zurück, noch ein drittes Mal mit der Weltfremdheit der Dorfbewohner zu kokettieren. Stattdessen rücken Drehbuch und Inszenierung einen schnörkellosen Mordfall in den Fokus: Der Schwerverbrecher Küstner begibt sich nach seiner Freilassung auf einen radikalen Rachefeldzug gegen alle, die damals direkt oder indirekt in seine Verhaftung involviert waren.

    Der mit auffälliger Hornbrille und penibel zurückgegelten Haaren schon optisch hervorstechende Gregor Bloéb („Im weißen Rössl – Wehe du singst!“) verpasst dem Killer eine solch manische Attitüde, dass sich seine wenigen Szenen kaum in die ansonsten so gediegene Stimmung einfügen. Trotzdem gehören die verstörenden Aufeinandertreffen Küstners mit seinen ahnungslosen Opfern zu den atmosphärischsten Momenten, die der Krimi zu bieten hat. Als der Mörder im Wald einem Pilzsammler über den Weg läuft, der schlicht zur falschen Zeit am falschen Ort ist, zählt der anschließend in monotonem Singsang vorgetragene Monolog Küstners zu den stärksten und intensivsten Szenen der gesamten bisherigen Eberhofer-Reihe.

    So positiv in „Schweinskopf al dente“ der Bösewicht heraussticht, so nichtssagend und verwässernd sind die zahlreichen anderen Erzählstränge, die dem dritten Teil einen Großteil seiner Dynamik rauben: Franz Eberhofer, den Sebastian Bezzel („Vatertage – Opa über Nacht“) hier einmal mehr mit einer ordentlichen Portion trockenem Humor verkörpert, muss sich nämlich nicht bloß mit der Fahndung nach dem Killer auseinandersetzen - auch seine Freundin will zurückerobert, sein Chef aus dem Haus gejagt und ein Geheimnis um den Kollegen Flötzinger (Daniel Christensen) entschlüsselt werden. Wo die Liebelei zwischen Ermittler Flötzinger und der Bardame Beischl (Maria Hofstätter) gar keine Relevanz für gar nichts hat, sind die Momente zwischen Eberhofer und seinem Chef zwar vollgepackt mit albernem Slapstick und billigem Klamauk (Stichwort: Plattenspieler), aber immerhin haben sie tatsächlich einen Einfluss auf den Ausgang der Geschichte. Schließlich ist Moratschek eine Art Köder für Küstner, der dem mitunter ganz schön nervigen Polizeichef (nicht nur für Eberhofer, sondern auch fürs Publikum) ans Leder will. Die Liebesprobleme zwischen Franz und seiner Susi werden indes so beiläufig abgehandelt, dass man sie auch ruhig ganz hätte streichen können. Dann wäre vielleicht auch insgesamt etwas mehr Schwung in den müden Kinokrimi gekommen.

    Fazit: „Schweinskopf al dente“ liefert wie von der Reihe gewohnt bayerisches Lokalkolorit im Krimi-Gewand, hat aber außer einem schillernden Schurken wenig Neues zu bieten und leidet obendrein darunter, dass der Hauptplot von zu vielen Nebenhandlungssträngen ausgebremst wird. Die Eskapaden aus Niederkaltenkirchen wären in einer halbstündigen Vorabendserie Marke „Die Rosenheim-Cops“ wohl tatsächlich besser aufgehoben.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top