Mit „Mad Max“ erinnerte uns George Miller 1979 nicht nur daran, dass Lederjacken und Muscle-Cars zeitlos cool sind, sondern zeigte dem staunenden Publikum auch, dass man zur Erschaffung eines richtungsweisenden filmischen Science-Fiction-Universums nicht zwangsläufig ein Millionenbudget benötigt. Das hat auch Regisseur und Drehbuchautor Christian Pasquariello für seinen ersten Kinofilm nicht zur Verfügung und deshalb setzt der Berliner bei seinem Endzeitthriller „S.U.M. 1“ ähnlich wie sein australischer Kollege vor bald 40 Jahren auf erzählerischen Minimalismus mit klarem inhaltlichen Fokus sowie auf einen zur kargen Handlung passenden Look. Auf diese Weise gelingt es ihm tatsächlich, eine durchaus glaubwürdige postapokalyptische Sci-Fi-Welt aus dem Boden zu stampfen. Trotz dieser guten Voraussetzungen mangelt es Pasquariellos etwas langatmigem Film jedoch an Intensität und Spannung, sodass er insgesamt nicht über das Mittelmaß hinauskommt.
Seit die Erdoberfläche von riesigen außerirdischen Monstern, sogenannten Nonesuch, eingenommen wurde, haben sich die letzten Überlebenden der Menschheit ins Planeteninnere zurückgezogen. Ihr weitläufiges Bunkersystem lässt sich nur über vereinzelte strategisch im Niemandsland positionierte Außenposten erreichen. Diese werden jeweils von einem Soldaten bemannt, dessen Aufgaben es sind, die Gegend zu überwachen, die Basis über alle besonderen Vorkommnisse zu informieren und menschlichen Flüchtlingen Zugang zu den Schutzeinrichtungen zu gewähren. Diese Missionen an der Oberfläche sind wegen der ständigen Gefahr eines plötzlichen Alien-Angriffs und der daraus resultierenden psychischen Belastung auf 100 Tage am Stück begrenzt. Der Rekrut S.U.M. 1 (Iwan Rheon) verlässt für einen solchen Einsatz zum ersten Mal das Tunnelsystem: Er soll den von einem elektrischen Spannungsfeld umgebenen Wachturm Cerberus in einem abgelegenen Waldgebiet übernehmen. Sein Vorgänger (Rainer Werner) wartet allerdings nicht wie vorgesehen im Turm auf seine Wachablösung. S.U.M. 1 stellt auf eigene Faust Nachforschungen zum Schicksal des Kameraden an – und macht eine erschütternde Entdeckung…
Auch wenn im Vorspann des Filmes von globaler Verheerung und außerirdischen Invasoren gesprochen wird, braucht man bei „S.U.M. 1“ kein Actionfeuerwerk zu erwarten. Die deutsche Low-Budget-Produktion steht eindeutig in der Tradition intimer Science-Fiction Dramen wie Duncan Jones‘ „Moon“. Ähnlich wie dort spielt sich auch hier die gesamte Handlung innerhalb eines kleinen eingezäunten Gebietes ab, Hauptdarsteller Iwan Rheon (Ramsay Bolton in „Game Of Thrones“) ist über weite Strecken der einzige (menschliche) Akteur, Unterhaltungen führt er lediglich mit einer Ratte, die sich mit ihm im Turm eingenistet hat. Vom Krieg mit den Aliens und der angeblich riesigen unterirdischen Welt ist nur ganz am Rande etwas zu sehen. Die Bedrohung bleibt eher abstrakt, aber die Konzentration auf einen einzigen, zudem sehr überschaubaren Schauplatz passt zu der nur knapp umrissenen Handlung. Wenn S.U.M. 1 zunehmend paranoid wird, weil ihm seine Vorgesetzten offensichtlich etwas verheimlichen und wenn er wegen des elektrischen Feldes den ihm zugewiesenen Bereich nicht verlassen kann, dann teilt das Publikum seinen Frust und seinen Zweifel.
Hauptdarsteller Iwan Rheon, der mit eisblauen Kontaktlinsen und wasserstoffblonden Haaren aussieht wie der kleine Bruder von Rutger Hauers Roy Batty aus „Blade Runner“, spielt seine Rolle überzeugend, aber seine Figur des stoischen Soldaten ist etwas einseitig angelegt. Der Darsteller bekommt keine Gelegenheit zur vertiefenden Charakterzeichnung, S.U.M. 1 (sprich „someone“) bleibt vielmehr ein Protagonist ohne ausgeprägte Persönlichkeit, eine reine Chiffre, ein allzu austauschbarer „Jemand“. Zu Beginn funktioniert das noch ganz gut, aber nachdem die geheimnisvolle Ausgangslage erst einmal etabliert ist, versinkt der Film zunehmend im Vagen und die vorläufige Aufklärung des Mysteriums, die für viele Zuschauer keine große Überraschung sein wird, verläuft nicht gerade spannend. Zwar schlägt die Handlung später doch noch ein paar weniger erwartete Haken, aber bis dahin gibt es einige inhaltliche Durststrecken. Und die werden auch durch die Inszenierung nur zum Teil übertüncht. Der offensichtlich von Vorbildern wie „District 9“ oder „28 Days Later“ inspirierte grünstichige Look hat seine Reize, auch die Kostüme und das Setdesign wirken stimmig, aber die begrenzten Mittel sind dem Film immer wieder anzusehen und die spärlich gesäten CGI-Effekte fallen bestenfalls zweckmäßig aus.
Fazit: „S.U.M. 1“ ist eine solide inszenierte Science-Fiction-Geschichte, der inhaltlich recht bald die Luft ausgeht.